(Erstveröffentlichung am 12. August 2015)
Die ersten Neosuchia lebten im frühen Jura. Etwas später traten die eher kleinen Atoposauridae des oberen Jura und der unteren Kreide auf, die ausschließlich in Laurasia vorkamen, unter ihnen Theriosuchus pusillus aus dem heutigen Großbritannien. Diese halb im Wasser, halb an Land lebenden Tiere gehören zu einer Entwicklungslinie, zu der auch die späteren modernen Krokodile, die Eusuchia, gehören. Das Erkennungsmerkmal sind die Wirbel, die hier erstmals als procoele Wirbelkörper mit einer vorderen Einbuchtung auftraten, während alle davor existierenden Arten amphicoele bzw. bikonkave Wirbelkörper hatten, also Wirbel mit einer vorderen und einer hinteren Vertiefung. Näher verwandt mit den Eusuchia waren die ebenfalls zu den Neosuchia gehörenden Goniopholididae des späten Jura. Diese Fluss- und Seebewohner lebten nach bisherigen Fossilfunden in Nordamerika, Europa und Thailand ausschließlich auf dem damaligen Nordkontinent Laurasia. Es handelte sich dabei um große Krokodile mit stumpfer Schnauze. Von dieser Entwicklungslinie spalteten sich zuvor die Stomatosuchidae ab. Obwohl der Fossilbefund der nachfolgenden Zeit relativ spärlich ist, lässt sich vermuten, dass sich die Neosuchia recht schnell ausbreiteten. So gab es einen Fund aus der späten Kreide im heutigen Ägypten, der zur Gruppe der Stomatosuchidae gehört. Diese Art wird als Stomatosuchus bezeichnet und hatte eine fast entenschnabelähnliche Schnauze. Die Eusuchia stammen aus einer Linie, die sich kurz zuvor abgespalten hat. Ein anderer Zweig der Neosuchia sind die Tethysuchia; zu ihnen gehören die schmalschnauzigen Pholidosauridae, darunter der aus Afrika stammende Sarcosuchus imperator mit einem Schädel von zwei Metern Länge und einer Gesamtlänge von etwa 11 Metern. In der späten Kreide entwickelten sich besonders langschnäuzige Arten wie Terminonaris (Teleorhinus), die wiederum ins Meer gingen. Gleichzeitig lebten an den Küsten der Tethys Afrikas und Südamerikas weitere Tethysuchia, die sich dem Leben und Jagen im Meer angepasst hatten. Diese Dyrosauridae, unter ihnen Dyrosaurus, waren ebenfalls langschnäuzig und so auf den Fischfang spezialisiert. Wie viele ihrer Verwandten überlebten sie das Massenaussterben an der Kreide-Tertiär-Grenze, starben jedoch zum Ende des Eozäns wahrscheinlich aufgrund der Konkurrenz mit meereslebenden Gavialen und frühen Walen aus.
Die Pholidosauridae sind eine Gruppe ausgestorbener Krokodile aus der mittleren bis späten Kreidezeit.
Es handelte sich bei den Pholidosauridae vorwiegend um Arten mit langgezogener Schnauze, die bevorzugt im Meer lebten und nach Fischen jagten. Gekennzeichnet waren sie außerdem durch einen typischen, verbreiterten Aufbau der Nasenhöhle. Eingeordnet werden sie in den modernsten Zweig der Mesoeucrocodylia, der heute ein Teil der Neosuchia oder modernen Krokodile ist. Zu den Pholidosauridae zählen unter anderem das nordamerikanische Krokodil Terminonaris, die namensgebende Art Pholidosaurus und Dyrosaurus. Als besonders abgewandelte Form kann das bis zu 12 Metern lange Krokodil Sarcosuchus imperator angesehen werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass Sarcosuchus sich in Anpassung an einen neuen Lebensraum im Bereich der Flüsse entwickelt hat und dabei vom Fischfresser zum effektiven Jäger geworden ist, der auch Dinosaurier angegriffen hat.
Die Schnauze eines Dyrosaurus ähnelte einem Gavial, mit dem er nicht näher verwandt ist. Er hatte sehr viele Zähne im Maul, die darauf spezialisiert waren, glitschige Beute zu packen. Die Beine waren kurz und stämmig, während sein Körper flach und stromlinienförmig war. Der Schwanz war lang und kräftig, was ein Indiz dafür ist, dass Dyrosaurus ein guter Schwimmer war.
Dyrosaurus wurde 6 Meter lang. Heutige Gaviale werden genauso lang.
Die Knochen von Dyrosaurus fand man in Tunesien und Marokko, wo im Eozän ein tropisches Meer lag. Das legt die Ansicht nahe, dass Dyrosaurus ein Meeresbewohner war. Seine lange mit Zähnen gespickte Schnauze war perfekt fürs Fangen von Fischen.
Das Paarungsverhalten von Dyrosaurus war dem der modernen Krokodile ähnlich. Doch da Dyrosaurus im Meer lebte, müsste er lebende Jungtiere bekommen haben.
Bisher wurden zwei Arten beschrieben: Dyrosaurus phosphaticus und Dyrosaurus maghribensis.
Guarinisuchus („Krieger-Krokodil“) ist eine Gattung ausgestorbener meeresbewohnender Crocodylomorpha (Krokodilverwandter) aus dem frühen Paläogen von Südamerika. Die 2008 von Barbosa, Kellner und Viana zusammen mit der Gattung aufgestellte Typusart G. munizi ist die einzige wissenschaftlich beschriebene Art.
