Portrait: Sperbereule

Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Eulen (Strigiformes)
Familie: Eigentliche Eulen (Strigidae)
Gattung: Sperbereulen (Surnia)
Art: Sperbereule (Surnia ulula)
Sperbereule (Zoo Decin)

Sperbereule (Zoo Decin)

Die Sperbereule hat ihren Namen aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Sperber erhalten. Auch im Seitenprofil und im Flug erinnert sie an einen Sperber. Wie dieser hat sie einen schnellen und wendigen Jagdflug und vermag ihre maximale Fluggeschwindigkeit sehr schnell nach dem Start zu erreichen.
Die Sperbereule ist mit einer Körperlänge von 36 bis 41 Zentimetern eine mittelgroße Eule, die in der Größe der Waldohreule gleicht.
Der Schwanz der Sperbereule ist auffallend lang und keilförmig auslaufend. Der abgeflachte Kopf ist im Verhältnis zum Körper klein. Wie viele Eulen hat sie einen hellen Gesichtsschleier, der deutlich braunschwarz umrahmt ist. Die Iris der Augen ist gelb. Auch der Schnabel ist hellgelb gefärbt.
In der Seitenansicht ist deutlich der verhältnismäßig kleine und flache Kopf zu erkennen – gut zu erkennen auch die Ähnlichkeit zum Sperber
Das Rückengefieder ist bräunlich-schwarz mit weißen Flecken. Auf der Unterseite ist das Gefieder weiß mit schmalen dunkelgrau-braunen Querbändern. Diese schwarzweiße Bänderung setzt sich bis zur Schwanzspitze fort. Sie macht diese Eule auch im Flug gut erkennbar.
In ihrer Gefiederfärbung unterscheiden sich männliche und weibliche Vögel nicht; weibliche Vögel sind jedoch etwas schwerer als Männchen. Männchen wiegen im Schnitt etwa 270 Gramm, weibliche Vögel im Durchschnitt 320 Gramm. Jungvögel sind insgesamt etwas graubrauner gefärbt und haben noch keine deutliche Bänderung der Unterseite.

Wie viele Eulen verfügt auch die Sperbereule über eine Reihe ganz unterschiedlicher Lautäußerungen:
Die häufigste, in vielen Klangvariationen und sehr unspezifisch eingesetzte Äußerung beider Geschlechter ist ein kurzer, lockerer Triller, der – speziell zur Anpaarungszeit – nahezu jeden Kontakt mit Artgenossen und jede Aktion begleitet. Weichblubbernd, schnurrend, kollernd, hämmernd bis rauh-sägend begleiten Triller die aggressiv wirkenden Verfolgungsflüge zur Anpaarung und Feindabwehr, auch leiten sie erste Beuteübergaben und Kopulationen ein. (Mebs & Scherzinger, S. 364)
Die Sperbereule singt dabei mit geöffnetem Schnabel den Artgenossen an, sträubt das Gefieder unterhalb des Schnabels, wippt erregt mit dem Schwanz oder bewegt sich ruckartig im Geäst.
Am deutlichsten ist der Reviergesang des Männchens zu vernehmen, der einer rollenden oder perlenden „hu hu huhu ü ü üüüüüü“-Rufreihe entspricht. Der Ruf beginnt verhältnismäßig leise und steigert sich dann in seiner Lautstärke. Begegnen sich die zwei Partner, fallen diese Triller etwas kürzer aus und werden gelegentlich im Duett vorgetragen.
Zum Balzverhalten gehören auch die Bettelrufe der Weibchen, die an ein heiseres „chät“ erinnern. Die Bettelrufe der Jungen nach Futter sind gedehnter und zischender und erinnern an ein „tschschui-epp“.
Zu den Lauten der Feindabwehr und bei Kämpfen zwischen Artgenossen gehört auch Fauchen und Schnabelknappen.

Die Sperbereule besiedelt die borealen Nadelwälder der Holarktis vom nördlichen Norwegen und Schweden bis nach Kamtschatka und Sachalin sowie in Alaska und Kanada. In Europa hat die Sperbereule im Jahr 2013 zum ersten Mal seit 1974 wieder in Estland gebrütet. Die nördliche Verbreitungsgrenze entspricht weitgehend der Baumgrenze.
Trotz dieses umfangreichen Verbreitungsgebietes werden nur drei Unterarten unterschieden.

