Ordnung: | Unpaarhufer (Perissodactyla) |
Familie: | Pferde (Equidae) |
Gattung: | Pferde (Equus) |
Art: | Wildpferd (Equus ferus) |
Unterart: | Przewalski-Pferd (Equus ferus przewalskii) |
Das Przewalski-Pferd, Takhi oder Mongolisches Wildpferd genannt, ist die einzige Unterart des Wildpferds, die in ihrer Wildform bis heute überlebt hat. Benannt ist es nach dem russischen Expeditionsreisenden Nikolai Michailowitsch Przewalski, der 1878 von einer seiner Expeditionen nach Zentralasien Haut und Schädel der in der westlichen Welt weitgehend unbekannten und wissenschaftlich noch nicht beschriebenen Wildpferdart nach St. Petersburg mitbrachte.
Das Przewalski-Pferd war zum Zeitpunkt seiner wissenschaftlichen Erstbeschreibung bereits sehr selten. Das letzte freilebende Przewalski-Pferd wurde 1969 gesehen. Das Przewalski-Pferd ist jedoch bis heute erhalten geblieben, da einige Großgrundbesitzer und Zoos die Art in Gefangenschaft weiterzüchteten. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren es allerdings weniger als 40 Exemplare dieser Wildpferdform, die in menschlicher Obhut gehalten wurden. Lediglich im Prager Zoo und im Tierpark Hellabrunn kamen noch Fohlen dieser Wildpferdunterart zur Welt. Die Etablierung eines Zuchtbuches und die engagierte Arbeit einiger Zoos ließen die Anzahl der heute lebenden Tiere wieder auf 2.000 Individuen ansteigen. In mehreren Initiativen wird versucht, Przewalski-Pferde wieder in der freien Wildbahn zu etablieren. Das internationale Zuchtbuch wird in Prag geführt, das EEP-Zuchtbuch im Zoo Köln.
Przewalski-Pferde haben eine Widerristhöhe zwischen 134 und 146 Zentimeter und wiegen zwischen 240 und 300 Kilogramm. Hengste sind mit einer Widerristhöhe von 138 bis 146 Zentimeter etwas größer als die Stuten. Przewalski-Pferde entsprechen damit in ihrer Körpermasse einem kleinen bis mittleren Hauspferd. Der Körperbau wirkt wegen des breiten Rumpfes gedrungen. Der Hals ist kurz und dick, der Kopf wirkt im Verhältnis zum Körper groß und ist kastenförmig gestreckt. Im Profil ist die Kopflinie gerade bis deutlich geramst. Zu den Unterscheidungsmerkmalen zwischen Hauspferd und Przewalski-Pferd zählt, dass der Winkel zwischen der oberen und unteren Profillinie beim Przewalski-Pferd schärfer ausgebildet ist. Er beträgt bei erwachsenen Przewalski-Pferden 16° bis 18°30’, während Hauspferde einen Winkel von 25 bis 32 aufweisen. Die Oberlippe ragt etwas über die Unterlippe. Die Nüstern sind dunkel eingefasst. Die Ohrenränder sind innen und außen schwarz gesäumt.
Der Rücken ist gerade, die Kruppe ist sanft gerundet und nicht gespalten. Die Beine sind kräftig und derb. Wie Hauspferde weisen Przewalski-Pferde an den Innenseiten der Beine Kastanien auf, die an den Vorderläufen über den Handgelenken und an den Hinterläufen unter den Sprunggelenken sitzen.
Die Wildfänge, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gefangen wurden, weisen eine gewisse Variabilität bezüglich ihrer Fellfarbe auf. Neben solchen mit einer graugelben oder isabellfarbenen Fellfärbung waren auch einige rotbraune Exemplare darunter, die aber isabellfarbene bis weiße Beine sowie einen ebensolchen Unterleib hatten. Fotografien aus dem Jahre 1954, die von Wildpferdherden in der Mongolei gemacht werden konnten, zeigen solch unterschiedlich gefärbte Individuen auch innerhalb einer Herde auf. Sie sind ein Beleg dafür, dass die unterschiedliche Fellfärbung nicht der Hinweis auf eine weitere Unterart ist, sondern zur normalen Variabilität dieser Wildpferdform gehört. In der heutigen Erhaltungszucht herrscht ein verdunkelter Isabelltyp vor, der außerdem ein so genanntes Mehlmaul aufweist. Als Mehlmaul wird dabei die deutlich hellere Färbung der Schnauzenregion bezeichnet. Nach wie vor treten aber auch dunkelbraune oder rötlichfarbene Individuen auf sowie Individuen, bei denen dieses Mehlmaul fehlt.
