Unterklasse: | Höhere Säugetiere (Eutheria) |
Überordnung: | Laurasiatheria |
Ordnung: | Unpaarhufer (Perissodactyla) |
Familie: | Tapire (Tapiridae) |
Gattung: | Tapire (Tapirus) |
Art: | Mittelamerikanischer Tapir (Tapirus bairdii) |
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von rund 200 cm, einer Körperhöhe von bis zu 120 cm und einem Gewicht von 150 bis zu 300 kg ist der Mittelamerikanische Tapir oder Baird-Tapir nicht nur der größte neuweltliche Tapir, sondern auch das größte wildlebende Säugetier der amerikanischen Tropen (Neotropis). Er sieht dem Flachlandtapir sehr ähnlich, ist aber größer und hat eine kürzere Nackenmähne. Die Haut ist vor allem im hinteren Körperbereich sehr dick. Das Fell zeichnet sich durch eine dunkelbraune Tönung aus, die Wangen und die Kehle sind markant gelblich-grau. Wie für Tapire typisch hat der Mittelamerikanische Tapir einen schwerfällig wirkenden Körperbau mit schlanken, aber kräftigen Beinen. Die Vorderfüße enden in vier und die Hinterfüße in drei Zehen, der Schwanz ist nur ein kurzer Stummel. Das Gesicht ist wie bei allen Tapiren durch den kurzen Rüssel charakterisiert.
Der Schädel des Mittelamerikanischen Tapirs ist rund 40 cm lang und relativ schmal. Im Gegensatz zum Flachland- und zum Bergtapir besitzt dieser aber keinen ausgeprägten Scheitelkamm, sondern seitlich an der Gehirnkapsel ansetzende knöcherne Erhebungen (parasagittale Rücken), zwischen denen sich eine flache Scheitelebene befindet. Das Hinterhauptsbein weist eine eher rechtwinklige Form auf und ist kurz. Ebenso ist das Nasenbein, welches sich für Tapire typisch weit hinter dem Zwischenkieferknochen befindet, deutlich gekürzt und gehört zu den am stärksten reduzierten unter allen Tapiren. Die Reduktion einzelner Knochen des vorderen Gesichtsbereiches ist ein Resultat aus der Entwicklung des Rüssels, der eine Verschmelzung der Nase mit der Oberlippe darstellt.
Der Unterkiefer ist bis zu 31 cm lang und weist einen eher niedrigen Knochenkörper auf.
Der Sehsinn ist beim Mittelamerikanischen Tapir wie bei allen Tapirarten eher schlecht, das Gehör funktioniert dagegen sehr gut. Die Hauptkommunikation findet allerdings olfaktorisch über die Nase statt. Um Artgenossen in größerer Distanz auf sich aufmerksam zu machen, nutzt der Tapirvertreter ein hohes, schrilles Pfeifen. Auch verschiedene Alarm- oder Stresslaute sind bekannt.
Der Mittelamerikanische Tapir ist vom südlichen Teil Mexikos über Mittelamerika bis in das nordwestliche Kolumbien am Westfuß der Anden verbreitet. Eine häufig angenommene Besiedlung der Küstenregionen Ecuadors in historischer Zeit konnte jüngeren Untersuchungen zufolge nicht bestätigt werden. Dabei kommt er unter anderem in den Flachlandregionen des Petén und der Halbinsel Yucatán vor, wo sein Lebensraum bevorzugt tropische Regenwälder umfasst. In der mittelamerikanischen Gebirgslandschaft ist er aber auch bis in eine Höhe von 3600 m über dem Meeresspiegel nachweisbar. Hier bewohnt er überwiegend Bergnebelwälder, die teils sehr feucht sind und einen Jahresniederschlag von bis zu 2.600 mm besitzen. Allerdings werden auch Sekundärwälder und teils Buschlandschaften besiedelt. Die Tapirart ist häufig in der Nähe von Gewässern zu finden.
Die Populationsdichte des Mittelamerikanischen Tapirs ist relativ gering, In der Regel kommt nur ein Tier auf 4 km² vor, gebietsweise sogar nur auf 20 km². Die geringe Populationsdichte geht auf die deutlich zersplitterten und weit über Mittelamerika verstreuten Lebensräume zurück, die durch die Expansion der menschlichen Besiedlungen geschaffen wurden.
