Portrait: Dingo

Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie: Hundeartige (Canoidea)
Familie: Hunde (Canidae)
Gattung: Wolfs- und Schakalartige (Canis)
Art/Unterart Dingo
Dingo (Tierpark Finsterwalde)

Dingo (Tierpark Finsterwalde)

Der Dingo hat sowohl im wissenschaftlichen als auch im umgangssprachlichen Bereich mehrere Bezeichnungen, wovon das Wort „Dingo“ eine der am weitesten verbreiteten ist. Daneben wird auf dem australischen Kontinent inzwischen in beiden Bereichen häufig nur noch der Begriff „Wildhund“ (englisch wild dog) benutzt, der alle Dingos, Dingo-Mischlinge und meistens auch alle anderen verwilderten Haushunde umfasst (in bestimmten Fällen werden alle wildlebenden Hunde als Dingos bezeichnet oder nur Dingos und deren Mischlinge. Dieser Begriff wird aber auch nicht einheitlich verwendet und schließt in einigen Fällen Dingos aus und bezieht sich in anderen nur auf Dingos und Dingomischlinge.
Der wissenschaftliche Name des Dingos veränderte sich oft seit dem Zeitpunkt seiner ersten offiziellen Namensgebung im Jahr 1792 (Canis antarcticus). Einige andere frühe Artennamen für den Dingo waren C. australasiae (1820), C. australiae (1826), C. dingoides (1915), C. macdonnellensis (1915), C. novaehollandiae (1831), C. papuensis (1879) und C. harappensis (1936).
Die in den letzten 50 Jahren am häufigsten benutzte Bezeichnung für den Dingo lautet Canis familiaris dingo, die den Dingo als Unterart des Haushundes und den Haushund als eigene Art ansieht. In der Taxonomie zurzeit am meisten anerkannt ist die Bezeichnung Canis lupus dingo, allerdings wird dieser Name in der Literatur nicht sehr häufig verwendet. Zudem wird in der derzeitigen Version von Mammal Species of the World zwar die Bezeichnung Canis lupus dingo benutzt, der Dingo allerdings nach wie vor als Haushund eingestuft. Daneben sind die Bezeichnungen Canis dingo, die den Dingo als eigene Art bezeichnet, sowie Canis lupus familiaris dingo und Canis lupus forma familiaris in Gebrauch.

In der Umgangssprache ist die am weitesten verbreitete Bezeichnung für diesen Hund das Wort „Dingo“. Sie stammt aus den frühen Tagen der europäischen Besiedlung in New South Wales und leitet sich vermutlich von dem Wort Tingo ab, das die zahmen Hunde der Aborigines im Gebiet von Port Jackson bezeichnete.
Je nach Sprache der Ureinwohner haben Dingos in Australien unterschiedliche Namen. Dazu zählen unter anderem Joogong, Mirigung, Noggum, Boolomo, Papa-Inura, Wantibirri, Maliki, Kal, Dwer-da, Kurpany, Aringka, Palangamwari und Warrigal. Dabei ist es weit verbreitet, unterschiedliche Bezeichnungen zu verwenden, je nachdem, wo die Hunde leben. Die Yarralin haben zum Beispiel für die Hunde, die bei ihnen leben, das Wort Walaku, für die wilden Dingos aber den Begriff Ngurakin.
Je nach Gebiet werden Dingos mitunter als Bergdingos, Steppendingos, Wüstendingos, Nord-Dingos, Kap York-Dingos oder tropische Dingos bezeichnet. In jüngerer Zeit begann man, den australischen Dingo auch als „einheimischen australischen Hund“ (englisch Australian native dog) oder als „australischen Wolf“ zu bezeichnen. Weiterhin werden sie als „wilde Hunde“ bezeichnet, wenn sie Probleme bereiten, aber als „Dingos“, wenn die infrage kommenden wilden Hunde oder Dingos nützlich sind (in ökologischer oder wirtschaftlicher Weise) oder einen Kultstatus haben (als Totem und berühmtes australisches Tier).

Der Dingo ähnelt in vielen Merkmalen südostasiatischen Haushunden und indischen Pariahunden. Die Augenfarbe variiert von Gelb über Orange bis zu Braun.
Dingos haben einen relativ breiten Kopf, eine spitz zulaufende Schnauze und Stehohren. Im Vergleich zu anderen Haushunden gleicher Größe haben Dingos eine längere Schnauze, größere und längere Zähne und einen flacheren Schädel.
Der durchschnittliche Dingo hat eine Schulterhöhe von 52 bis 60 cm und ist von der Nase bis zur Schwanzspitze 117 bis 124 cm lang. Er wiegt 13 bis 20 kg, es wurde aber auch schon ein wilder Dingo von 27 kg Gewicht beobachtet. Männchen sind in der Regel größer und schwerer als Weibchen gleichen Alters. Dingos aus Nord- und Nordwestaustralien sind größer als die in Zentral- und Südaustralien, und alle australischen Dingos sind größer und schwerer als ihre asiatischen Verwandten.

Die Beine sind ungefähr halb so lang wie Körper und Kopf zusammen. Die Hinterfüße machen etwa ein Drittel der Hinterbeine aus und haben keine fünfte Kralle. Beim Dingo können sowohl Säbelruten (normalerweise senkrecht hochgestellt und am Ende kopfwärts geneigt) als auch ein über dem Rücken getragener Schwanz auftreten.