Das Sommerfell der Przewalski-Pferde ist kurz und glatt. Das lange und wollige Winterfell wirkt dagegen struppig. Die Grannenhaare des Winterfells können eine Länge von fünf bis sieben, die Wollhaare eine Länge von 2,5 bis 3,5 Zentimetern aufweisen. Häufig weisen die Pferde dann einen kräftigen Kehl- und Backenbart und gelegentlich sogar eine Brustmähne auf.
Przewalski-Pferde weisen normalerweise einen dunklen Aalstrich auf, dessen Breite und Farbintensität individuell verschieden ist. Neben dem Aalstrich weisen die meisten Przewalski-Pferde außerdem Anzeichen eines sogenannten Schulterkreuzes auf. Dieses beginnt meist etwas vor dem Mähnenende am Vorderteil des Widerristes und zieht sich schräg nach vorn. Gelegentlich weisen Przewalski-Pferde auch Beinstreifen auf. Diese quer verlaufenden, braunen oder schwarzbraunen Binden finden sich insbesondere auf der Hinterseite der Vorderläufe.
Blessen oder Abzeichen treten bei Przewalski-Pferden gleichfalls ein. Sie sind kein Hinweis, dass sich in der Ahnenreihe des Wildpferdes Hauspferde finden.
Mähne und Schweifhaar sind dunkelbraun bis schwarz. Anders als Hauspferde wechseln Przewalski-Pferde normalerweise einmal jährlich das Mähnenhaar und das Haar am oberen Ende der Schwanzrübe. Die Form von Mähne schwankt deswegen abhängig von der Jahreszeit und der körperlichen Verfassung des Tieres. Körperliche fitte Przewalski-Pferde weisen im Hochsommer in der Regel eine kurze Stehmähne auf, die häufig von einer hellen Haarhülse umgeben ist. Im Profil betrachtet endet die Mähne in Höhe der Ohren, die Pferde weisen häufig keinen Stirnschopf auf. Kurz bevor das vorjährige Haar gewechselt wird, fallen einige der vorderen Mähnenhaare in die Stirn und häufig kippen die nun deutlich längeren Mähnenhaare auch zur Seite. Pferde, bei denen aufgrund körperlicher Einschränkungen oder Stress der Haarwechsel ausbleibt oder sich verzögert, weisen sehr häufig Kippmähnen und Stirnschopf auf. Werden die Pferde einzeln gehalten und fehlt damit die gegenseitige Haar- und Fellpflege, die den Haarwechsel unterstützt, weisen die Pferde ebenfalls häufig Kippmähnen und Stirnschopf auf.
Bei Przewalski-Pferden wachsen lange schwarze Schweifhaare nur an der unteren Schwanzrübenhälfte. Dies unterscheidet sie von Hauspferde, wo ab der Schwanzwurzel lange, harte Schweifhaare wachsen. Auf der oberen Schwanzrübenhälfte wachsen bei den Przewalski-Pferden zu beiden Seiten etwa fingerlange Haare. In der Mitte verläuft als Fortsetzung des Aalstrichs ein kurzhaariger Strich.
Das Przewalski-Pferd ist die östliche Form des Wildpferdes, das einst die gesamte eurasische Steppe besiedelte. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen Przewalski-Pferde vermutlich nur noch in der Dschungarei vor. Angaben über Fang- und Sichtungsorte aus dieser Zeit lassen sich einer Region zuordnen, die von 85 bis 95° O und 44 bis 50° N reichte. Zwischen 1903 und 1947, als das letzte Mal ein Wildpferd gefangen werden konnte, wurden keine Berichte über die Sichtung von Wildpferden publiziert. Erst in den 1950er und 1960er Jahren gab es wieder vereinzelte Sichtungsmeldungen. Die letzte Sichtung auf chinesischem Gebiet war in den späten 50er Jahren. 1969 wurden wildlebende Przewalski-Pferde von einer durch das biologische Institut der Akademie der Wissenschaften der Mongolei organisierten Expedition gesichtet. Das ist die bislang letzte Beobachtung. Alle Beobachtungen stammen aus der Region des Tachin-Schara-Nuru. Das Beobachtungsgebiet umfasst 93 bis 94° O und 45 bis 46° N.
