In der Nähe der Stadt Mexiko, so erzählt der alte Hernandez, gibt es eine Art Seefische mit weicher Haut und vier Füßen, wie sie die Eidechsen haben, eine Spanne lang und einen Zoll dick, Axolotl oder Wasserspiel genannt. Der Kopf ist niedergedrückt und groß; die Zehen sind wie bei den Fröschen. Die Färbung ist schwarz und braun gefleckt. Das Tier hat seinen Namen von der ungewöhnlichen und spaßhaften Gestalt erhalten. Sein Fleisch gleicht dem der Aale, ist gesund und schmackhaft und wird gebraten, geschmort und gesotten gegessen. Lange Zeit achtete niemand dieser Angaben, bis das von dem in seiner Art trefflichen Beobachter recht gut beschriebene Tier nach England kam und nun der wissenschaftlichen Welt bekannt wurde. Eine genauere Beschreibung lieferte Cuvier nach zwei von Alexander von Humboldt aus Mexiko mitgebrachten Stücken. Diese hatten die Größe eines Erdsalamanders und die Gestalt einer Molchlarve, wurden von Humboldt und Cuvier auch als solche angesehen. Nach diesen beiden Stücken gelangten viele andere nach Europa, und alle glichen den beschriebenen. Deshalb sah man sich veranlaßt, zu glauben, daß diese Larvengestalt die bleibende der Tiere sein möchte, und wurde darin unterstützt durch andere Schwanzlurche, von denen man ebenfalls nur Larvenformen kannte. So ließ sich denn selbst Cuvier bestimmen, den Axolotl zu den Kiemenlurchen zu setzen, tat dies jedoch nicht, ohne ausdrücklich seine Zweifel hervorzuheben, und entschuldigte sich mit den Worten: »Ich sehe mich genötigt, den Axolotl unter die Geschlechter mit bleibenden Kiemen zu setzen, weil so viele Zeugen versichern, daß er letztere nicht verliert.«
So stand es um die Kunde des Tieres im Jahre 1865. Einer oder der andere Forscher verfuhr wie Cuvier; aber obgleich Baird sagte, daß das Gepräge einer Larve dem Axolotl viel zu deutlich aufgedrückt sei, um an dem Larvenzustande desselben zweifeln zu können, und daß das Nichtauffinden des ausgebildeten Tieres noch keineswegs ein Beweis sei gegen sein Vorhandensein, gab es doch auch andere, die jeden Zweifel ausschlossen und mit aller Bestimmtheit behaupteten, die eingehendsten Untersuchungen hätten bewiesen, der Axolotl verwandle sich nicht. Für letztere Meinung sprach auch die, obschon äußerst dürftige Kunde, die wir inzwischen über das Freileben der Tiere erhalten hatten. Nach allen Angaben, auch den neuesten Mitteilungen Saussures, hat man den Axolotl in Mexiko niemals im verwandelten Zustande gesehen, ebensowenig einen einzigen verwandelten Molch in der Nähe der Seen gefunden, wogegen der Axolotl so gemein ist, daß man ihn als Nahrungsmittel zu Tausenden auf den Markt bringt.
Da erhielt der Akklimatisationsgarten zu Paris sechs lebende Axolotl, fünf Männchen und ein Weibchen, und gab sie an die reichhaltige Sammlung lebender Kriechtiere und Lurche ab, die sich im Pflanzengarten zu Paris befindet. Ein Jahr lang hatten die Tiere, die man in geeigneten Becken untergebracht hatte, in Gefangenschaft gelebt, gefressen und sich nach Art anderer Molchlarven benommen, als plötzlich am achtzehnten Februar 1865 große Aufregung unter ihnen bemerklich wurde. Es zeigte sich bei Männchen und Weibchen eine beträchtliche Anschwellung der Afterränder, und erstere gaben, während sie das Weibchen eifrig verfolgten, ihren Samen ins Wasser ab. Bereits am folgenden Tage begann das Weibchen Eier zu legen, und zwar ganz in derselben Weise, wie es Tritonen tun; im Laufe des folgenden Tages hatte es sein Geschäft bereits vollendet. Sechs Wochen später wiederholten sich dieselben Vorgänge. Dumeril ließ beide Male die Pflanzen, an die die Eier angeklebt worden waren, herausnehmen und in gesonderte Becken versetzen. Es ergab sich, daß fast alle Eier befruchtet waren. Achtundzwanzig bis dreißig Tage später begann das Ausschlüpfen der Larven. Zunächst entwickelten sich die Kiemen; einige Tage später platzte die Mundspalte, und die Tierchen begannen mit Begierde die im Wasser umherschwimmenden Kerfe wegzuschnappen. Von nun an ging die Weiterbildung ihren regelmäßigen Gang. Anfang September hatten die jungen Tiere beinahe die Größe ihrer Erzeuger erlangt.
