Portrait: Wildschwein

Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)
Familie: Echte Schweine (Suidae)
Gattung: Sus
Art: Wildschwein(Sus scrofa)

Das Wildschwein gehört zur Familie der Schweine und ist der einzige europäische Vertreter. Es ist die Stammform des Hausschweines.

Wildschwein (Wildpark Lüneburger Heide)

Wildschwein (Wildpark Lüneburger Heide)

Der Körper des Wildschweins wirkt von der Seite betrachtet gedrungen und massiv. Dieser Eindruck wird durch die im Vergleich zur großen Körpermasse kurzen und nicht sehr kräftig wirkenden Beine verstärkt. Im Verhältnis zum Körper wirkt auch der Kopf fast überdimensioniert. Er läuft nach vorn keilförmig aus. Die Augen liegen weit oben im Kopf und sind nach schräg-vorn gerichtet. Die Ohren sind klein und von einem Rand zottiger Borsten umgeben. Der kurze, gedrungene und wenig bewegliche Hals ist nur erkennbar, wenn Wildschweine ihr Sommerfell tragen. Im Winterfell scheint der Kopf direkt in den Rumpf überzugehen. Von der Stirn bis über den Rücken verläuft ein Kamm langer Borsten, der aufgestellt werden kann.
Die Körperhöhe nimmt zu den Hinterbeinen ab. Der Körper endet in einem bis zu den Fersengelenken hinabreichenden Schwanz, der sehr beweglich ist. Mit ihm signalisiert das Wildschwein durch Pendelbewegungen oder durch Anheben seine Stimmung. Von vorn betrachtet wirkt der Körper schmal.
Das männliche Tier lässt sich von dem weiblichen – bei seitlicher Betrachtung – gut an der Form der Schnauze unterscheiden. Während sie beim Weibchen gerade verläuft, wirkt sie beim Männchen zur Stirn hin eingedellt.
Die oberen und unteren Eckzähne des Männchens krümmen sich aufwärts, bei Weibchen tritt dies nur in geringem Umfang bei älteren Tieren auf.
Die unteren Eckzähne des Männchens können in Ausnahmefällen eine Länge von bis zu 30 cm erreichen. Bei normalen ausgewachsenen Männchen haben sie in der Regel eine Länge von 20 cm, von denen aber selten mehr als 10 cm aus dem Kiefer ragen. Die beim Männchen nach oben gekrümmten Eckzähne des Oberkiefers sind wesentlich kürzer.
Das Fell des Wildschweins ist im Winter dunkelgrau bis braun-schwarz mit langen borstigen Deckhaaren und kurzen feinen Wollhaaren. Es dient vor allem der Wärmeregulation, da der zwischen den Haaren eingeschlossene Luftraum eine zu starke Abgabe der Körperwärme verhindert. Die glatten Deckhaare verhindern, dass die Haut beim Durchstreifen von Gestrüpp verletzt wird. Das Wollhaar bedeckt den gesamten Körper mit Ausnahme einiger Kopfpartien und des unteren Teils der Beine.
Im Frühjahr verliert das Wildschwein das lange, dichte Winterhaar und hat ein kurzes, wollhaarfreies Sommerfell mit hellgefärbten Haarspitzen. Der Fellwechsel findet in einem Zeitraum von etwa drei Monaten statt und beginnt in Mitteleuropa in den Monaten April bis Mai. Wildschweine wirken im Sommerfell wesentlich schlanker. Vorjährige Wildschweine beginnen bereits ab Ende Juli oder Anfang August mit dem Wechsel zum Winterfell. Bei ausgewachsenen Wildschweinen beginnt der Wechsel zum Winterfell erst im September. Im November ist der Fellwechsel abgeschlossen.
Bache
Allerdings bestehen in der Fellfärbung sowohl regional als auch im selben Gebiet große Unterschiede. So sind Wildschweine der Balchaschsee-Region hell sandfarben oder sogar weißlich, in Weißrussland findet man rötlichbraune, hellere oder sogar tiefschwarze Tiere und am Ussuri trifft man auf hellbraune und schwarze Wildschweine.