Bei den Gebieten, aus denen die letzten Meldungen über Przewalski-Pferden stammen, handelt es sich um karge und windexponierte Hochebenen, deren Vegetation überwiegend aus dichten und hochwachsenden Saxaul (Haloxylon ammodendron) besteht. Daneben wachsen dort unter anderem auch Tamarisken (Salicornia herbacea), die Wermutart Artemisia incana, die Grasarten Lasiagrostis splendens und Stipa orientalis, Tulipa uniflora und Rheum leucorhizum. Dort wo der Boden eine höhere Salzkonzentration aufweist, findet sich Reaumuria soongorica. Die Landschaftsstruktur ist stark wellenförmig. Der Boden ist hart und kiesig bis steinig.
Die Tagestemperaturen unterliegen Schwankungen bis zu 25 Grad, da auch im Sommer die Nächte sehr kalt sind. Der Januar ist der kälteste Monat mit Durchschnittstemperaturen von -15 bis -18 Grad. In den Sommermonaten kann die Lufttemperatur bis zu 40 Grad betragen. Die wenigen Niederschläge fallen überwiegend in den Sommermonaten und übersteigen selten mehr als 100 mm pro Jahr. Zu den Säugetieren, die in dem Lebensraum des Przewalski-Pferdes gleichfalls vorkommen, zählen unter anderem Dschiggetai (Mongolischer Halbesel), Saiga-Antilope und Wolf.
Das karge Futterangebot zwingt die Przewalski-Pferde zu ausgedehnten Wanderungen. Während sie in den Wintermonaten ihren Wasserbedarf auch durch Schnee decken können, halten sie sich im Sommer in der weiteren Umgebung von Wasserstellen auf. Sie kehren in der Regel täglich zu den Wasserstellen zurück, da sie im Extremfall höchstens vier Tage ohne Wasser bleiben können.
Przewalski-Pferde sind Kulturflüchter, die sich auf Grund der Bejagung durch den Menschen sowie eine zunehmende Nahrungskonkurrenz mit Haustieren auf immer kargere Standorte zurückzogen. So entspricht die Dschungarei, in denen Przewalski-Pferde zuletzt gesichtet wurden, mit ihrem kargen Nahrungsangebot und ihren wenigen Wasserstellen nicht einem optimalen Wildpferdhabitat. Auch in diesem Refugium wurden Przewalski-Pferde jedoch zunehmend bedrängt. So begannen mongolische Hirten in den 1960er Jahren während des Sommers in den Gebirgstälern des Tachin-Schara-Nuru ihre Herden zu weiden. Entsprechend mieden Wildpferde diese Region und hielten sich während des Sommers in der dschungarischen Gobi auf. Erst während des Winters wechseln sie in die Tachin-Schara-Nuru.
1948 und 1956 ereigneten sich in der Region zwei harte Winter, in der die dort ansässigen Nomaden einen großen Teil ihrer Viehbestände verloren, weil diese nicht mehr ausreichend Nahrung fanden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Winter sich auch auf die Bestände der Przewalski-Pferde negativ auswirkten. Gleichzeitig nahm der Jagddruck auf die Wildpferde zu. Die chinesische Regierung siedelte in der Grenzregion Kazakhs an, die überwiegend von der Jagd lebten und regelmäßig auch Pferdefleisch aßen. Die Viehverluste, die die anderen nomadischen Volksgruppen in Folge der strengen Winter erlitten hatten, ließen diese ebenfalls ihre Jagd intensivieren. Gleichzeitig stieg der Jagderfolg, da die moderneren Gewehre eine höhere Reichweite hatten und mit ihnen mehrere Schuss abgegeben werden konnten. Przewalski-Pferde waren gegen Ende der 1960er Jahre in freier Wildbahn vermutlich ausgestorben.
Das Verhaltensrepertoire von Przewalski-Pferden ist in den letzten 100 Jahren verschiedentlich mit dem von Hauspferden verglichen worden. Die Untersuchungen sollten unter anderem Aufschluss darüber geben, inwieweit die Domestikation einen Einfluss auf das Verhalten hat.