Wie alle Tapire ist der Mittelamerikanische Tapir ein nachtaktiver Einzelgänger, der sich tagsüber ins Dickicht zurückzieht. Er kann gut schwimmen und wühlt oft im Schlamm. Tapirgruppen kommen nur in der Brunftzeit oder als Mutter-Jungtier-Beziehung vor. Die Vertreter des Mittelamerikanischen Tapirs leben territorial in Revieren. Jene der Männchen sind dabei durchschnittlich 1,5 km² groß, die der Weibchen mit 1 km² nur wenig kleiner. Dabei überlappen sich die Areale teilweise an den Grenzen. Die Variation der Größe eines Territoriums über das Jahr schwankt nur gering. Ein Revier umfasst in der Regel verschiedene Vegetationstypen, die von Wäldern über Busch- zu Graslandschaften reichen, ausreichend Wasser ist allerdings eine Grundvoraussetzung. Bei der Wanderung zu den verschiedenen Aktivitätszonen, wie Fress-, Rast- oder Schwimmplätzen, legt ein Tier Pfade an, die aber wahrscheinlich weniger strikt wiederbenutzt werden als beim Bergtapir. Allerdings werden diese auch, wie bei den anderen Tapirarten, mit Kot und Urin markiert, was häufig in Gewässernähe vorkommt. Dabei nutzt der Mittelamerikanische Tapir regelmäßig die gleichen Plätze, so dass nach einiger Zeit hohe Abfallhaufen entstehen. Die Fäkalienhaufen dienen auch als wichtiges innerartliches Kommunikationsmittel.
Der Mittelamerikanische Tapir ist ein spezialisierter Pflanzenfresser und ernährt sich von Blättern, Früchten, Zweigen und anderen Pflanzenteilen. Dabei machen faserige Pflanzenteile fast die Hälfte der aufgenommenen Nahrung aus. Die Bevorzugung weicher Pflanzenkost lässt sich auch in der Anatomie anhand der niederkronigen Zähne mit den Schmelzhöckern und -leisten auf den Kauflächen und der rüsselartigen Nase und Oberlippe erkennen. Je nach Region sind 30 bis mehr als 60 Pflanzenarten aus bis zu 20 Familien bekannt, die vom Mittelamerikanischen Tapir verzehrt werden, die Gesamtartanzahl wird mit mehr als 90 angegeben. Dazu gehören unter anderem Aronstab-, Brechnuss- oder Gesneriengewächse, des Weiteren auch Buchengewächse und Süßgräser. Darüber hinaus spielen Früchte, wie z. B. von der Gattung Licania, je nach Region eine wichtige Rolle. Aufgrund seiner Wanderungen verbreitet der Mittelamerikanische Tapir auch zahlreiche Pflanzenarten über wieder ausgeschiedene Samen, wie es beim Breiapfelbaum nachgewiesen wurde. Das Aufsuchen von Salz- oder Minerallecken, die bei den anderen Tapirarten eine wichtige Rolle spielen, wurde beim Mittelamerikanischen Tapir bisher nicht beobachtet. Dass die Tapirart derartige Stellen möglicherweise nicht nutzt, könnte mit der häufig eher küstennahen Verbreitung und dem Überwiegen von kalksteinreichen Felsformationen im mittelamerikanischen Gebirgshochland zusammenhängen.
Mit mindestens drei Jahren ist der Mittelamerikanische Tapir geschlechtsreif. Beim weiblichen Tier setzt die Brunft alle 25 bis 38 Tage ein und hält etwa einen Tag an. Während dieser Zeit werben die Männchen um das Weibchen. Die Tragzeit nach der Begattung, die zum Teil auch im Wasser stattfinden kann, dauert zwischen 384 und 399 Tage. In der Regel bringt das Muttertier ein einzelnes Jungtier zur Welt. Dieses ist – wie alle Tapirkälber – mit einem hellen, tarnenden Streifenmuster versehen, das sich im Lauf des zweiten Lebenshalbjahres verliert. Während der ersten zehn Tage bleibt das Kalb in einem Versteck, dann folgt es aktiv dem Muttertier. Mit rund einem Jahr ist das Jungtier endgültig entwöhnt und selbständig. Das höchste Lebensalter, das bisher beim Mittelamerikanischen Tapir festgestellt werden konnte, liegt bei 31 Jahren.