Mitte September zeigte sich an einem Jungen eine höchst auffallende Veränderung. Die Kiemenquasten, der Kamm auf Rücken und Schwanz schrumpften ein; die Gestalt des Kopfes veränderte sich etwas, und auf der dunklen Grundfarbe der Haut traten kleine gelblichweiße Flecke in großer Anzahl hervor. Am achtundzwanzigsten September beobachtete man gleiche Veränderungen an einem anderen Jungen, am siebenten Oktober dieselben an einem dritten, am zehnten Oktober an einem vierten. Alle vier wandelten sich in derselben Weise zu vollkommenen Tieren um, wie andere Schwanzlurche auch: es wurden Molche aus ihnen, und die Richtigkeit der Ansicht Humboldts und Cuviers war erwiesen.
Einer der ersten Versuche, die Dumeril anstellte, bezweckte, zu erfahren, ob man durch gewaltsamen Eingriff die Entwicklung beschleunigen könne. Er schnitt deshalb mehreren Axolotl zuerst einzelne Kiemen der einen, später auch die der anderen Seite ab, erfuhr, daß diese Gebilde sich ersetzten, wiederholte an denselben Tieren den Versuch und gelangte zu dem Ergebnisse, daß der Ersatz der Kiemen bei einem und demselben Stücke fünf- bis sechsmal stattfinden kann, ohne die Larve zu gefährden. Einzelne der Versuchstiere verwandelten sich schließlich allerdings auch; schwerlich aber ist man berechtigt, anzunehmen, daß dies infolge der Verstümmelung ihrer Kiemen geschehen sei.
Was Dumeril nur unvollständig oder nicht zu erzielen vermochte, gelang einer durch ihre sorgsamen Beobachtungen an Kerbtieren wohlbekannten und von allen Fachmännern gerühmten Dame, Fräulein von Chauvin in Freiburg im Breisgau. Weismann war auf den Gedanken gekommen, ob es nicht möglich sei, die Axolotllarven samt und sonders oder doch größtenteils zur Verwandlung zu zwingen, wenn man sie in Lebensverhältnisse bringe, die ihnen den Gebrauch der Kiemen erschweren, den der Lungen aber erleichtern, sie also nötige, von einer gewissen Altersstufe an halb auf dem Lande zu leben. Der genannte Gelehrte hatte auch hierauf bezügliche Versuche angestellt, aber keine Erfolge gewonnen, weil, wie er bald einsah, höchst sorgfältige, durch Monate hindurch fortgesetzte Pflege und Beobachtung der Tiere dazu erforderlich war. Fräulein von Chauvin nahm seine Versuche wieder auf und begann dieselben mit fünf ungefähr acht Tage alten Axolotllarven, die von zwölf ihr zugekommenen allein am Leben geblieben waren. Bei der außerordentlichen Zartheit dieser Tiere, schreibt die Dame, übt die Beschaffenheit und Wärme des Wassers, die Art und Menge des gereichten Futters namentlich in der ersten Zeit den größten Einfluß aus, so daß man nicht vorsichtig genug in deren Behandlung sein kann. Die Tierchen wurden bei geregelter Wasserwärme in einem Glase von etwa dreißig Zentimeter Durchmesser gehalten und ihnen als Nahrung zuerst Daphnien, später auch größere Wassertiere in reichlicher Menge dargeboten. Dabei gediehen alle fünf Larven vortrefflich. Schon Ende Juni zeigten sich bei den kräftigsten die Anfänge der Vorderbeine; am neunten Juli kamen auch die Hinterbeine zum Vorscheine. Anfang November fiel der Pflegerin auf, daß ein Axolotl beständig an der Oberfläche des Wassers sich aufhielt, und dies brachte sie auf die Vermutung, daß nunmehr der richtige Zeitpunkt eingetreten sei, ihn auf die Umwandlung vorzubereiten. Zu diesem Ende wurde er am ersten November in ein bedeutend größeres Glasgefäß mit flachem Boden gebracht, das derartig gestellt und mit Wasser gefüllt war, daß er nur an einer Stelle ganz unter Wasser tauchen konnte, während er bei dem häufigen Herumkriechen auf dem Boden des Gefäßes mehr oder weniger mit