Klasse: | Vögel (Aves) |
Ordnung: | Eulen (Strigiformes) |
Familie: | Eigentliche Eulen (Strigidae) |
Gattung: | Steinkäuze (Athene) |
Art: | Steinkauz (Athene noctua) |
Der Steinkauz erreicht eine Körpergröße von 21 bis 23 Zentimetern. Die Flügelspannweite beträgt zwischen 53 und 58 Zentimetern. Die Größe entspricht damit der einer Singdrossel, der Steinkauz wirkt allerdings durch das lockere Gefieder und den breitrundlichen Kopf größer als diese. Federohren fehlen und durch die niedrige Stirn wirkt der Steinkauz flachköpfig. Es besteht kein auffälliger Geschlechtsdimorphismus. Das Gewicht der Männchen schwankt zwischen 160 und 240, das der Weibchen zwischen 170 und 250 Gramm. Das Maximalgewicht erreichen adulte Vögel im Dezember und Januar. Am leichtesten sind sie in den Monaten Juni und Juli.
Der Gesichtsschleier ist beim Steinkauz nur schwach ausgeprägt und oben durch weißliche Überaugenstreifen begrenzt. Die Augen sind zitronen- bis schwefelgelb. Die dunkel sepiabraune Körperoberseite weist weißlich rahmgelbe oder grauweiße Tropfenflecken und Querbinden auf, wobei die Fleckung auf dem Oberkopf besonders dicht, klein und streifenförmig und auf dem Vorderrücken größer und rundlicher ist. Im Nacken hat der Steinkauz eine auffällige, weiße V-förmige Zeichnung, die mit einem weißen Nackenband zusammenläuft und dunklere Gefiederpartien umschließt (sogenanntes Occipitalgesicht). Auf den Handschwingen bilden rahmfarbene bis beigebraune Flecken fünf bis sechs Querbinden. Auf den Armschwingen sind meist zwei bis drei solcher Querbinden sichtbar. Auf den Armdecken variiert dagegen das Fleckenmuster individuell sehr stark. Die Unterflügeldecken sind dagegen hell und weisen eine graue bis schwärzliche Fleckung auf. Die Kehle ist weißlich und von der Brust durch ein beige- oder rostbraunes Halsband abgegrenzt. Die Körperunterseite ist gelblich weiß mit sepiabraunen, unregelmäßigen Längsstreifen. Insbesondere auf dem Brustgefieder sind diese Längsflecken sehr dicht und breit, so dass sie die Grundfarbe nur noch wenig hervortreten lassen. Die Beine sind weißlich befiedert und die Zehen mit borstenartigen Federn besetzt.
Adulte Steinkäuze beginnen ihre Jahresmauser mit dem Ausfliegen der Jungvögel. Die Großgefiedermauser verläuft über einen Zeitraum von 98 bis 115 Tagen und ist in Mitteleuropa gegen Ende Oktober, Anfang November abgeschlossen.
Das Daunenkleid frisch geschlüpfter Steinkäuze ist weiß, dicht und kurz. Ihr Schlupfgewicht beträgt lediglich zwischen 10 bis 12 Gramm. Von der hinteren Seite des Laufgelenks abgesehen, sind auch die Beine bis zu den Zehen bedunt. Die Wachshaut ist anfangs rosa, der Schnabel und die Krallen sind weißlich oder gräulich rosa. Die Wachshaut verfärbt sich innerhalb der ersten Lebenswoche zu einem dunklen Violettgrau. Der Schnabel färbt sich zunächst in ein bläuliches Grau mit einer gelben Spitze um und wird dann zunehmend olivgelb. Die Krallen werden dagegen schwarz. Die Augen öffnen sich ab dem 8. bis 10. Lebenstag.
Erste Ansätze des grau-bräunlichen Nestlingskleides (Mesoptil) zeigen sich ab dem 5. Lebenstag. Es tritt zuerst an den Schulter- und Armdecken, später an Hinterkopf, Nacken, in der Rückenmitte sowie an Brust und Oberschenkel in Erscheinung. Die Entwicklung des Mesoptils ist mit dem 21. Lebenstag abgeschlossen. Im Gesicht sind die arttypischen Abzeichen ansatzweise bereits zu erkennen. Das Brustgefieder ist grob längsgefleckt bis gestreift. An Handdecken und Schultern stehen auffällige Reihen weißer Tupfen. Um den 40. Lebenstag ist das Großgefieder voll entwickelt. Das Mesoptil wird in Mitteleuropa in der Zeit von August bis November vom Jugendkleid abgelöst. Dieses Jugendkleid ähnelt dem adulten Jahreskleid, ist allerdings etwas fahler und stärker rostbraun. Die Flecken sind rahmgelb bis rostbraun getönt und weniger kontrastreich abgesetzt. Am Oberkopf und am Vorderrücken sind die Flecken noch weniger auffällig als bei adulten Vögeln. Das erste Alterskleid zeigen junge Steinkäuze kurz nach Vollendung des ersten Lebensjahres.
Der Steinkauz legt kurze Strecken in einem gradlinigen Ruderflug zurück, während bei weiten Strecken ein spechtartiger Wellenflug charakteristisch ist. Jagende Steinkäuze zeigen außerdem Rüttel- und Gleitflüge. Steinkäuze fliegen meistens knapp oberhalb der Bodenoberfläche. Bei Steinkäuzen, die von einer höheren Warte auffliegen und dann erneut aufbaumen, entsteht dadurch eine U-förmige Fluglinie. Vor dem Abflug von einer Warte zeigen sie häufig ein erregungsbedingtes Treteln am Platz. Da das Körpergewicht in Relation zu den Flügelflächen hoch und die Schwungfedern relativ kurz und hart sind, ist anders als bei den ausgesprochen nachtaktiven Eulenarten der Flug des Steinkauzes nicht geräuschlos und für den Menschen aus der Nähe hörbar. Ein gezielt eingesetztes Flügelklatschen, wie es bei der Waldohreule, dem Kaninchen- und dem Raufußkauz vorkommt, fehlt dagegen.
Steinkäuze bewegen sich sehr häufig auf dem Boden fort. Sie sind in der Lage, so schnell zu rennen, dass sie auch eine entkommende Feldmaus einholen. Sie laufen dann mit sehr langbeinigen Schritten und schalten gelegentlich auch kürzere Sprünge ein, während sie bei einer langsameren Fortbewegung eher in kurzen Schritten trippeln. Steinkäuze können während des Tages häufig freisitzend auf Schornsteinen, Zaunpfählen, Felsblöcken, Leitungsdrähten oder Masten beobachtet werden. Ruhende Steinkäuze plustern ihr Gefieder häufig locker auf und ziehen den flachgeformten Kopf ein, so dass sie kugelförmig wirken. Bei leichtem Regen spreizen sie ihre Flügel weit ab und sträuben das Gefieder. Gelegentlich kann man sie dabei beobachten, wie sie sich sonnen. Dabei werden die Flügel schlaff geöffnet, das Gefieder ist geplustert und das Gesicht der Sonne zugewendet. Ein sich nähernder Mensch wird vom Steinkauz häufig mit kurzen ruckartigen Kopfbewegungen fixiert. Ähnlich wie bei Feindbegegnungen zeigt der Steinkauz außerdem häufig ein sogenanntes Vertikalknicksen, bei dem sich der Kauz in eine fast waagerechte Körperhaltung duckt und sich dann mit durchgestreckten Fersen aufrichtet.
Neben einem begrenzten Südausläufer in die äthiopische Region ist der Steinkauz transpaläarktisch verbreitet. Das Hauptverbreitungsgebiet liegt zwischen 22° und 51° N. Die nördliche Verbreitungsgrenze entspricht annähernd der 17-°C-Juli-Isotherme, die südliche annähernd der von 31 °C.
In west-östlicher Richtung erstreckt sich das Verbreitungsgebiet von der Atlantikküste Großbritanniens bis zur Koreanischen Halbinsel und dem Nordosten Chinas. Die nördliche Verbreitungsgrenze verläuft durch Belgien, Holland, Dänemark, Lettland, die Region von Pskow und Moskau sowie Meschtschora. Steinkäuze kommen in dieser Region noch nördlich des 56° N vor. Im Uralgebirge ist der 54° N und in Kasachstan der 49° N jeweils die nördliche Verbreitungsgrenze. In östlicher Richtung verläuft die Verbreitungsgrenze weiter entlang des Altai- und dem Tannu-ola-Gebirge, durch den Südwesten Dauriens und den Nordosten der Mongolei.
Steinkäuze kommen im gesamten Mittelmeerraum vor. Im Westen Afrikas überschreitet ihr Verbreitungsgebiet sogar den 22° N in südlicher Richtung. Sie besiedeln außerdem den Norden und Nordosten von Afrika, Teile der Arabischen Halbinsel, den Süden des Sudans und den Norden Somalias. In Asien verläuft die südliche Verbreitungsgrenze durch den Nordosten Pakistans, den Süden Tibets. In Zentral- und Ostchina ist der 35° N die südliche Verbreitungsgrenze.