Sperbereule (Luisenpark Mannheim)

Sperbereule (Luisenpark Mannheim)

Die Nahrungszusammensetzung der Sperbereule schwankt im Jahresverlauf. Während der Zeit, in der sie brütet und Junge aufzieht, besteht ihre Beute nahezu ausschließlich aus Wühlmäusen. Die Sperbereule erbeutet nur selten Tiere, die schwerer als 70 Gramm sind. Früher war man davon überzeugt, dass auch Lemminge eine größere Rolle innerhalb des Beutespektrums von Sperbereulen spielen. Obwohl Sperbereulen opportunistische Jäger sind und sich dem jeweiligen Beuteaufkommen rasch anpassen, gehören Lemminge nur sehr selten zu den Tieren, die von Sperbereulen geschlagen werden.
Außerhalb der Brutzeit und der Jungenaufzucht sinkt der prozentuale Anteil der Wühlmäuse an der Gesamtbeute auf 57 %. Dann steigt der Anteil, den Kleinvögel ausmachen, deutlich an. Gelegentlich schlagen sie dann auch größere und schwerere Vögel wie etwa Schneehuhnarten und Haselhühner sowie Drosseln. Im Durchschnitt machen Vögel dann 30 Prozent der Beutetiere aus. Einen weiteren wesentlichen Anteil an den Beutetieren haben in dieser Zeit Spitzmäuse. Bei Nahrungsmangel werden auch Käfer, Frösche und Fische erbeutet.

Die Sperbereule jagt fast ausschließlich am Tag und während der Dämmerung. Selbst helle Vollmondnächte werden von ihr nicht zur Jagd genutzt.
Die Jagdweisen der Sperbereule sind abhängig von der Beute, die sie erjagen möchte. Mit der Ansitzjagd erspäht sie Mäuse am Boden, auf die sie von dieser Warte heraus hinabstößt:
…zum Absprung legt sie das Gefieder schlank an, beugt sich schräg – zum Teil horizontal – vor und wirkt hochkonzentriert … Zum Mäusefang läßt sich die Eule nahezu senkrecht fallen, auch gleitet sie flach über den Boden oder rüttelt ausdauernd über der Beute. Lebende Mäuse packt sie ein- oder beidbeinig, auch im Vorbeifliegen. Nur bei größerer Beute landet sie und nimmt mit weit vom Körper abgestreckten Flügeln die „Fangstellung“ ein. (Mebs & Scherzinger, S. 366)
Die Sperbereule sitzt häufig auch am Tage auf dürren Bäumen und späht von dort aus nach Mäusen
Ihre ausgeprägten Flugfähigkeiten kommen erst bei der Jagd auf Vögel wirklich zum Einsatz. Sie ist in der Lage, Vögeln dicht zu folgen und sich deren Flugmanövern blitzschnell anzupassen. Vögel sind ihre Hauptbeute während des Winters, wenn Mäuse aufgrund der hohen Schneedecke schwer zu erbeuten sind.
Die Beute wird durch Walken mit den Fängen und Beißen getötet. Häufig tötet die Sperbereule ihre Beute auch durch einen gezielten Biss ins Genick. Fängt die Sperbereule mehr Beute, als sie an einem Tag benötigt, wird diese deponiert. Sie versteckt dazu ihre Beute gerne in Spalten und Höhlen von Baumstämmen.

Sperbereulen verhalten sich tagsüber sehr agil und unterscheiden sich darin von den meisten Eulenarten. Unter lebhaftem Kopfwenden beobachten sie von ihren Warten aus ihre Umgebung, wippen dabei mit dem Schwanz und wechseln häufig ihren Sitzplatz. Diese Bewegungen erfolgen dabei ohne einleitende Bewegungen und damit sehr abrupt. Auf menschliche Beobachter wirkt sie durch dieses Verhalten „hektisch“.
In ihrem typischen Ruheverhalten kauern Sperbereulen aufrecht mit locker aufgeplustertem Gefieder auf den dürren Ästen exponiert stehender Bäume. Sie sind damit von weither zu sehen – anders als bei anderen Eulenarten kommt es dabei jedoch nicht zum sogenannten „Hassen“ durch andere Vögel. Vögel erkennen normalerweise die typischen Erscheinungsmerkmale ihres Fressfeinds „Eule“ – gedrungene Gestalt, kugeliger Kopf, nach vorne gerichtete Augen – und reagieren darauf mit Alarmverhalten und gelegentlich sogar Attacken auf die entdeckte Eule. Bei der Sperbereule dagegen bleibt dies aus, da bei ihr diese Erscheinungsmerkmale weniger stark ausgeprägt sind.
Sperbereulen baden sehr gerne und regelmäßig mit großer Hingabe. Völlig durchnässt klettern sie dann mit Hilfe des Schnabels ins Geäst. Ein Baden in Sand oder Staub hat man bei Sperbereulen dagegen bisher nicht beobachtet.