der Luft in Berührung kam. An den folgenden Tagen wurde das Wasser allmählich noch mehr vermindert, und in dieser Zeit zeigten sich die ersten Veränderungen an dem Tiere. Die Kiemen fingen an einzuschrumpfen; gleichzeitig bestrebte sich die Larve, seichte Stellen zu erreichen. Am vierten November begab sie sich ganz und gar aufs Land und verkroch sich in feuchtem Moose, das auf der höchsten Stelle des Bodens auf einer Sandschicht angebracht worden war. Zu dieser Zeit erfolgte die erste Häutung. Innerhalb der vier Tage vom ersten bis vierten November ging eine auffallende Veränderung im Äußeren vor sich. Die Kiemenquasten schrumpften fast ganz zusammen, der Kamm auf dem Rücken verschwand vollständig, und der bis dahin breite Schwanz nahm eine rundere Gestalt an. Die graubraune Körperfarbe verwandelte sich nach und nach in eine schwärzliche; vereinzelte, anfangs undeutliche weiße Flecke traten hervor und gewannen mit der Zeit an Lebhaftigkeit. Als am vierten November der Axolotl aus dem Wasser kroch, waren die Kiemenspalten noch geöffnet, schlossen sich aber allmählich und konnten bereits nach etwa acht Tagen nicht wahrgenommen werden, weil die Haut inzwischen sie überwachsen hatte. Von den übrigen Larven zeigten sich schon Ende November noch drei ebenso kräftig entwickelt wie die ersten, und die Dame glaubte darin einen Hinweis zu erkennen, daß auch für jene der richtige Zeitpunkt für Beschleunigung des Entwicklungsherganges eingetreten sei; sie wurden deshalb derselben Behandlung unterworfen. Einer von ihnen verwandelte sich auch in der Tat gleichzeitig und genau so wie der erste. Bei den beiden anderen ging die Entwicklung langsamer vonstatten. Die beiden suchten nicht so häufig die seichten Stellen auf und setzten sich im allgemeinen auch nicht so lange der Luft aus, so daß die größere Hälfte des Januar verstrich, bis sie ganz aufs Land gingen. Nichtsdestoweniger dauerte das Eintrocknen der Kiemenquasten nicht längere Zeit als bei den ersten beiden. Ebenso erfolgte auch die erste Häutung, sobald sie aufs Land krochen. Der letzte Axolotl, der von Anfang an schwächlicher aussah als die anderen und auch im Wachstum auffallend zurückblieb, zeigte noch viel beträchtlichere Abweichung bei der Verwandlung als die beiden letzterwähnten. Er gebrauchte vierzehn Tage anstatt vier, um die Verwandlung so weit zu vollenden, daß er das Wasser verlassen konnte. Bei seiner Zartheit und schwächlichen Natur war er selbstverständlich für alle äußeren Einflüsse viel empfindlicher als die anderen. Wurde er der Luft zu lange ausgesetzt, so nahm er eine hellere Färbung an und gab außerdem einen eigentümlichen Geruch von sich, ähnlich dem, den Salamander verbreiten, wenn sie geängstigt oder gefährdet werden. Wurde er, wenn solche Erscheinungen eintraten, wieder in tieferes Wasser zurückgebracht, so tauchte er sofort unter und erholte sich dann allmählich wieder. Die Kiemen aber entfalteten sich dann immer von neuem. Derselbe Versuch wurde wiederholt angestellt und war jedesmal von denselben Erfolgen begleitet, woraus geschlossen werden darf, daß durch die Ausübung eines zu heftigen Zwanges mit Absicht auf die Beschleunigung des Umwandlungsherganges ein Stillstand und bei fortgesetztem Zwange sogar der Tod eintreten kann.
Aus den Beobachtungen schließt Fräulein von Chauvin folgendes: Axolotllarven vollenden zum größten Teile, wenn nicht alle, ihre Verwandlung, wenn sie gesund aus dem Ei schlüpfen und richtig gefüttert werden, und zweitens, wenn man Einrichtungen trifft, die sie vom Atmen unter dem Wasser zum Atmen über dem Wasser nötigen.