In Neuseeland wurde die Art zwischen 1906 und 1910 in der Region Otago eingebürgert. Man wollte damit den Bestand der eingeführten europäischen Singvögel regulieren, die sich teils sehr stark dort verbreiteten. Dies erwies sich als Fehlschlag, da Singvögel am Beutespektrum des Steinkauzes nur einen geringen Anteil haben. Mittlerweile ist der Steinkauz auf der gesamten Südinsel verbreitet.
Der Steinkauz bevorzugt als Lebensraum offenes, reich strukturiertes Gelände mit einem großen Angebot an Bruthöhlen, Tagesverstecken und Sitzwarten und einer ganzjährig niedrigen kurzen Vegetation. Diese Lebensraumansprüche werden von einer Vielzahl natürlicher sowie von Menschen stark gestalteter Landschaften erfüllt.
Die Primärhabitate des Steinkauzes sind die eurosibirischen Steppenzonen, subtropische Halbwüsten, Wüsten wie die weitläufigen mongolischen Saxaul-Sandwüsten sowie die gemäßigten asiatischen Trockengebiete. Sein Lebensraum weist meist vertikale Strukturen wie Felsen und Lehmwände auf, wo durch Erosion und die Tätigkeit von Säugern und Vögeln zahlreiche für den Steinkauz als Nist- und Ruheplatz nutzbare Höhlen, Nischen und Spalten entstanden sind. Andernfalls nutzt er höhlenreiche Flächen in Steppenzonen mit Erdbauen von Säugern wie Rennratten und -mäusen, Pfeifhasen, Zieseln sowie Feld- und Zieselmäusen. In den Gebirgen Zentral- und Ostasiens ist der Steinkauz ein ausgesprochener Bodenvogel, der bevorzugt in den Bauen des Himalaya-Murmeltieres nistet und schläft. Außerhalb des Verbreitungsareals dieser Murmeltierart fehlt er auf den Hochplateaus dieser Gebirge. In Somalia nutzt er neben Höhlen an den Sandwänden ausgetrockneter Flussläufe auch Termitenhügel als Sitzwarte und Nistplatz.
Zu den Sekundärhabitaten des Steinkauzes zählen vor allem die weitläufigen Karstlandschaften und Macchien des Mittelmeerraums, die durch eine seit Jahrhunderten praktizierte halbnomadische Herdentierhaltung geprägt sind. Typische Steinkauzhabitate finden sich außerdem in Weinbergen, in den Tempel- und Ruinenfeldern der Mittelmeerländer sowie in Olivenhainen. In Spanien werden außerdem die großen, lichten Korkeichenhaine von Steinkäuzen besiedelt.
In West- und Mitteleuropa nutzt der Steinkauz vor allem extensiv bewirtschaftete Dauergrünlandflächen wie Vieh- und Mahdweiden, Ruderalflächen sowie Weg- und Grabenränder, deren niedrige Vegetation und hohes Nahrungsangebot die artspezifische Bodenjagd ermöglichen. In Mitteleuropa sind Kopfweidenbestände sowie Gärten mit alten Bäumen und Streuobstwiesen wichtige Steinkauzhabitate. In Teilen Westeuropas, wo die Nahrung des Steinkauzes zu einem großen Teil aus Regenwürmern besteht, bestehen ideale Steinkauzhabitate aus mehreren ganzjährig genutzten Weiden. Deren kurze Grasnarbe begünstigt die Jagd des Steinkauzes auf die Regenwürmer, die vor allem im Randbereich der Weiden zu finden sind. Die Weiden müssen daher möglichst kleinparzellig sein, damit der Steinkauz ausreichend Nahrung findet. Als Sitz-, Ruf- und Jagdwarten dienen dem Steinkauz vor allem Masten und Pfähle. Die verhältnismäßig niedrigen Koppel- und Zaunpfähle spielen für Jagd des Steinkauzes eine große Rolle, so dass deren Dichte mit der Siedlungsdichte von Steinkäuzen positiv korreliert.
In Mitteleuropa ist der Steinkauz ein Brutvogel waldfreien Tieflands und brütet nur selten in Höhenlagen über 600 Höhenmetern. In den südlichen Regionen seines Verbreitungsgebietes brütet der Steinkauz jedoch auch im Gebirge. So kommt er in den Pyrenäen noch in 1.200 Metern über NN vor und brütet stellenweise in der südspanischen Sierra Nevada noch in Höhenlagen von 2.300 Metern. In Innerasien siedeln Steinkäuze sogar noch in Höhenlagen zwischen 4.000 und 4.700 Höhenmetern. Da der Steinkauz ein ausgesprochener Standvogel ist und sein Revier auch bei anhaltend hohen Schneelagen und Kälteperioden nicht verlässt, sind hohe winterliche Schneelagen eine Ausbreitungsbarriere.
