Portrait: Ringelnatter

Unterordnung: Schlangen (Serpentes)
Überfamilie: Colubroidea
Familie: Nattern (Colubridae)
Unterfamilie: Wassernattern (Natricinae)
Gattung: Europäische Wassernattern (Natrix)
Art: Ringelnatter (Natrix natrix)

Ringelnatter (Tierpark Hellabrunn)

Ringelnattermännchen erreichen in Deutschland durchschnittlich Gesamtlängen um 75 cm, Weibchen sind mit 85–152 cm deutlich länger. Längen von mehr als 110 cm werden von den Weibchen allerdings nur sehr selten erreicht.
Am Hinterkopf befinden sich zwei gelbe bis orangefarbene, halbmondförmige Flecken. Auf der meist grauen, teilweise auch bräunlichen oder grünlichen Oberseite befinden sich oftmals vier bis sechs Reihen kleiner schwarzer Flecken.
Schwärzlinge kommen vor, sie können an typischen Merkmalen der Beschuppung und Beschildung erkannt werden: Die Rückenschuppen der Ringelnatter sind gekielt (im Gegensatz zu denen der ähnlich aussehenden Äskulapnatter), der vor dem Auge liegende Schild (Präoculare) ist ungeteilt. Der Kopf ist oben mit großen Schilden bedeckt und individuell unterschiedlich deutlich (mitunter kaum ausgeprägt) vom Hals bzw. Rumpf abgesetzt. Die Pupillen sind rund.
Das Verbreitungsgebiet der Ringelnatter umfasst beinahe ganz Mittel- und Osteuropa, in Asien reicht es bis ins südliche Sibirien und den Mittleren Osten. Auf der Iberischen Halbinsel und im Südwesten Frankreichs wird die Ringelnatter von der Iberischen Ringelnatter abgelöst, im übrigen Frankreich, im Süden von England und in Italien von der Barrenringelnatter, deren Verbreitungsgebiet östlich bis ins deutsche Rheinland reicht. In den Alpen ist die Ringelnatter bis auf 2000 m, gelegentlich auch höher, zu finden. Der Nordrand des Verbreitungsgebiets verläuft über Schweden, Norwegen, Finnland zu den Nordküsten von Ladoga- und Onega-See im europäischen Teil Russlands. Außerhalb Europas reicht das Verbreitungsgebiet bis zum burhatischen Teil der Mongolei etwa 200 km östlich vom Baikalsee. Die Südgrenze verläuft durch die nordwestliche Mongolei, Nord-Xinjiang (China), durch Kasachstan, Turkmenien, den nördlichen Iran bis Syrien und vermutlich den nördlichen Libanon.

Ringelnattern bewohnen ein sehr weites Spektrum offener bis halboffener Habitate. Diese sind durch das Vorhandensein von Gewässern und Biotopmosaiken mit vielfältigen Vegetationsstrukturen gekennzeichnet. Trockene Winterquartiere, Eiablage- und Sonnenplätze sowie Jagdgebiete für die unterschiedlichen Altersklassen liegen teilweise eng nebeneinander, z. T. müssen die Schlangen im Jahreslauf größere Distanzen (≫ 1 km) überwinden. In solchen Fällen lassen sich im Gesamtlebensraum oft (wie bei einigen Amphibien) getrennte Feucht- (z. B. Sümpfe, Auen) und Landhabitate (Wälder und ihre Ränder, Gärten u. v. m.) ausmachen.
Typische Fundorte sind Bäche, Flüsse, Grabensysteme, Teiche und Seen, Feuchtwiesen, Moore, Sümpfe und deren jeweilige Umgebung. Auch in Laub- und Kiefernwäldern, an Bahndämmen, auf natürlichen (Bergland) und künstlichen (Halden) Hanglagen, Parks und Gärten werden Ringelnattern regelmäßig beobachtet.

Ringelnatter (Wilhelma)

Ringelnattern sind tagaktive Tiere. Ihre Körpertemperatur regulieren sie über ihr Verhalten, indem sie geeignete temperierte Bereiche wie Sonnen- und Schattenplätze oder das Wasser aufsuchen. Zusätzlich können sie ihre Körperoberfläche gezielt vergrößern (Abflachen beim Sonnen) oder verkleinern (Aufrollen in kühler Umgebung), um den Wärmeaustausch mit der Umgebung zu beeinflussen. Für eine effektive Thermoregulation sind strukturreiche Lebensräume, die viele unterschiedliche Temperaturen bieten, wichtig. Zeiten ungünstiger Außenbedingungen (Mittagshitze, Winter) verbringen Ringelnattern in geschützten Quartieren.
In Mitteleuropa endet die Überwinterung in der Regel im März oder April. Nach einer Phase des intensiven Sonnens beginnt etwa ab Ende April die Paarungszeit, die Frühjahrshäutung hat dann oftmals schon stattgefunden. Eiablagen erfolgen während des Sommers, der Schlupf von Ende Juli bis zum Herbst.
Bei „normalem“ Witterungsverlauf werden die Winterquartiere meist zwischen Ende September und Mitte Oktober aufgesucht. Als Winterquartier dienen Baue von Kleinsäugern, Hohlräume im Boden, in Felsen oder Bäumen sowie in Mauerwerk, Haufen aus organischen Materialien (Kompost, Mist, Stroh usw.) oder Steinen. Im Quartier wechseln die Schlangen teilweise zwischen verschieden tiefen Bodenschichten und reagieren so auf Änderungen der Außentemperatur.