In freilebenden Wildschweinpopulationen treten immer wieder Individuen auf, die schwarzbraune bis schwarze Flecken unterschiedlicher Größe auf hellerem Grund aufweisen. Gelegentlich werden sogar schwarzweiß gefleckte Wildschweine beobachtet. Bei Untersuchungen in der DDR in den 1970er Jahren traten Fleckungen bei etwa drei von hundert Wildschweinen auf. Die Fleckung wird rezessiv vererbt. Diese Färbungen werden darauf zurückgeführt, dass Hausschweine lange Zeit als Weideschweine gehalten wurden und es dabei zu Kreuzungen zwischen Wild- und Hausschweinen kam.
Polnische Untersuchungen aus demselben Zeitraum haben gezeigt, dass stark schwarzweiß gefärbte Wildschweine im Vergleich zu ihren normal gefärbten Artgenossen eine höhere Sterblichkeitsrate haben, da bei ihnen die Wärmeregulation weniger gut funktioniert.
Frisch geborene Wildschweine haben ein hellgelbbraunes Fell, das in der Regel vier bis fünf gelbliche, von den Schulterblättern bis zu den Hinterbeinen reichende Längsstreifen aufweist. Auf der Schulterpartie sowie auf den Hinterbeinen sind die Tiere gefleckt. Die Streifenform und die Fleckung ist so individuell, dass Jungtiere eindeutig identifiziert werden können. Ihr Deckhaar ist noch wesentlich weicher und wolliger als bei älteren Tieren und schützt die Tiere gegenüber Feuchtigkeit weniger gut. Dieses Jungtierfell wird etwa drei bis vier Monate getragen, bevor die Tiere allmählich das einfarbig bräunliche Jugendfell bekommen. Es ist grobhaariger als das Jungtierfell, jedoch immer noch weicher als jenes ausgewachsener Tiere und hat auch weniger gut entwickelte Wollhaare. In Mitteleuropa entwickeln die Jungtiere im Oktober und November ihr erstes Winterkleid, das dann auch vermehrt die graue bis schwarze Färbung ausgewachsener Tiere zeigt.
Gewicht und Größe sind je nach geographischer Verbreitung sehr unterschiedlich, das Gewicht variiert außerdem je nach Jahreszeit. Als grobe Regel kann gelten, dass Körpermasse und Körpergröße von Südwesten nach Nordosten zunehmen. Vollkommen ausgewachsen sind Wildschweine ab ihrem fünften Lebensjahr; in Mitteleuropa haben Bachen dann eine Kopf-Rumpf-Länge von 130 bis 170 cm, Keiler erreichen eine Länge von 140 bis 180 cm. Mindestens fünf Jahre alte Bachen im Osten Deutschlands wogen ohne innere Organe („aufgebrochen“) zwischen 43 und 95 kg, Keiler ohne innere Organe zwischen 54 und 157 kg. Die höchsten Gewichte erreichten Bachen dort von Oktober bis März, Keiler von August bis Dezember.Das maximale Lebendgewicht von ausgewachsenen Bachen in Mitteleuropa liegt bei rund 150 kg und das von ausgewachsenen Keilern bei rund 200 kg.

Wildschweine in Astrachan, im Schutzgebiet der Beresina und im Kaukasus werden deutlich größer und schwerer. Männchen können hier eine Körperlänge bis zu 200 cm und ein Gewicht bis zu 200 kg erreichen. In den 1930er Jahren wurden im Wolga-Delta und am Syr Daria Wildschweine von bis zu 260 kg erlegt, und einige Jahre vorher sind sogar Tiere von 270 kg und 320 kg Gesamtgewicht belegt. Auch aus dem fernen Osten Russlands sind Keiler mit über 300 kg Körpergewicht bekannt. Im gesamten Verbreitungsgebiet verringerte sich die Körpergröße des Wildschweins durch Bejagung und heute gelten Tiere mit 200 kg Körpergewicht als sehr groß. Aus den Karpaten wird von Wildschweinen mit 110 cm Schulterhöhe und 350 kg berichtet.

Das Wildschwein ist ein in ganz Eurasien sowie in Japan und in Teilen der südasiatischen Inselwelt in etwa 20 Unterarten verbreitetes Wildtier. Es kam ursprünglich von den Britischen Inseln, Südskandinavien und Marokko im Westen über ganz Mittel- und Südeuropa, Vorder- und Zentralasien, Nordafrika, Vorder- und Hinterindien bis Ostsibirien, Japan und Vietnam im Osten vor und erreicht über die Sumatra und Java sogar die Kleinen Sundainseln Bali, Lombok, Sumbawa und Komodo. Außerdem findet man es auf Ceylon, Hainan und Taiwan, auf Borneo scheint die Art dagegen zu fehlen. Die Vorkommen auf Sardinien, Korsika und den Andamanen sind vermutlich durch den Menschen dort angesiedelt worden.
In Nordafrika war es bis vor wenigen Jahrhunderten entlang des Niltals bis südlich von Khartum sowie nördlich der Sahara verbreitet. Mittlerweile gilt das Wildschwein in Nordafrika als selten. Die früher von der Südtürkei bis nach Palästina vorkommende Unterart Sus scrofa libycus sowie die früher in Ägypten und Sudan beheimatete Unterart Sus scrofa barbarus gelten als ausgestorben. Auf der Arabischen Halbinsel kommen Wildschweine nur im äußersten Norden vor.
Die ursprüngliche Nordgrenze der Verbreitung erstreckte sich vom Ladogasee (auf 60° N) im Nordwesten südwärts über Nowgorod bis Moskau um dann in west-östlicher Richtung über die Wolga bis zum südlichen Ural (wo sie 52° N erreichten). Von da aus schob sich die Grenze wieder leicht nach Norden um beinahe Ischim und weiter östlich den Irtysch auf 56° N zu erreichen. In der östlichen Barabasteppe (westlich Nowosibirsk) bog die Linie scharf nach Süden ab und erreichte beinahe die Ausläufer des Altaigebirges, das sie umkreiste und sich von dort aus über das Tannu-ola-Gebirge bis zum Baikalsee zog. Von hier verlief die Grenze nördlich des Amur bis zu seinem Unterlauf am Chinesischen Meer. Auf Sachalin ist das Wildschwein nur fossil nachgewiesen. In trockenen Wüsten, Hochgebirgen und im Tibetanischen Hochland fehlt das Wildschwein naturgemäß auch südlich der beschriebenen Linie. So fehlt es in den Trockengebieten der Mongolei ab 44–46° N südwärts, in China westlich von Sichuan, und in Indien nördlich des Himalaya. In den hohen Berge des Pamir und im Tianshan findet man keine Wildschweine, im Tarimbecken und an den unteren Hängen des Tianshan kommen die Tiere dagegen vor.
Das Verbreitungsareal hat sich im Laufe der Jahrtausende mehrfach verändert. Während der Kaltzeiten hat sich das Verbreitungsgebiet mehrfach in östlicher und südlicher Richtung verschoben und während Wärmeperioden wieder in westlicher und nördlicher Richtung ausgedehnt.

In den letzten Jahrhunderten hat sich die Verbreitung des Wildschweins vor allem aufgrund menschlicher Eingriffe verändert. Mit der Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft nahm auch die Bejagung des Wildschweins zu, so dass beispielsweise die Art in England bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgerottet war. In Dänemark erlegte man die letzten Wildschweine Anfang des 19. Jahrhunderts, bis 1900 gab es auch in Tunesien und dem Sudan keine Wildschweine mehr, und auch in Deutschland sowie in Österreich, Italien und der Schweiz waren weite Teile wildschweinfrei. Zu den deutschen Regionen, in denen bis in die 1940er Jahre Wildschweine nicht mehr vertreten waren, zählen beispielsweise Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.
Im 20. Jahrhundert haben sich Wildschweine weite Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets wieder zurückerobert. So sind beispielsweise in die italienische Toskana, die lange Zeit aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung wildschweinfrei war, in den 1990er Jahren wieder Wildschweine eingewandert.
Auch in Russland war das Wildschwein in den 1930er Jahren in weiten Teilen ausgerottet und die Nordgrenze der Verbreitung war besonders im Westen weit nach Süden verschoben. Bis 1950 hatten sich die Tiere jedoch wieder ausgebreitet und an vielen Stellen fast wieder die alte Nordgrenze des Verbreitungsgebietes erreicht. Besonders gut dokumentiert ist die Arealerweiterung in Osteuropa. Um 1930 gab es beispielsweise in den Sumpfwaldgebieten Weißrusslands, der Ukraine, Litauens und Lettlands noch Wildschweinbestände. Von dort aus verbreitete sich die Art anfangs entlang der Flussniederungen von Daugava (deutsch: Düna), Dnepr und Desna sowie später auch entlang der Oka, Wolga und dem Don. Um 1960 waren Wildschweine bereits von Sankt Petersburg bis Moskau wieder verbreitet; um 1975 erreichten sie Archangelsk bis Astrachan. Auch in Finnland wanderten Wildschweine wieder ein.
Ähnliches vollzog sich auch in westlicher Richtung. In den 1970er Jahren gab es in Dänemark und Schweden wieder Wildschweinvorkommen, wobei diese jedoch auf aus Wildgehegen ausgebrochene Tiere zurückgingen.
Die Populationsentwicklung der letzten Jahrzehnte wird auch an den Jagdstrecken deutlich. So wurden in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2003 erstmals jeweils mehr als 500.000 Wildschweine erlegt. In den 1960er Jahren lag die jährliche Jagdstrecke noch bei unter 30.000 Tieren.
Das Wildschwein wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu Jagdzwecken in den USA eingebürgert, wo es sich zum Teil mit verwilderten Hausschweinen vermischt hat, die seit Anfang des 16. Jahrhunderts im Südwesten der Vereinigten Staaten (vor allem in Texas) lebten. Durch diese Vermischung gibt es in Nordamerika heute keine klare Abgrenzung zwischen Hausschwein und Wildschwein. Dabei scheinen sich aber Tiere, die einen relativ hohen Wildschwein-Anteil haben, gegenüber Schweinen mit hohem Hausschwein-Anteil durchzusetzen, obwohl die Bestände oft scharf bejagt werden. Zu den US-Staaten mit einem hohen Wildschweinbestand zählen Texas, Kalifornien, Florida, South Carolina, Georgia, Alabama, Arkansas, Oklahoma, Arizona und Louisiana.
Auch in Südamerika gibt es eingebürgerte Wildschweinbestände. In Argentinien wurden Wildschweine um 1900 eingebürgert und leben dort zwischen dem 40. und 44. Breitengrad.
Wildschweinbestände, die sich zum Teil ebenfalls mit dem Hausschwein vermischt haben, gibt es außerdem auch auf Neuguinea, Neuseeland und in Australien sowie auf Hawaii, Trinidad und Puerto Rico. Teilweise wurden die Tiere hier bereits vor hunderten von Jahren eingeführt. Nach Hawaii etwa gelangten die ersten Schweine vor rund 1000 Jahren mit polynesischen Seefahrern. In Australien wurde das Wildschwein zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingeführt, um dort unter anderem Schlangen zu bekämpfen. Heute gelten Wildschweine in Australien als Plage – sie töten beispielsweise regelmäßig neugeborene Lämmer und gelten daher als landwirtschaftliche Schädlinge. Auf zahlreichen südostasiatischen Inseln (Bismarck- und Louisiadearchipel, Salomon- und Admiralitätsinseln und anderen im dortigen Bereich) wurde es ebenfalls durch den Menschen eingeführt.
Wildschweine sind in der Lage, sich unterschiedlichsten Lebensräumen anzupassen. Dazu trägt bei, dass das Wildschwein ein ausgesprochener Allesfresser ist, der sich schnell neue Nahrungsnischen erschließt. Wildschweine haben durch die Fähigkeit, den Boden aufzubrechen, Zugang zu Nahrung, die anderen Großsäugern nicht zur Verfügung steht. Mit ihrem kräftigen Gebiss sind sie sogar in der Lage, hartschalige Früchte wie Kokosnüsse aufzubrechen. Wildschweine sind außerdem ausgezeichnete Schwimmer und verfügen über eine gute Wärmeisolation, so dass sie sich auch an Feuchtgebiete anpassen können. Auf Grund dieser Fähigkeit zählen sowohl borealer Nadelwald, schilfbewachsene Sumpfgebiete als auch immergrüner Regenwald zu den Lebensräumen, die vom Wildschwein besiedelt werden können.
Ihre nördliche Verbreitung wird dadurch begrenzt, dass über längere Zeit gefrorener Boden es ihnen unmöglich macht, an unterirdische Nahrungsreserven zu gelangen. Hoher Schnee behindert außerdem ihre Fortbewegung und damit ihre Nahrungssuche. Daher fehlen Wildschweine auch in Hochgebirgslagen.
Im klimatisch gemäßigten Mitteleuropa entwickeln Wildschweine die höchste Bestandsdichte in Laub- und Mischwäldern, die einen hohen Anteil an Eichen und Buchen haben und in denen es sumpfige Regionen sowie wiesenähnliche Lichtungen gibt.
Den subtropischen und tropischen Klimabedingungen passen sich Wildschweine durch eine Reduktion des Haarkleides an; sie bilden dort außerdem kein Unterhautfett, das ihnen im nördlichen Verbreitungsgebiet als Wärmeisolation dient. In heißen Regionen sind Wildschweine auf Wasserquellen angewiesen, Wüsten werden daher von ihnen nicht besiedelt.

Wildschwein (Wilhelma Stuttgart)

Wildschwein (Wilhelma Stuttgart)

Das Wildschwein durchwühlt bei der Nahrungssuche den Boden nach essbaren Wurzeln, Würmern, Engerlingen, Mäusen, Schnecken und Pilzen. Wildschweine fressen neben Wasserpflanzen wie beispielsweise dem Kalmus auch Blätter, Triebe und Früchte zahlreicher Holzgewächse, Kräuter und Gräser. Als Allesfresser nehmen sie auch Aas und Abfälle an. Es wurde beobachtet, dass Wildschweine Kaninchenbauten aufbrechen, um die Jungkaninchen zu fressen. Gelegentlich fallen ihnen auch Eier und Jungvögel bodenbrütender Vögel zum Opfer. An trockengefallenen Gewässern fressen sie sogar Muscheln.
Eine besondere Rolle im europäischen Verbreitungsgebiet spielen in der Nahrung von Wildschweinen die Früchte von Eichen und Buchen. In Jahren, in denen diese Bäume besonders gut tragen (so genannte Mastjahre), leben Wildschweine monatelang überwiegend von diesen Früchten. Im asiatischen Raum gilt ähnliches für die Samen verschiedener Zirbelkieferarten.
Zur bevorzugten pflanzlichen Nahrung gehören in Mitteleuropa auch die Wurzeln von Adlerfarn und Weidenröschen. Je nach Jahreszeit haben auch die Wurzeln von Buschwindröschen, Schlangen-Knöterich, Wegerich und Sumpfdotterblumen einen größeren Anteil an ihrer Nahrung. Wildschweine weiden außerdem gerne an Klee und fressen die oberirdischen Pflanzenteile von Süßgräsern, Ampfer, Giersch, Adlerfarn und Wiesen-Bärenklau sowie Eichenlaub.
Detail eines Radschlossgewehres von ca. 1600.
Wildschweine können erheblichen Schaden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen verursachen. Sie fressen alle Feldfrüchte, die in Mitteleuropa in der Landwirtschaft angebaut werden. Bei Kartoffeln unterscheiden sie dabei sogar zwischen einzelnen Sorten und fressen besonders gerne Frühkartoffeln. Wildschweine durchwühlen auch Getreidefelder und richten mit ihrer Wühlerei regelmäßig einen größeren Schaden als durch das Fressen an. Auch die Schäden, die sie beispielsweise in Landschaftsparks anrichten, sind vor allem Wühlschäden. Sie graben dabei ganze Wiesen und Rabatten auf der Suche nach Blumenzwiebeln um.
Große landwirtschaftliche Schäden treten vor allem dann auf, wenn Eichen und Buchen nicht ausreichend Frucht angesetzt haben und die Wildschweine daher bevorzugt auf den landwirtschaftlichen Feldfluren auf Nahrungssuche gehen. Dies ist der Hauptgrund, warum Wildschweine so stark bejagt wurden, dass sie in Teilen Europas über Jahrhunderte hinweg fehlten. Es wird vermutet, dass die schon in der Bronzezeit nachweisbaren Einzäunungen von Feldern den Versuch darstellten, Wildschweine aus den Feldern fernzuhalten.
Wildschweine fressen auch Insekten, die einen Teil ihrer Entwicklungszeit im Boden verbringen und andere Kleintiere. Die starke Wühltätigkeit dabei kann auch unter der Bodenfauna erhebliche Schäden verursachen, so etwa bei Eigelegen und Überwinterungsplätzen von Eidechsen.
Ruhende Wildschweine belasten in der Regel alle vier Beine gleichermaßen. Im Schritttempo ist die normale Fortbewegungsform der Kreuzgang, bei dem die jeweils diagonal gegenüber befindlichen Vorder- und Hinterläufe nahezu gleichzeitig vorwärts gesetzt werden. Vorder- und Hinterbein verlassen erst dann den Boden, wenn das jeweilige andere Bein bereits aufgesetzt hat. Die Tiere können dabei 3 bis 6 km in der Stunde zurücklegen.
Im Trab verlassen Hinter- oder Vorderbein bereits den Boden, bevor das jeweilige andere Bein aufgesetzt hat. Diesen Trab können Wildschweine über eine sehr lange Zeit aufrechterhalten und legen damit 6 bis 10 km pro Stunde zurück. Im Galopp flüchten Wildschweine, wenn sie aufgeschreckt werden. Ausgewachsene Tiere legen mit jedem Galoppsprung bis zu zwei Meter zurück, allerdings können Wildschweine diese Gangart nicht lange aufrechterhalten. Sie fallen auch bei einer Flucht schnell in den Trab zurück.
Wildschweine können außerdem sehr gut schwimmen und vermögen dabei längere Strecken zurückzulegen. Sie bewegen dabei ihre Beine ähnlich wie beim Trab und nur Teile des Vorder- und Oberkopfes ragen aus dem Wasser.

Wildschweine verbringen einen großen Teil ihres Tages ruhend. Zu welcher Tageszeit sie dies tun, ist abhängig von den jeweiligen Umweltbedingungen.
Zum Ruhen benutzen sie gerne spezielle Ruheplätze, die sie sowohl einzeln als auch gemeinsam nutzen. Dösende Wildschweine liegen meist mit gestreckten Beinen, indem sie entweder auf dem Bauch ruhen und die Vorder- und Hinterbeine nach vorne oder hinten ausstrecken. Typisch ist auch die Seitenlage, bei denen die Beine im rechten Winkel abgestreckt sind. Die Kauerlage, bei der die Beine eingeknickt werden, kommt bei Wildschweinen nur für kurze Zeit vor.
Das Suhlen in Schlammlachen gehört zum typischen Verhaltensrepertoire von Wildschweinen. Besonders im Sommer dient es der Wärmeregulation. Durch den Schlamm werden Hautparasiten eingekapselt; die trocknende Schlammschicht erschwert außerdem stechenden Insekten den Zugang zur Haut.
In der Nähe der Suhlen findet man die so genannten Malbäume, an denen sich Wildschweine nach dem Suhlen scheuern. Dazu lehnen sie sich an einen Stamm und reiben ihren Körper daran entlang. Als Malbäume werden Bäume mit grober Rinde und/oder harzende Bäume bevorzugt, in Mitteleuropa vor allem Eichen, Kiefern und Fichten. Diese Bäume weisen bei längerer Nutzung deutliche Spuren auf. Durch den abgeriebenen Schlamm ist der Baum an den Scheuerstellen weißgrau, die Rinde ist in Teilbereichen abgetragen. Zum Scheuern ihres Unterkörpers stellen sich Wildschweine über Baumstümpfe und reiben sich daran.
Das Scheuern des Körpers an Bäumen ist notwendig, da Wildschweine aufgrund ihres kurzen und unbeweglichen Halses nicht in der Lage sind, sich mit Hilfe ihres Gebisses zu putzen und von Schadinsekten zu befreien.