Generell sind Steinkauzreviere klein. So benötigen Steinkäuze am unteren Niederrhein zur Deckung ihres Nahrungsbedarfes ganzjährig nur eine Fläche von 1 bis 2 Hektar Dauergrünland. Obwohl sich Steinkauzreviere nicht überlappen, kann es in besonders günstigen Biotopen zu beachtlichen Konzentrationen von Steinkäuzen kommen. So brüteten östlich von Genf in einem Jahr mit einem ungewöhnlich starken Auftreten von Maikäfern auf einer Fläche von 120 Hektar 25 Paare Steinkäuze. Einzelne Bruthöhlen befanden sich dabei nur fünfzig Meter voneinander entfernt. Solche Siedlungsdichten sind jedoch außergewöhnlich. Selbst in Optimalbiotopen Mitteleuropas kommen, bezogen auf Flächen von 100 bis 125 Quadratkilometer, nur in seltenen Ausnahmefällen mehr als 1,5 Brutpaare pro Quadratkilometer vor. Der Zoologe Urs N. Glutz von Blotzheim weist jedoch darauf hin, dass solche großräumigen Siedlungsdichteberechnungen wegen des inselartigen Steinkauz-Vorkommens nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben.
Sofern ausreichend Nahrungsressourcen zur Verfügung stehen, halten sich Steinkäuze ganzjährig in ihrem Revier auf.Dabei lebt das Weibchen im Revier eines Männchens. Da die Brutplatztreue sehr ausgeprägt ist, leben die Partner eines Paares häufig in Dauerehe. Für Weibchen wurde eine Brutplatztreue von bis zu fünf Jahren nachgewiesen.
Steinkäuze haben einen täglichen Nahrungsbedarf von 59 bis 75 Gramm bei einer Umgebungstemperatur von 0 °C und einen Bedarf von 23 bis 30 Gramm bei 30 °C. Das Nahrungsspektrum ist sehr breit und reicht von Käfern, Regenwürmern und Grillen bis zu Mäusen, Kleinvögeln, Amphibien und Reptilien. Die Nahrungszusammensetzung variiert in Abhängigkeit von Jahreszeit und geographischer Verbreitung, und das Nahrungsspektrum eines einzelnen Steinkauzes ist umso größer, je größer die Biodiversität des jeweiligen Lebensraumes ist. Unabhängig von Jahreszeit und Verbreitungsgebiet bilden kleine Säugetiere bewertet nach Biomasse und Energiegewinn die Hauptbeute des Steinkauzes. Präferiert werden kleine Nagetiere mit einem Körpergewicht von 10 bis 30 Gramm. In Mitteleuropa ist das wichtigste Beutetier die Gemeine Feldmaus, und eine Reihe von Studien weist einen Zusammenhang zwischen dem Bruterfolg des Steinkauzes und der Größe der Feldmauspopulationen nach. Selbst in Südfrankreich, wo diese Art nur 6,5 Prozent der Beutetiere ausmacht, entfallen auf sie 50 Prozent der Biomasse der Nahrung der Steinkäuze. In Asien spielen andere Vertreter der artenreichen Unterfamilie der Wühlmäuse ebenfalls eine große Rolle. Weitere wichtige Beutetiere sind Rennmäuse und insbesondere in China der Graue Zwerghamster. Kleinvögel können insbesondere bei Schneelagen und einem Zusammenbruch der Mäusepopulation eine größere Rolle spielen. Geschlagen werden bevorzugt solche Arten, die sich zur Nahrungssuche am Boden aufhalten wie beispielsweise Stare, Drosseln, Sperlinge und Lerchen. Daneben raubt der Steinkauz gelegentlich Jungvögel aus ihren Nestern. Regional können auch Frösche und Eidechsen eine Bedeutung im Nahrungsspektrum des Steinkauzes haben.
Studien aus Flandern und Nordfrankreich weisen zwar einen hohen Anteil von Regenwürmern in der Nahrung der dort vorkommenden Steinkäuze nach. Dies wird jedoch auf das stark verringerte Angebot zurückgeführt, das Steinkäuze in diesen intensiv landwirtschaftlich genutzten Regionen vorfinden. Es wird angenommen, dass solche gezwungenermaßen zu Nahrungsspezialisten gewordene Populationen in ihrem Bestand besonders gefährdet sind.