Ringelnattern ernähren sich überwiegend von Amphibien. Teilweise stellt die Erdkröte das wichtigste Beutetier dar, andernorts bilden Frösche, insbesondere Braunfrösche, die Nahrungsgrundlage. Auch Kleinsäuger, Fische und Vögel sowie Eidechsen und Wirbellose werden immer wieder gefressen. Mit der Größe der Nattern steigt auch die Größe ihrer Beutetiere: Jungschlangen fressen vor allem Molche, junge Froschlurche und kleinere Kaulquappen, große Ringelnatter-Weibchen ernähren sich vor allem von den großwüchsigen Erdkröten-Weibchen. Größere Froschlurche werden von den Schlangen oft zunächst an einem, dann am anderen Hinterbein gepackt und nach und nach hinuntergeschlungen. Die Vorderbeine werden möglichst einfach nach vorne geklappt – wenn dies nicht gelingt, werden auch sie stückweise Richtung Kopf verschlungen. Die Beute wird optisch anhand ihrer Bewegungen und insbesondere über ihren Geruch erkannt, der beim Züngeln an das Jacobson-Organ übertragen wird.

Zwischen Ende April und Ende Mai finden die meisten Paarungen statt. Die Männchen werden wahrscheinlich von Sexualpheromonen der Weibchen angelockt, teilweise werben mehr als 20 Männchen um ein Weibchen. Beißereien zwischen den Konkurrenten kommen dabei nicht vor. Die Männchen versuchen mit zuckenden Bewegungen, sich an das Weibchen zu schmiegen. Wenn dieses Vorspiel erfolgreich war, umwindet der Schwanz des Männchens das Hinterende des Weibchens, es presst seine Kloake an die ihre. Ein Hemipenis dringt in die Kloake ein und schwillt dabei so stark an, dass er zunächst nicht wieder zurückgezogen werden kann. Bei Störungen wird der kleinere Partner (i. d. R. das Männchen) daher vom fliehenden Tier mitgeschleift. Die Kopulation kann mehrere Stunden andauern.
Die Eiablage erfolgt vor allem von Ende Juni bis Anfang August. Nach Möglichkeit legen die Weibchen die Eier in Substrate, in denen durch Verrottung organischen Materials Wärme frei wird, z. B. Mist-, Kompost- und Sägemehlhaufen, vermodernde Baumstümpfe, Binsen- und Schilfansammlungen. Teilweise wurden mehr als Tausend Eier gefunden, die in enger Nachbarschaft von verschiedenen Weibchen abgelegt worden waren.
Ein einzelnes Gelege umfasst häufig 10–30 Eier, die zu Klumpen verklebt sind. Die Eilänge beträgt in der Regel zwischen 23–40 mm, die Breite 13–20 mm. Die Masse liegt oft zwischen 4,5 und 5,5 g. Die Inkubationszeit kann bei Temperaturen von 28–30 °C nur 30–33 Tage betragen, sich aber bei ungünstigen Bedingungen über zehn Wochen oder mehr erstrecken. Entsprechend schlüpfen die Jungschlangen gewöhnlich zwischen Ende Juli und Ende September. Kopfbewegungen und der feine Eizahn am Schnauzenende helfen ihnen, die pergamentähnliche Eihaut von innen aufzuscheuern. Bei Störungen können sich halb ausgeschlüpfte Schlangen wieder in die Eihaut zurückziehen.

Im Zusammenhang mit deren Wachstum steht die regelmäßige Häutung der Schlangen. Bläulich-grau eingetrübte Augen sind Vorzeichen baldiger Häutung, verursacht durch die Ausschüttung proteolytischer Enzyme zwischen der alten, äußeren– und der neuen, sich erweiternden inneren Haut. Die Sehbehinderung lässt die Nattern sich verkriechen und die Kopfhaut mit den trüben Linsen aufscheuern. In diesem Stadium kann man Ringelnattern mit aufstehender Kopfhaut begegnen, was wahrscheinlich der Ursprung der sagenhaften «Krönchennatter» ist. Bleibt sie damit beim Kriechen an einem Hindernis hängen, wird es ihr möglich, an einem Stück aus ihrer alten Haut zu schlüpfen, wie wir einen Strumpf vom Bein streifen. Entsprechend sind in ihren Biotopen auch ganze Natternhäute («Natternhemden») samt Augenkalotten und der ganzen Schildervielfalt zu finden. Die vorerst noch dehnbare, neue Haut erscheint in frischen, kontrastreichen Farben.

Ringelnatter (Zoo Augsburg)

Ringelnattern sind sehr scheu, bei Störungen versuchen sie zu fliehen. Ist eine Flucht nicht möglich, lassen sie ihren Körper größer erscheinen (durch Aufblähen oder Abflachen), dabei kann der Vorderkörper aufgerichtet oder gebogen sein. Auch ein Aufrollen der Schlangen und Pendelbewegungen wurden als Abwehr beobachtet. Es folgen Zischen und Kopfstöße (Scheinbisse) in Richtung des Angreifers. Wirkliche Bisse kommen äußerst selten vor und sind für Menschen und Haustiere nicht bedrohlich. Gelegentlich wurde bei Menschen neben offensichtlich allergischen Reaktionen auch von akuten Schwellungen und Verfärbungen gebissener Bereiche berichtet, die nicht mit einer allergischen Reaktion zusammenhängen. Sie hängen wohl mit den Sekreten der Duvernoyschen Drüsen zusammen, Schmerzen traten jedoch keine auf.
Werden sie festgehalten, versuchen sich Ringelnattern durch heftiges Winden zu befreien, eine Entleerung des stark stinkenden Sekrets der Postanaldrüsen kommt dabei regelmäßig vor. Nicht selten ist ein Totstellen (Akinese/Thanatose) zu beobachten. Hierbei liegt die vollkommen schlaffe Ringelnatter mit geöffnetem Maul auf dem Rücken, teilweise tritt sogar etwas Blut aus dem Maul hervor.

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