Weibliche Jungtiere können – sofern ihnen ausreichend Nahrung zur Verfügung steht – bereits nach 8 bis 10 Monaten geschlechtsreif werden. Männliche Tiere sind in der Regel erst im zweiten Lebensjahr fortpflanzungsfähig. Ausnahmen von dieser Regel hat man bisher nur in den USA beobachtet, wo Wildschweinpopulationen stark mit Hausschweinen durchmischt sind.
Die Paarungszeit ist von den jeweiligen klimatischen Bedingungen abhängig; in Mitteleuropa beginnt sie meistens im November und endet im Januar oder Februar – der Höhepunkt ist im Dezember. Zu Verpaarungen kann es auch außerhalb dieser Zeit kommen – manche Autoren führen eine solche Paarungsbereitschaft außerhalb der typischen Zeit auf Hausschweineinfluss zurück. Weibchen, die eine Fehlgeburt erlebt haben, oder deren gesamter Wurf kurz nach der Geburt gestorben ist, können erneut empfängnisbereit sein.
Der Beginn der Paarungszeit wird von den Bachen bestimmt. Die Männchen sind das ganze Jahr über befruchtungsfähig. Die Paarungszeit nennt der Jäger Rauschzeit.
Trifft ein Männchen in der Paarungszeit auf Weibchen, beriecht es diese in deren Genitalregion. Ist das Weibchen empfängnisbereit, stößt er es leicht in die Bauchseite, gegen die Flanken oder an die Halsunterseite und umkreist sie. Wenn das Weibchen sich dem entzieht, folgt das Männchen ihm und versucht, den Körperkontakt aufrechtzuerhalten, indem es seinen Schädel auf den Rücken des Weibchens legt oder an ihre Flanken presst. Dieses so genannte Treiben kann sich über längere Zeit hinziehen. Wenn das Weibchen noch nicht paarungsbereit ist, attackiert es das Männchen gelegentlich. Das Männchen versucht dann, das Weibchen durch Nasonasal-Kontakt und Anhauchen zu beruhigen. Will das Weibchen nicht kopulieren, kann es quiekende Abwehrlaute ausstoßen. Wenn es nicht anders möglich ist, entzieht es seine Analregion durch Hinsetzen oder -legen.
Zur Paarung spreizt das Weibchen die Hinterläufe steif-schräg nach hinten und dreht den Schwanz seitlich weg. Das Männchen reitet auf, wobei es den Kopf auf ihren Rücken legt. In dieser Stellung verbleiben beide Tiere gewöhnlich fünf Minuten regungslos, bevor sie sich wieder trennen.
Ein Weibchen kopuliert während der Paarungszeit etwa sechs bis sieben Mal.
Bei gut gegliederten Familienverbänden mit intakter Sozialordnung synchronisiert das älteste fortpflanzungsfähige Weibchen, das als so genannte Leitbache die Familienrotte anführt, die Paarungsbereitschaft aller Bachen in der Rotte. Außerdem verhindert die Leitbache die Paarungsbereitschaft bei juvenilen weiblichen Rottenmitgliedern. Diese hormonell gesteuerten Abläufe bewirken nicht nur eine zeitgleiche Paarungsbereitschaft, sondern führen vor allem zu einer gemeinsamen Geburt, bei der die Altersunterschiede der Frischlinge gering und damit ihre Überlebenschancen höher sind.
Fehlt der steuernde Einfluss älterer Tiere auf das Paarungsgeschehen (etwa durch Abschuss, Verkehrsunfall, Unfall, Krankheit führender Bachen), können Bachen das ganze Jahr über empfängnisbereit sein. Bei guter Nahrungsversorgung kann es dazu kommen, dass sich sogar Einjährige (Überläufer) oder noch jüngere Tiere an der Fortpflanzung beteiligen. Hierdurch entsteht dann eine unkontrollierte Vermehrung.
Treffen während der Paarungszeit Männchen aufeinander, die um Weibchen konkurrieren, kommt es in der Regel zu Hierarchiekämpfen, die stark ritualisiert ablaufen.
Zum Imponiergehabe von aufeinandertreffenden Männchen gehört unter anderem ein Scharren mit den Hinterbeinen, das Verspritzen von Urin sowie das Wetzen des Kiefers. Beim Wetzen wird der Unterkiefer rasch seitlich hin und her geschoben. Die Eckzähne des Ober- und des Unterkiefers schleifen dabei aneinander. Mit zunehmender Erregung geht dies in Kaubewegungen oder Kieferschlagen über, bei denen Ober- und Unterkiefer laut auf- und zugeklappt werden. Häufig bildet sich dabei Speichelschaum am Maul der Männchen. Gleichzeitig sind die langen Borsten des Kamms aufgestellt, der Kopf ist gesenkt. Im Imponierlauf umkreisen sich die beiden Männchen, was häufig in Schulterkämpfe übergeht.
Hat bis dahin keines der Tiere die Flucht ergriffen, kommt es zum echten Kampf, bei dem die Tiere ihre Unterkiefereckzähne einsetzen, um mit seitwärts-aufwärts gerichteten Hieben gegen Bauch und Körperseite zu schlagen. Dabei können sich die Tiere heftig blutende Verletzungen zufügen. Zum Ende des Kampfes kommt es erst, wenn eines der Tiere flieht.
Die Tragezeit der Weibchen beträgt etwa 114 bis 118 Tage („drei Monate, drei Wochen und drei Tage“). Die Jungtiere kommen in Mitteleuropa meist in der Zeit von März bis Mai zur Welt. Falls das Weibchen zu einer Rotte gehört, trennt es sich von dieser und geht seinen eigenen Weg, bis die Jungen groß genug sind, um mit der Rotte mitzuhalten.
Das Weibchen wählt dabei vor der Geburt sorgfältig den Ort für ein Geburtsnest aus. Diese Wurfkessel sind häufig in Richtung Süden exponiert, so dass sie von der Sonne erwärmt werden. In sumpfigen Regionen sucht das Weibchen nach Bodenerhebungen, damit das Nest trocken ist. Sie polstert das Nest mit Gras aus und baut anschließend eine Art Dach. Im Durchschnitt bringen Weibchen etwa sieben Jungtiere zur Welt. Während der Geburt liegt das Weibchen gewöhnlich in der Seitenlage.
Während der ersten Lebenstage der kälte- und nässeempfindlichen Jungtiere bleibt das Weibchen meist im Geburtsnest. Je nach Witterungsbedingungen verlässt das Weibchen das Nest mit seinen Jungtieren nach ein bis drei Wochen. Weibchen verteidigen ihre Jungtiere energisch. Dabei kann es auch zu Angriffen auf Menschen kommen.
Die Sterblichkeit unter den Jungtieren ist sehr hoch. Sie sterben vor allem dann, wenn es während ihrer ersten drei Lebenswochen zu Kälteeinbrüchen und Nässeperioden kommt, da ihre Wärmeregulation noch nicht voll ausgebildet ist. Die Sterblichkeit ist auch davon abhängig, wie viele Fressfeinde im Gebiet leben. In raubtierfreien Gebieten überleben durchschnittlich 75 von 100 Jungtieren das erste Jahr (die, die nicht überleben, verenden meist schon im ersten Lebensmonat), in Gebieten, in denen Wölfe, Bären und Luchse den Lebensraum mit den Wildschweinen teilen, sind es hingegen nur etwa 30 von 100.
Wildschweine leben in Mutterfamilien, im Harem oder in Gruppen vorjähriger Tiere zusammen. Einzelgängerisch leben insbesondere männliche Tiere.
Die typischste Form des Zusammenlebens ist die Mutterfamilie, die aus einem Weibchen mit ihrem letzten Nachwuchs besteht. Gelegentlich bleibt der weibliche Nachwuchs des Vorjahres bei der Mutter und führt dann mitunter auch schon eigenen Nachwuchs. Die ursprüngliche Mutter ist in einem solchen Sippenverband das Leittier. Fremde Wildschweine werden in der Regel nicht in eine solche Gruppe aufgenommen. Treffen verschiedene Mutterfamilien aufeinander, wahren sie voneinander Abstand. Diese Gruppen brechen auseinander, wenn das Nahrungsangebot nicht ausreichend ist, wenn sie durch Jagd oder sonstige Störungen auseinandergesprengt werden oder wenn das Leittier stirbt. Aufgrund der hohen Sterblichkeit der Jungtiere schwanken die Gruppenstärken sehr stark. Gruppen von mehr als 20 Tieren sind in Mitteleuropa Ausnahmen.
Die vorjährigen Männchen werden vom Weibchen aus der Gruppe vertrieben und leben dann in der Regel für mindestens ein Jahr in einem eigenen Verband. Auch hier kommt es nicht zu Zusammenschlüssen mit vorjährigen Tieren aus anderen Gruppen. Die Hierarchie zwischen den einzelnen Tieren einer solchen Gruppe ist seit der Jungtierzeit ausgekämpft.
Ab dem zweiten Lebensjahr ziehen Männchen meist als Einzelgänger durchs Revier. Während der Paarungszeit von November bis Januar schließen sie sich einzeln Mutterfamilien an. Der Kontakt zwischen dem Männchen und der Mutterfamilie bleibt jedoch lose – er ruht nicht im gemeinsamen Lager und das Leitweibchen führt die Gruppe.
Gelegentlich lassen sich auch Gruppen vorjähriger Tiere beobachten, in denen männliche und weibliche Tiere zusammenleben. Sie treten dann auf, wenn das Mutterweibchen entweder abgeschossen wurde oder eines natürlichen Todes starb. Solche untypischen Gruppen lösen sich in der nächsten Paarungszeit auf.