Grundsätzlich gilt, dass das Verhaltensrepertoire von Przewalski-Pferden dem des Hauspferdes gleicht, wenn diese unter natürlichen Bedingungen gehalten werden. Sehr früh konnte bewiesen werden, dass Przewalski-Pferde „zähmbar“ sind. In Askania Nova sind beispielsweise einzelne Przewalski-Hengste eingeritten worden. Verglichen mit Hauspferden haben Przewalski-Pferde jedoch ein höheres Aggressionsniveau. Stuten haben beispielsweise wiederholt artfremde Jungtiere angegriffen und diese zu Tode gebissen oder getrampelt. Hengste zeigen eine hohe Bereitschaft, mit anderen Hengsten zu kämpfen, und verteidigen bei der Haltung in zoologischen Gärten ihre Herde auch gegenüber ihnen vertrauten Personen. Bei Kreuzungen mit Hauspferden vererbt sich dieses Aggressionsniveau auch auf die Nachkommen. Von weiteren Kreuzungen zwischen Hauspferdrassen und Przewalski-Pferden hat man deshalb abgesehen.
Przewalski-Pferde leben entweder in reinen Hengstgruppen oder in kleinen, von einem Hengst geführten Familiengruppen zusammen. Familiengruppen bestehen in der Regel aus fünf bis zwanzig Pferden. Hengstgruppen sind ähnlich groß, ihre Zusammensetzung und damit auch die Herdengröße unterliegen deutlich stärkeren Veränderungen als die der Familiengruppen.
Przewalski-Pferde sind grundsätzlich sehr scheu. Berichte von Fangexpeditionen wie der der Gebrüder Grum-Grzhimailo aus dem Jahre 1889 schildern, wie die Herden Bodenwellen nutzten, um sich den Blicken ihrer Verfolger zu entziehen, dass der Leithengst einer verfolgten Herde von Przewalski-Pferden die einzelnen Herdenmitglieder durch Tritte zur Flucht in die von ihm gewünschte Richtung antreibt, sich stets zwischen der Herde und den Verfolgern hält und sich letztlich den Verfolgern zum Kampf entgegenstellt.
Beim Kampf gegen Feinde und Nebenbuhler und auch beim Zusammentreiben nimmt der Hengst eine Drohhaltung ein, bei der die Ohren angelegt sind, der Kopf mit gestreckten Hals zum Boden gesenkt ist und die Zähne entblößt sind. Gegnerische Hengste umschleichen sich mit dieser Kopfhaltung, um dann abrupt aufeinander loszugehen mit dem Ziel, das andere Pferd niederzurennen und zu beißen. Geschlechtsreif gewordene Junghengste werden grundsätzlich von dem Leithengst aus der Herde vertrieben. Stuten, die sich dem Hengst widersetzen, werden von ihm meistens in den Mähnenkamm und seltener in die Beine gebissen. Stuten greifen sich gelegentlich zwar auch mit angelegten Ohren und entblößten Zähnen an. Sie tragen ihre Konflikte in der Regel aus, indem sie einander durch Auskeilen mit den Hinterhufen attackieren.
Unter den zu Beginn des 20. Jahrhunderts importierten Wildfängen gab es einen Hengst und eine Stute, die sich jeweils im vierten Lebensjahr erfolgreich fortpflanzten. Die übrigen Wildfänge waren deutlich älter, als sie das erste Mal Nachkommen zeugten. Ein Hengst und eine Stute hatten ihr zehntes Lebensjahr bereits deutlich überschritten, als sie das erste Mal erfolgreich zur Nachzucht kamen.
In der achten Zuchtgeneration sind Przewalski-Pferde deutlich früher geschlechtsreif als die Wildfänge. Hengste sind bereits im 25. Lebensmonat in der Lage, eine Stute erfolgreich zu decken. Stuten sind ab ihrem vierzehnten Lebensmonat empfangsfähig. Zu der früheren Geschlechtsreife tragen vermutlich die bessere Ernährungslage und die unter Gefangenschaftsbedingungen anderen sozialen Beziehungen bei. Bei körperlich nicht vollentwickelten Eltern ist jedoch die Fohlensterblichkeit höher als im Durchschnitt. Die Trächtigkeitdauer bei Przewalski-Pferden liegt zwischen 47 und 51 Wochen. Tendenziell werden Hengstfohlen länger ausgetragen als Stutfohlen.