Der Steinkauz ist überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Er jagt gewöhnlich jeweils ein bis zwei Stunden nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang. Während der Nestlingszeit ist er wegen des erhöhten Beutebedarfs regelmäßig auch tagaktiv. Die Beute wird primär optisch wahrgenommen. Der Steinkauz reagiert aber auch auf akustische Reize wie etwa das Fiepen von Mäusen. Die Jagdmethode, die er anwendet, ist abhängig vom Vegetationstyp. Ist der Bewuchs niedrig, dann jagt er gewöhnlich direkt vom Boden aus oder von einer sehr niedrigen Ansitzwarte wie einem Stein oder Erdhügel. Entdeckt er beispielsweise einen Käfer oder eine Maus, dann nähert er sich seiner Beute meist zunächst mit einem kurzen Flug knapp über dem Boden und folgt ihr dann entweder in einem schnellen Lauf oder mit einigen Hüpfern. Regenwürmer werden fast immer direkt vom Boden aus erbeutet. Ist die Vegetation etwas höher, so dass der Steinkauz auf dem Boden nicht ungehindert laufen kann, spielt die Ansitzjagd eine größere Rolle. Auch Rüttel- und Gleitflüge sind belegt. Getötet wird die Beute durch einen gezielten Kopf- oder Genickbiss.
In Sommernächten jagt der Steinkauz auch im Umfeld von Straßenlaternen und gut beleuchteten Häusern und Höfen nach Insekten, die vom Licht angezogen werden. Seine Hauptbeute sind hier überwiegend Motten. Steinkäuze sind aber auch in der Lage, Fledermäuse zu greifen, und sie rauben Eier und Jungvögel aus Vogelnestern wie denen von Staren und Haus- und Feldsperlingen. In Russland und Kasachstan hat man beobachtet, dass Steinkäuze regelmäßig die Baue von Rennmäusen nach potentieller Beute patrouillieren. Einzelne Baue werden von den Steinkäuzen als Nahrungsdepots genutzt, wenn sie mehr Beute fangen, als sie verzehren. Vereinzelt dienen Rennmausbaue auch als Nistplatz der Steinkäuze. Steinkäuze, die so einen Großteil ihrer Beute finden, zeigen am Gefieder von Kopf, Schulter und Rücken sehr deutliche Abnutzungsspuren.
Bei Schneedecken von bis zu drei Zentimeter Dicke ist der Jagderfolg von Steinkäuzen auf Nagetiere verglichen zu schneefreien Jahreszeiten höher, da diese Schneedecke zu dünn ist, als dass Nagetiere unterhalb der Schneeoberfläche Gänge graben könnten, und da sie gegen den weißen Untergrund besser sichtbar sind. Bei sieben bis neun Zentimeter tiefem Neuschnee dagegen sinkt der Jagderfolg von Steinkäuzen deutlich, weil sich Nagetiere dann überwiegend unter der Schneeoberfläche aufhalten. Besteht über mehr als drei Wochen eine dichte und hohe Schneedecke, steigt die Mortalitätsrate stark an.
Die Balzzeit der Steinkäuze beginnt bereits im frühen März, manchmal sogar schon im Februar. Die eigentliche Brutzeit erstreckt sich je nach Verbreitungsgebiet von April bis Juni. Ein Brutgebiet kann, je nach Nahrungsaufkommen, eine Größe von bis zu 50 Hektar aufweisen. Es kommt pro Saison zu einer Brut. Bei Gelegeverlust ist ein Nachgelege durchaus möglich. Die Nester werden für gewöhnlich in Baumhöhlen alter Kopfweiden oder Obstbäume angelegt. Falls nicht vorhanden, legen sie ihre Nester in Nischen von Ruinen oder verlassenen alten Gebäude an. Der Steinkauz nistet auch gerne in sogenannten Steinkauzniströhren. Die asiatischen Populationen brüten zum Teil in Erdbauten, wie Nagerbauten.
Das Weibchen legt zwischen drei und sechs Eier, die über einen Zeitraum von 25 bis 28 Tagen ausgebrütet werden. Anfangs sind die Küken noch nackt und blind. Nach 35 Tagen verlassen die fertig befiederten Jungvögel erstmals ihr Nest. Nach rund zehn weiteren Tagen sind sie flügge und starten ihre ersten Flugübungen. Sie bleiben noch etwa einen Monat bei den Eltern und werden von ihnen auch mit Nahrung versorgt. Im ersten Lebensjahr ist die Sterblichkeit unter den Jungvögeln bei 70 Prozent. Lediglich zwei bis drei von zehn Vögeln erreichen das erste Lebensjahr. Die Jungkäuze siedeln sich im Normalfall nicht weiter als 10 km von ihrem Geburtsort an.