Wildschwein (Tierpark Hexentanzplatz, Thale)

Wildschwein (Tierpark Hexentanzplatz, Thale)

Wildschweine gelten als ständiges Erregerreservoir und als Hauptüberträger der Schweinepest auf Hausschweinbestände. 2002 wurden noch 451 Fälle bei Wildschweinen in Deutschland gemeldet, was auch zu einem erhöhten Jagddruck führte. In den letzten Jahren ist die Befallssituation jedoch zurückgegangen.
Wildschweine sind Wirte für Trichinen. Aus diesem Grund muss Wildschweinfleisch vor der Verwertung einer Trichinenuntersuchung unterzogen werden. Positive Befunde sind sehr selten; die Untersuchung ist jedoch notwendig, da eine Erkrankung für den Menschen im Extremfall tödlich enden kann.
15 % der in Deutschland erlegten Wildschweine sind Träger des Hepatitis-E-Virus. Inwieweit eine Übertragung auf den Menschen erfolgt, ist noch ungeklärt.
Wildschweine auf der iberischen Halbinsel wurden als Träger des Tuberkulosebakteriums identifiziert.
Physisch ausgewachsen sind Wildschweine im Alter von fünf bis sieben Jahren; allerdings erreichen nur wenige Individuen dieses Lebensalter. Die Sterblichkeit besonders unter Jungtieren ist so hoch, dass im Durchschnitt weniger als 10 % neugeborener Wildschweine das vierte Lebensjahr erreichen. Physisch ausgereifte Wildschweine machen daher nur einen geringen Teil der Wildschweinpopulation aus. Nur wenige Tiere werden noch älter. In Gefangenschaft dagegen erreichen Wildschweine ein wesentlich höheres Lebensalter. Belegt sind Wildschweine, die das 21. Lebensjahr erreicht haben.

Neben der Nominatform wurden eine Reihe von Unterarten beschrieben. Diese werden anhand der Basilarlänge des Schädels und der Größenverhältnisse des Tränenbeins differenziert. Die Länge des Tränenbeins nimmt von Westen nach Osten ab und seine Höhe nimmt zu. Der gesamte Schädel wird dabei kürzer und höher. Die nördlicheren und nordwestlicheren Arten haben außerdem eine zunehmend dichtere und längere Behaarung. Auf Inseln lebende Wildschweine sind generell kleiner.

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