In der freien Natur lebende Przewalski-Pferde brachten vermutlich ihre Jungtiere zwischen Ende April bis Anfang Juli zur Welt. Fohlen, die in anderen Monaten zur Welt kamen, hatten wegen des dann ungünstigeren Klimas beziehungsweise der schlechteren Ernährungsmöglichkeiten eine deutlich geringere Überlebenschance.
Die Entwicklungslinien zwischen Hauspferd und Przewalskipferd haben sich schon vor 120.000 bis 240.000 Jahren getrennt. Hauspferde sind erst viel später domestiziert worden und stammen deshalb nicht von Przewalski-Pferden ab.
Die über weite Gebiete Eurasiens verbreiteten Wildpferde waren eine der Charakterarten der spätpleistozänen Kaltsteppen-Huftierfauna. Ihr ursprünglich großes Verbreitungsgebiet reduzierte sich signifikant, als sich im Frühholozän durch die einsetzenden Klimaveränderungen die eiszeitlichen Steppen wieder bewaldeten. Die an weitgehend baumfreie Steppen und Tundren angepassten Wildpferde wurden deshalb sowohl im Mesolithikum als auch im Neolithikum zunehmend seltener. Wildpferde lebten noch in Zentraleuropa, in den Tieflandgebieten Mitteleuropas, möglicherweise auch im Gebiet des heutigen Spaniens sowie in den Steppen des heutigen Russlands und der Ukraine.
Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass in diesem großen Verbreitungsgebiet nicht nur eine Wildpferdform auftrat. Es ist allerdings noch nicht hinreichend untersucht, welche innerartliche Variabilität für Wildpferde charakteristisch war und wo die Verbreitungsgrenzen der einzelnen Unterarten verliefen. Allgemein anerkannt sind zwei Wildpferdformen: Das Przewalski-Pferd gilt gemeinhin als die östliche Form des Wildpferdes. Daneben existierte mit dem Tarpan eine weitere Wildpferdform. Diese war bis Ende des 19. Jahrhunderts noch in den Steppengebieten der Ukraine zu finden und wurde dann durch Bejagung ausgerottet. Ob die in prähistorischen Zeiten in West- und Nordeuropa vorkommenden Wildpferde diesen beiden Formen angehörten oder ob daneben weitere Formen und vielleicht sogar weitere Arten existierten, ist strittig.
Die erste Person aus westlichen Kulturkreisen, die von einer Begegnung mit Przewalski-Pferden berichtete, ist John Bell, ein schottischer Arzt im Dienste des Zaren Peter I.. Er reiste von Sankt Petersburg aus nach Peking und erwähnte die Wildpferde in einem 1763 veröffentlichten Buch. Sein Bericht blieb jedoch weitgehend unbekannt. Carl von Linné berücksichtigte das Przewalski-Pferd in seinem Systema Naturae nicht. 1841 beschrieb ein C. H. Smith in einem Werk über Pferde einen Asinus equuleus, der in Kalkutta gezeigt wurde und aus der Mongolei stammte. Die Beschreibung entspricht der eines Przewalski-Pferdes und ist damit die vermutlich erste wissenschaftliche Beschreibung dieser Wildpferdform. Da es jedoch kein Museumsexemplar gibt, mit dem mit Sicherheit belegt werden kann, dass sich Smith auf diese Wildpferdform bezieht, hat die wissenschaftliche Bezeichnung przewalski nach wie vor Vorrang vor equuleus.
Die mit der „Entdeckung“ dieser Wildpferdform gewöhnlich in Verbindung gebrachte Person ist der russische Expeditionsreisende Nikolai Michailowitsch Przewalski. Przewalski hielt sich von Ende Oktober 1877 bis Anfang April 1878 in der Stadt Zajsan auf. Während seines Aufenthaltes erhielt Przewalski vom Kommandanten des russischen Grenzpostens regelmäßig Häute und Skelettteile von Tieren, die von russischen Soldaten geschossen worden waren. Darunter befand sich auch die Haut und der Schädel eines etwa 14- bis 17-Monate alten Wildpferdes. Nach heutigem Wissensstand wurde dieses Pferd in der östlichen Dschungarei geschossen.
Przewalski wurde im Frühjahr 1878 nach St. Petersburg zurückbeordert. Dort übergab er dem zoologischen Museum seine Sammlung an Exponaten. Die Haut und der Schädel des Wildpferdes wurden zunächst als die Überreste eines Tarpans eingeordnet. 1881 veröffentlichte der zum Forschungsstab dieses Museums gehörende Iwan Semjonowisch Poljakow die Erstbeschreibung der Art Equus przewalskii. Bereits 1880 hatte Nikolai Przewalski nach der Rückkehr von seiner dritten Expeditionsreise berichtet, dass er zweimal Wildpferdherden beobachtete.
Die Przewalki-Pferde, die heute in Gefangenschaft gehalten werden beziehungsweise zwischenzeitlich ausgewildert wurden, lassen sich alle auf eine geringe Anzahl von Wildpferdfohlen zurückzuführen, die zwischen 1899 und 1904 gefangen wurden. Den ersten Anstoß für Fangaktionen gab der Privatsammler Friedrich von Falz-Fein. Die Jagdexpeditionen organisierte ein in Bijsk, Gouvernement Tomsk, ansässiger Kaufmann mit Nachnamen Assanow, der die Fohlen nicht nur an Privatliebhaber wie Friedrich von Falz-Fein weiterverkaufte, sondern auch an andere Tierhändler und Zoos. Die meisten Wildpferde, die nach Westeuropa gelangten, wurden durch Carl Hagenbeck eingeführt. Hagenbeck rüstete in dieser Zeit mehrere Fangexpeditionen nach Inner- und Mittelasien aus und fing während dieser Zeit auch Wildpferde. Er kaufte darüber hinaus von dem Kaufmann Assanow eine große Anzahl von Wildpferden ein.
Die Fangweise war aus heutiger Sicht brutal. Meist wurden die erwachsenen Stuten einer Herde abgeschossen, um dann die führungslosen Fohlen und Jährlinge einzufangen. Für die noch von Muttermilch abhängigen Fohlen hatte man Hauspferdammen mitgebracht, deren Fohlen man tötete, damit sie die Przewalski-Fohlen annahmen. Trotzdem starben die ersten gefangenen Pferde alle kurz nach ihrem Einfang. Erst 1899 gelangten die ersten gefangenen Tiere lebend auf das Gut Askania Nova von Friedrich von Falz-Fein.
Zwischen 1899 und 1903 gelangten insgesamt 54 Einzeltiere an Zoologische Gärten und Privatliebhaber. Von den 24 Hengsten und 30 Stuten starben eine große Anzahl von Tieren, teilweise noch bevor sie die Geschlechtsreife erreichten. Nur zwölf davon hatten nachweislich Nachkommen.Zählt man noch die mongolische Hausstute hinzu, die von einem Przewalski-Hengst gedeckt wurde und deren Sohn in Halle als Deckhengst für die dort gehaltenen Przewalski-Stuten genutzt wurde, stammt die gesamte heutige Population von insgesamt 13 Pferden ab.
Unter den heute bestehenden Przewalski-Zuchten hat Prag die längste Tradition. 1921 und 1923 hielt Prag aus dem Haustiergarten des Landwirtschaftlichen Institutes Halle insgesamt drei Pferde, die den Grundstock der Zucht bildeten. In diese Linie war jedoch einmal eine Mongolenstute eingekreuzt worden. In Hellabrunn, wo man mit der Przewalski-Zucht etwas später als in Prag begann, wurden neben der sogenannten Prager Zuchtlinie auch Pferde aus der Askania-Linie gezüchtet. Die wichtige Zuchtlinie im ukrainischen Askania Nova erlosch in den Kriegs- und Besatzungsjahren 1941 bis 1943. Die Zucht wurde dort 1949 neu begründet. Basis der neuen Askanier-Linie war eine Stute, die als letztes Wildpferd in freier Natur gefangen wurde, zwei Stuten aus der Prager Zucht sowie ein Hengst aus der Zucht des Tierparks Hellabrunn. Das Erbgut aller in Gefangenschaft gehaltenen Przewalski-Pferde ist durch mongolische Hauspferde beeinflusst.
Das internationale Zuchtbuch der Rasse wird heute in Prag geführt. Initiatorin des Zuchtbuches war Erna Mohr, eine der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Zoologischen Museums in Hamburg. Im Rahmen ihrer Arbeit an einer Monographie über das Przewalski-Pferd ermittelte sie, dass sich zu Beginn des Jahres 1956 nur noch 41 Pferde in menschlicher Obhut befanden und diese Tierart damit von Aussterben bedroht war. Auf ihre Initiative hin lud der Zoologische Garten in Prag im Herbst 1959 zum ersten Internationalen Symposium zur Rettung des Przewalski-Pferdes ein. 1980 war die Anzahl der in Gefangenschaft gehaltenen Tiere auf 416 gestiegen, 1994 betrug sie etwa 1.400.
Seit den 1990er Jahren laufen mehrere Projekte zur Wiederansiedelung von Przewalski-Pferden in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet. 1992 wurden die ersten Tiere in den Südwesten der Mongolei geflogen und ab 1997 in die freie Wildbahn entlassen. Die Ansiedelung in der Gobi erwies sich aufgrund des geringen Nahrungs- und Wasserangebotes jedoch als schwierig.
Nachdem die ersten ausgewilderten Przewalski-Pferde unter Krankheiten litten, wurde 1999 die International Takhi Group (ITC) gegründet, die seither das Projekt leitet. Der Dezimierung durch Piroplasmose begegnet man inzwischen durch Impfung.
Im extrem harten Winter 2000/2001 starben 20 der bis dahin 60 Tiere. Bis 2005 war der Bestand wieder auf fast 100 Exemplare angewachsen. Im Wildpark Langenberg im Kanton Zürich werden die Tiere auf den Transport vorbereitet. Dort hat man die Takhis per Satellit beobachtet und herausgefunden, dass die Tiere auch nachtaktiv sind. Sie kommen inzwischen mit den extremen klimatischen Bedingungen und der Wasserknappheit in der mongolischen Wüste sehr gut zurecht.
Erfolgreicher war das Projekt Khustain Nuruu („Birkenberg“) im Zentrum der Mongolei, welches gemeinsam von der Mongolischen Gesellschaft für den Erhalt von Natur und Umwelt (MACNE) und der niederländischen Stiftung für Erhalt und Schutz der Przewalski Pferde (FPPPH) betrieben wird. Das Schutzgebiet Khustain Nuruu besteht aus hügeliger Steppe und bietet gute Weidegründe und Wasserstellen. Zwischen 1992 und 2000 wurden hier insgesamt 84 Tiere ausgesetzt, welche sich gut vermehrt haben. Der Bestand der wildlebenden Przewalski-Pferde in Khustain Nuruu betrug 2005 fast 200 Exemplare.
Die Przewalski-Bestände in der Mongolei werden allerdings weiterhin durch kleinere Auswilderungsaktionen aus europäischen Zoos ergänzt.
Przewalski-Pferde werden auch in der Hortobágy-Puszta in Ungarn ausgewildert. Diese Puszta ist das größte mitteleuropäische Steppengebiet und dehnt sich über 100.000 Hektar aus. Gemeinsam mit dem Kölner Zoo und der Nationalparkverwaltung von Hortobágy wird hier eine Population von Przewalski-Pferden mit natürlicher Alters- und Geschlechtsstruktur aufgebaut. Man möchte hier viel über ihre Nahrungsökologie und ihre soziale Organisation lernen. Aus diesem Projekt erhofft man sich, wesentliche Erkenntnisse zu gewinnen, die die Wiedereinbürgerung in der Mongolei unterstützen. Die Anpassungsschwierigkeiten, die die aus der Zootierhaltung stammenden Tiere an die Gegebenheiten in Hortobágy hatten, zeigten auch, dass die in der Zootierhaltung erwünschten Eigenschaften wie verminderter Fluchttrieb und Aggressivität die Tiere bei der Auswilderung beeinträchtigen. Während bei den ehemaligen Zootieren deshalb große Eingewöhnungsschwierigkeiten auftraten, haben sich die in Hortobágy geborenen Fohlen gut an ihre natürlichen Lebensraumbedingungen in der ungarischen Steppe angepasst.
Ebenfalls ausgewildert wurden Przewalski-Pferde in der heute nahezu menschenleeren Sperrzone um das ukrainische Kernkraftwerk Tschernobyl.