Sperbereule (Zoo Ohrada)

Sperbereule (Zoo Ohrada)

Sperbereulen führen eine Einehe. Die Balzzeit beginnt in der Regel im März oder April. Das Nest wird meistens in hohle Baumstümpfe alter abgestorbener Fichten errichtet. Die Brutplätze befinden sich in der Regel zwei bis 10 Meter über dem Boden. Gelegentlich bezieht die Sperbereule auch verlassene Elsternester. Je nach Lebensraum und Nahrungsvorkommen legen sie 3-13 Eier, die 30 Tage bebrütet werden. In Zentral-Kanada werden die Eier von März bis Juni gelegt. In Neufundland tritt die Eiablage später ein, zwischen Mai und Juni. In Finnalnd kann jedoch die Eiablage zwischen März und Juni erst stattfinden. Das Weibchen brütet alleine, wobei sie vom Männchen mit Nahrung versorgt wird. Sobald die Jungen geschlüpft sind, werden sie von beiden Eltern versorgt. Etwa zwei Wochen hudert das Weibchen die Jungen, jedoch verlässt das Weibchen für lange Zeit, etwa fünf Stunden oder mehr, das Nest. In diesem Zeitraum jagt das Weibchen, während das Männchen die Jungen sorgfältig bewacht. Wenn sich natürliche Feinde, wie Greifvögel, dem Nest nähern, dann werden sie vehement vom Männchen verjagt. Sobald das die Jugendlichen eine Größe erreicht haben, unterliegen sie weniger der elterlichen Aufzucht und verlassen auch das Nest.
Das Ausfliegealter beträgt bei Bruten in sicheren Baumhöhlen bis zu 5 Wochen, bei offenen Nestern hingegen meist nur 3 bis 4 Wochen; es kann bei der Sperbereule jedoch ungewöhnlich breit streuen, was mit der zum Teil sehr hohen Jungenanzahl zu tun haben dürfte. (Mebs & Scherzinger, S. 370)
Mit 30 bis 32 Tagen können die Jungvögel erste kurze Flüge von einem Ast zum nächsten bewältigen. Bis in den Herbst hinein werden die Jungvögel vor allem vom Männchen mit Beute versorgt; das Weibchen mausert nach der Brutphase. Mit Beginn der Herbstbalz beginnen die Altvögel die Jungvögel aus dem Revier zu vertreiben; es beginnt aber auch der Wandertrieb der Jungvögel einzusetzen. Diese Jugendwanderung ist für alle Eulen typisch; bei Sperbereulen hat man im Nest beringte Vögel bis zu 1.800 Kilometer von ihrem Brutort wieder aufgefunden.

Für die nur wenig standorttreue Sperbereule ist es schwierig, Daten zur Sterblichkeitsrate der Jungvögel, der durchschnittlichen Lebenserwartung sowie zur allgemeinen Bestandssituation zu ermitteln. Die älteste beringte Sperbereule, die man wieder aufgefunden hat, hatte immerhin ein Lebensalter von 8,4 Jahren erreicht.
Stark schwankend ist die Bestandssituation in den einzelnen Jahren. Sind Wühlmäuse reichlich vorhanden, dann sind in Finnland bis zu 4.000 Brutpaare vorhanden. Bricht die Wühlmauspopulation jedoch zusammen, sind es manchmal nur noch 100 Paare, die dort zur Brut schreiten. Für das europäische Russland soll die Anzahl der Brutpaare zwischen 10.000 und 100.000 liegen. Für Norwegen, Schweden und Finnland wird der Bestand auf im Mittel etwas mehr als 8.000 Brutpaare geschätzt.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert