Ordnung: | Paarhufer (Artiodactyla) |
Familie: | Hornträger (Bovidae) |
Unterfamilie: | Antilopinae |
Tribus: | Ziegenartige (Caprini) |
Gattung: | Schafe (Ovis) |
Art: | (Armenisches) Wildschaf (Ovis gmelini) |
Unterart: | Hausschaf (Ovis gmelini aries) |
Das Ouessantschaf, auch Bretonisches Zwergschaf, ist die kleinste Schafrasse Europas. Es hat seinen Namen von der Île d’Ouessant, einer 15,6 Quadratkilometer großen, baumlosen, französischen Atlantik-Insel. Ouessantschafe werden meist in kleinen Gruppen als Hobbytiere gehalten und sind inzwischen über große Teile Europas verbreitet. Die genügsamen Schafe gibt es in unterschiedlichen Farben.
Das Schaf ist klein, relativ hochbeinig und hat – von oben gesehen- einen rechteckigen Körperbau. Der Kopf ist fein und gleichmäßig bei den Böcken leicht geramst. Weibliche Tiere sind hornlos, männliche gehörnt. Die Hörner haben eine einzige Windung großen Durchmessers mit gutem Abstand zum Kopf. Die Ohren sind klein, kurz und leicht aufgerichtet. Die Oberlinie ist gerade, das Becken groß, der Schwanz endet kurz über dem Sprunggelenk.
Ouessantschafe haben ein halbgeschlossenes, mischwolliges Vlies mit sehr feiner Unterwolle. Bei den Böcken ist eine Krawattenbildung durch vermehrtes Auftreten von Grannenhaar im Bereich des Unterhalses, Nackens und der vorderen Oberschenkel erwünscht. Ausgewachsene Tiere dürfen am Widerrist nicht mehr als 49 cm (männliche) bzw. 46 cm (weibliche) messen. Die Mehrheit der Ouessantschafe (> 70 %) ist schwarz, es gibt aber auch graue, weiße, braune und schimmelfarbende Tiere. Die Färbung soll das gesamte Jahr einheitlich einfarbig sein. Die Krawatte kann bei gleicher Farbe dunkler sein, Hörner und Klauen sind bei weißen Tieren hell und bei dunklen dunkel.
Schwarz ist die ursprüngliche Farbe des Ouessantschafes. Der Fachausdruck in der Vererbungslehre ist nonagouti.
Graue Tiere wurden bereits im 19. Jahrhundert auf der Insel erwähnt, in Frankreich werden graue Schafe als schwarze geführt, da es sich genau genommen um schwarz mit verklumpter Pigmentgranular handelt. Der Effekt entsteht durch ein Verdünnungsgen – wissenschaftlich dilute.
Weiße Tiere sind seit Ende des 19. Jahrhunderts durch historische Postkarten belegt. Die Herkunft ist nicht vollständig geklärt. Da auf dem Festland bereits deutlich früher weiße Heideschafe bekannt waren, kann man annehmen, dass diese Tiere an der Entstehung beteilig waren. Die früheste nachweisbare Einfuhr von Schafen vom Festland auf die Insel ist erst Anfang des 20. Jahrhunderts datiert. Bei weißen Ouessantschafen kann es zu rötlicher Färbung insbesondere im Nacken, am Schwanz und den Beinen kommen. Genetiker benutzen die Bezeichnung agouti white and tan.
Nach heutiger Erkenntnis lassen sich alle braunen Schafe auf den Stamm Nord zurückführen. In der Bretagne kommen ursprünglich keine braunen Tiere vor. Wer in der Bretagne von braunen Tieren spricht, meint in der Regel durch Sonnenlicht ausgeblichene schwarze Tiere. Die Farbgebung wird durch den Braun-Locus bestimmt.
Der Farbschlag schimmel ist in den Niederlanden entstanden. Hier wurden in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Romanov- und Finnschaf eingekreuzt. Man spricht auch von agouti grey, vereinfacht gesagt ist bei einem Teil der Wollfasern die Farbe abgeschaltet. Schimmel können optisch von weiß bis fast ganz schwarz erscheinen. Dieser Farbschlag ist im Ursprungsland Frankreich nicht anerkannt.
Über die Entstehung der Rasse gibt es keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen, sondern lediglich Vermutungen. Die Insellage und die karge Vegetation können zur Verzwergung dieser Schafrasse beigetragen haben, jedoch hatte vermutlich auch die Nutzung und die damit verbundene Zuchtwahl durch den Menschen einen bedeutenden Einfluss: Die Schafe wurden auf der Insel von März bis Ende September angepflockt, den Rest des Jahres konnten sich die Tiere frei auf den Weiden bewegen. Eventuell wurden kräftige Bocklämmer nicht mit den Schafen „befreit“, sondern geschlachtet, die kleinen und schwachen Bocklämmer ließ man, in der Hoffnung sie später schlachtreif einzufangen, mit frei.
Zwischen 1930 und 1940 verschwand das Ouessantschaf völlig von der Insel und wäre im Verlauf des letzten Jahrhunderts fast völlig ausgestorben. Ursache für den Rückgang war die Einkreuzung größerer Schafrassen. Einigen Liebhabern auf dem bretonischen Festland, die die Tiere im primitiven Typ weiterzüchteten, ist das überleben der Rasse zu verdanken. In den 1970er Jahren sind die letzten Bestände aufgespürt worden. Unter Federführung von Paul Abbé wurde 1976 die G.E.M.O. (Groupement des Eleveurs de Moutons d’Ouessant) gegründet. Mit den Tieren der vier Ursprungsherden (Morbihannaise, Vendéenne, Jardin des plantes de Paris und Nord) wurde eine Erhaltungszucht begonnen.
1977 waren der G.E.M.O. 486 Tiere der Rasse bekannt. Bei der Viehzählung der G.E.M.O., in den Herdbüchern der F.O.S. (Niederlande), sowie der deutschen Landesschafzuchtverbände sind im Jahr 2006 ca. 9500 Tiere registriert worden. Des Weiteren gibt es noch zahlreiche nicht registrierte Bestände, so dass man von einem Bestand von mehr als 15.000 Ouessantschafen ausgehen kann. Nach den Niederlanden (FOS) ist Frankreich (GEMO) der Schwerpunkt in der Zucht sowie Haltung des Ouessantschafes. In Belgien (BOV), Deutschland (IGOU) und Großbritannien (OSS) gibt es zahlenmäßig kleinere Züchtervereinigungen. Einzelzuchten bzw. -halter gibt es inzwischen in der Schweiz, Österreich, Tschechien, Lettland, Dänemark, Spanien, Portugal sowie vermutlich noch weiteren europäischen Staaten.
Während bei den bretonischen GEMO-Züchtern der Erhalt dieser alten Rasse als wertvolles genetisches Potenzial sowie die Bedeutung als lebendiges kulturhistorisches Erbe im Vordergrund steht. Haben in den Niederlanden Halter mehr Bezug zu dem Individuum, das ähnlich wie eine Katze zur Familie gehört und nebenbei noch den Garten schmückt. Ebenso trifft man passionierte Züchter, die Freunde an der Zucht an sich haben; wegen der geringen Größe, bietet sich die Rasse hierfür selbst auf relativ kleinen Flächen an. Die Nutzung als ökologischer Rasenmäher ist weit verbreitet. Ein Einsatz als Therapietier ist ebenfalls möglich. In Deutschland sind alle genannten Gründe anzutreffen, wobei das Haustier, das den Rasenmäher ersetzt die größte Verbreitung hat.
Obwohl das Ouessantschaf eigentlich keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat, gewinnt in Frankreich die kommerzielle Nutzung als Landschaftspfleger wieder an Bedeutung.
Beide Geschlechter können das ganze Jahr zusammen gehalten werden, da die Schafe eine recht strenge Brunftzeit haben. Aus züchterischer Sicht sind die Trennung nach Geschlecht und eine gezielte Zuteilung in der Deckzeit sinnvoll.
Unterstände werden von den Tieren gerne als Regen und Sonnenschutz aufgesucht. Solange nicht zu viel Schnee liegt können die Tiere ganzjährig draußen gehalten werden. Der Flächenbedarf ist je nach Standort unterschiedlich, es sollten aber nicht weniger als 1000m² sein, auf dieser Fläche lassen sich drei Tiere halten. Mit der Menge des zuzukaufenden Heus kann man die Standortunterschiede ausgleichen. Die Schafe verfügen über gute Muttereigenschaften und eine gute Milchleistung, Lammverluste treten selten auf. Eine Erstzulassung mit sieben Monaten ist möglich in der Regel kommen von März bis Mai Einzellämmer zur Welt. Zwillingsgeburten sind selten und werden nicht angestrebt. In Ausnahmen reicht die Lammzeit von Februar bis September in sehr seltenen Fällen sind zwei Lammung in einem Jahr vorgekommen, auch das ist kein angestrebtes Zuchtziel.