Die zu den Dyrosauridae gestellte Gattung ist von lediglich einem, verhältnismäßig gut erhaltenen Fossilfund (Holotyp DG-CTG-UFPE 5723) aus den 62 bis 61 Millionen Jahre alten marinen Ablagerungen des Paläozäns von Nordostbrasilien bekannt. Die beim Holotypus erhaltenen Merkmale in Verbindung mit der exakten geochronologischen Datierung führen zu einer erheblichen Erweiterung der Kenntnisse über die Stammesgeschichte der Dyrosauridae, einer der wenigen Wirbeltiergruppen, die das Massenaussterben an der Kreide-Tertiär-Grenze überlebt hatten.
Der Holotyp besteht aus einem fast vollständigen Schädel einschließlich Unterkiefer, Elle, Hals- und Schwanzwirbeln, Rippen, Hautschilden und einzelnen Zähnen. Der Schädel erreicht eine Länge von 52,5 Zentimeter und misst an seiner breitesten Stelle 16 Zentimeter. Die Überreste sind nicht artikuliert (im anatomischen Verbund) erhalten, ein Hinweis auf einen gewissen Transport des Materials vor dessen endgültiger Einbettung im Sediment. Da nur bei den Halswirbeln, nicht aber bei den Schwanzwirbeln, der Wirbelbogen mit dem Wirbelkörper verwachsen ist, muss es sich um ein semiadultes (halberwachsenes) Individuum gehandelt haben, das vermutlich eine Länge von etwa drei Metern erreichte.
Mit einer Körperlänge von etwa drei Metern gehörte die Gattung zu den kleineren dyrosauriden Crocodylomorpha. Einige Apomorphien von Guarinisuchus: Die präorbitale Region des Schädels (Bereich vor der Augenhöhle (Orbita)) war schmaler als bei primitiven Dyrosauridae, die Postorbitalregion war im Verhältnis länger als bei anderen Dyrosauriden. Das Basioccipitale am Hinterhaupt war verlängert mit einer ausgeprägten Einsenkung auf der Unterseite; von unten gesehen hat es einen für Dyrosauriden untypischen, V-förmigen Umriss. Eines der auffälligeren Merkmale waren die tiefen Gruben im Kiefer, insbesondere im hinteren Kieferabschnitt, zur Aufnahme der jeweils gegenständigen Zähne, wenn das Tier das Maul schloss (Okklusion). Die Zähne von Ober- und Unterkiefer griffen dann alternierend ineinander und bildeten so ein wirkungsvolles Verschlusssystem. Die Okklusionsgruben des Dyrosauriden Rhabdognathus aslerensis sind denen von Guarinisuchus ähnlich aber nicht so deutlich ausgeprägt. Die gleichartige (homodonte) Bezahnung weisen Guarinisuchus als einen Fischfresser aus. Körperskelett (soweit bekannt) und Zähne entsprechen den Verhältnissen bei anderen Dyrosauriden.
Die systematische Einordnung von Guarinisuchus als ein Vertreter der Dyrosauridae ergibt sich aus dem vorspringenden Knochenfortsätzen am Hinterhaupt und dem horizontal (anteroposterior) verlängerten oberen Schläfenfenster, das bei dieser Klade (Verwandtschaftsgruppe) stets größer als die Augenhöhle ist. Bei Guarinisuchus ist dieses Merkmal besonders ausgeprägt. Eine weitere Synapomorphie ist die zu einem langen schmalen Rostrum ausgezogene Schnauze. Die Oberfläche nahezu aller Knochen von Guarinisuchus ist überzogen mit Löchern sowie flachen Gruben und Leisten, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei den meisten anderen Dyrosauriden.
Der Holotyp wurden von den Paläontologen Barbosa und Viana 2003 im Poty-Steinbruch (♁7° 54′ 47″ S, 34° 51′ 0″ W) entdeckt, einem Kalksteinbruch im Gebiet von Paulista nördlich von Recife, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Pernambuco an der östlichsten Spitze Südamerikas. Das Gestein der Typlokalität ist Teil der Maria-Farinha-Formation aus dem späten Danium des Paraiba-Beckens. Der Poty-Steinbruch ist von herausragender Bedeutung, denn er enthält die am vollständigsten aufgeschlossenen marinen Ablagerungen aus der Zeit der Wende von der Kreide zum Paläogen in Südamerika und der mit diesem Ereignis verbundene Faunenschnitt lässt sich hier nachvollziehen. Die Fundstelle des Holotyps liegt elf Meter oberhalb der Kreide-Tertiär-Grenze, darunter befinden sich Fundschichten aus dem späten Maastrichtium mit Mosasauriern, aus vier verschiedenen Kladen. Diese Fundstelle ist die einzige Lokalität mit Fossilien von Dyrosauriden in Brasilien.
Der Fund von Guarinisuchus hat erheblich zum Verständnis der geographischen Ausbreitung und Evolution der Dyrosauridae beigetragen. Die nahe Verwandtschaft von Guarinisuchus mit primitiveren Arten in Afrika sowie Formen in Amerika, die von Süden nach Norden jünger werden, lässt darauf schließen, dass die Dyrosauriden bereits vor dem Massenaussterben an der Kreide-Tertiär-Grenze den Atlantischen Ozean überquert und sich von der Ostküste Südamerikas über südamerikanische Küstengewässer bis nach Nordamerika ausgebreitet hatten. Die Dyrosauriden ersetzten dabei in Nordostbrasilien ökologisch die untergegangene artenreiche Mosasaurierfauna aus der Oberkreide und besetzten, gemeinsam mit einigen Arten der Makrelenhaie (Lamnidae), das Niveau der Spitzenprädatoren in den flachen paläozänen Küstengewässern.