Infolge der außerordentlichen Vermehrung der Axolotl, die allein im Pariser Pflanzengarten binnen zwei Jahren und neun Monaten nicht weniger als dreitausenddreihundert Eier legten, ist die Larve des Molches seitdem in viele Hände gelangt. Auch ich habe zeitweilig Axolotl besessen, währenddem aber, weil übermäßig beschäftigt, niemals etwas über sie niederschreiben können, und will deshalb über ihr Betragen in Gefangenschaft und ihre Pflege noch einige Bemerkungen Röhrigs einschalten, weil ich glaube, ihnen in jeder Beziehung beistimmen zu dürfen. Bei Tage kriechen die Axolotllarven gewöhnlich träge am Boden hin; kommt ihnen aber etwas Fremdartiges in den Weg, so fliehen sie mit Ungestüm so, daß sie gewöhnlich heftig an Steine und Glaswand des Wasserbeckens anstoßen. Nachts hängen sie sich an irgendeiner Pflanze in der Nähe des Wasserspiegels fest, wahrscheinlich, um leichter Luft einholen zu können. Denn außerdem, daß sie mittels der Kiemen im Wasser atmen, kommen sie auch häufig über der Oberfläche hervor, nehmen mit so großer Heftigkeit Luft ein, daß man zuweilen ein förmliches Geräusch vernimmt, und drehen sich hierauf wiederum wie unsere Molche blitzschnell mit dem Kopf nach unten. Als Beute betrachten sie alles Getier, das sie bewältigen und verschlingen können, sind auch ebenso gefräßig wie unsere Molche, nicht aber imstande, so große Bissen zu verschlucken, wie beispielsweise der Kammmolch es vermag. Regenwürmer, kleine Krebsarten, namentlich Wasserflöhe, Ameisenpuppen, kleine Erdwürmer, schmächtige Kaulquappen, junge Fröschchen und dergleichen; als Ersatz derselben lange, wurmähnliche Streifen geschnittenen rohen Fleisches, bilden ihre Nahrung. Die dargereichte Speise wird erst ein wenig gekaut und dann verschluckt. Wenn die Laichzeit eintritt, die sich bei uns zulande nicht nach der Jahreszeit zu richten scheint, setzt das Männchen seinen Samen in Kegeln ab, deren Fuß eine gallertartige Masse bildet, wogegen die Spitze die Samenfäden enthält. Nach einigen Tagen öffnet sich die Spitze des Kegels, die Samenfäden werden frei und verteilen sich im Wasser, und das Weibchen legt nun seine Eier, die im Wasser mit dem Samen in Berührung kommen. Je nach der Wärme durchbrechen die Keimlinge die Eihaut und leben dann nach Art älterer Larven, denen sie vom ersten Anfang an in Färbung und Aussehen gleichen.
Nachdem also in unwiderleglicher Weise nachgewiesen worden, daß der Axolotl nur die Larve eines Molches ist, hat man ihm auch seine Stellung im System endgültig anweisen können. Dumerils Untersuchungen zufolge gehört er der in Nordamerika weit verbreiteten und artenreichen Sippe der Querzahnmolche an. Der Bau der Querzahnmolche ( Amblystoma) im engeren Sinne ist bald schlank, bald mehr oder weniger gedrungen, die Haut glatt, die Ohrdrüsengruppe gewöhnlich vorhanden, aber oft sehr undeutlich begrenzt, der Rumpf durch eine Anzahl senkrechter Hautfalten förmlich geringelt, der Schwanz dick, an der Wurzel fast drehrund, im weiteren Verlaufe stärker oder schwächer zusammengedrückt, am Ende ziemlich spitz abgerundet und niemals mit Hautsäumen versehen; die Vorderfüße haben vier, die Hinterfüße fünf freie Zehen. Die Gaumenzähne bilden zwei glatte oder leicht bogenförmig gekrümmt verlaufende Querreihen. Die Zunge ist groß, eiförmig gestaltet und mit ihrer ganzen Unterseite an dem Boden der Mundhöhle festgewachsen, so daß mit Ausnahme des Hinterrandes nur ihre Ränder in sehr geringer Ausdehnung frei sind. Nach der Feststellung der Sippe hat der Axolotl den Namen des fertigen Tieres ( Amblystoma mexicanum) erhalten.