Das Fell erwachsener Dingos ist kurz, am Schwanz buschig und in Dichte und Länge je nach Klima unterschiedlich. Die Fellfarbe ist meistens rot bis sandfarben, sie kann aber auch schwarz mit braun-gelblichen Zeichnungen und gelegentlich völlig schwarz, hellbraun oder weiß sein. Völlig schwarze Dingos waren wohl früher in Australien häufig, sie wurden in jüngster Zeit aber nur selten gesichtet und treten in Asien inzwischen häufiger auf als in Australien.
Die meisten Dingos sind mindestens zweifarbig, wobei am häufigsten kleine weiße Markierungen auf der Brust, am Maul, an der Schwanzspitze und den Pfoten oder Beinen sind. Bei rötlichen Individuen kommen feine markante dunkle Schulterstreifen vor. Alle anderen Färbungen und Färbungsmuster bei ausgewachsenen Dingos gelten heute als Hinweis auf eine Vermischung mit anderen Haushunden. Je nachdem wie historische Berichte ausgelegt werden, werden „reine“ Dingos auch als zobel, gestromt oder schwarz-weiß gefärbt beschrieben.

Wie alle Haushunde neigen auch Dingos stark zur lautlichen Verständigung, nur sind es in ihrem Fall meistens Heul- und Fieptöne und nicht wie bei anderen Haushunden das Bellen. Es konnten für australische Dingos acht Lautklassen mit 19 verschiedenen Lauttypen konkretisiert werden.

Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass australische Dingos gar nicht bellen. Im Vergleich zu den meisten anderen Haushunden bellen australische Dingos allenfalls kurz und einsilbig. Das Bellen erwies sich bei Untersuchungen als relativ wenig variabel, und Untergruppen des Bellens, wie bei anderen Haushunden, wurden nicht gefunden. Zudem machte das Bellen nur fünf Prozent aller ermittelten Lautäußerungen aus. Australische Dingos bellen nur geräuschhaft oder in der Mischung atonal/tonal, und das Bellen wurde fast nur als Warnlaut ausgestoßen. Warnbellen in homotyper Sequenz und eine Art „Warnheulen“ in heterotyper Lauffolge wurden ebenfalls gezeigt. Das Bellgeheul beginnt mit mehreren Belltönen und geht in an- und abschwellendes Geheul über und dient ebenso wie das Husten vermutlich dazu, Junge oder Rudelmitglieder zu warnen. Zudem besitzen Dingos noch einen „klagenden“ Ruf, der meist beim Annähern an Wasserlöcher ausgestoßen wird, vermutlich, um schon anwesende Dingos zu warnen.

Dingos lassen sich nach bisherigem Wissensstand auch bei Kontakt mit anderen Haushunden nicht zu häufigerem Bellen animieren. Alfred Brehm berichtete allerdings von einem Dingo, der vollständig die haushundtypische Form des Bellens erlernt hatte und diese auch anwendete, während sein Bruder dies nicht tat.[19] Ob Dingos generell seltener bellen beziehungsweise bellheulen, ist nicht geklärt.

Australische Dingos haben drei Grundformen des Heulens (Stöhnen, Bellheulen und Schniefen) mit mindestens 10 Variationen. Beim Heulen wurden drei grundsätzliche Arten festgestellt:
lang und anhaltend,
auf- und abschwellend,
kurz und abrupt.
Bei jeder Art zeigten Untersuchungen eine Reihe von Abwandlungen, die Bedeutung der einzelnen Lautäußerungen ist jedoch nicht bekannt. Die Häufigkeit des Heulens variiert je nach Tages- und Jahreszeit und wird von Paarung, Abwanderung, Säugen, sozialer Stabilität und Zerstreuung beeinflusst. Ebenso kann das Heulen in Zeiten von Nahrungsknappheit häufiger sein, weil sich Dingos dann im Revier weiter verstreuen. Das Heulen scheint zudem eine Gruppenfunktion zu haben und wird bisweilen als Ausdruck freudiger Erregung (beispielsweise als Begrüßungsheulen) geäußert und kam bei Untersuchungen seltener vor als unter Grauwölfen. Es kann vorkommen, dass ein Hund mit dem Heulen beginnt und einige oder alle allmählich in ein Chorheulen einfallen und vereinzelt Belllaute ausgestoßen werden. In der Wildnis heulen Dingos über weite Entfernungen, um andere Rudelmitglieder anzuziehen, andere Hunde zu finden und Eindringlinge fernzuhalten. Dingos heulen mit erkennbaren Tonhöhen im Chor und mit zunehmender Zahl der Mitglieder steigt auch die Variabilität der Tonhöhen. Daher wird angenommen, dass Dingos die Größe eines anderen Rudels auch ohne Sichtkontakt abschätzen können.

Bei Untersuchungen nahm das Knurren 65 % aller registrierten Lautäußerungen ein. Es wurde stets im agonistischen Kontext sowohl bei Dominanzverhalten als auch reaktiv als Abwehrlaut geäußert. Reaktiv aus der Defensive konnte es (wie bei vielen anderen Haushunden) nur selten oder gar nicht registriert werden. Das Knurren kommt häufig in Kombination mit anderen Lauten vor und wurde fast ausschließlich in seiner geräuschhaften Form (ähnlich wie das Bellen) registriert. Mischlaute werden relativ häufig im Kontext der Agonistik – also etwa im Kampf – ausgestoßen, hauptsächlich Knurrmischlaute.
Bei Untersuchungen in Deutschland wurde unter australischen Dingos eine Lautäußerung festgestellt, die von den Forschern „Schrappen“ genannt wurde. Sie trat ausschließlich im agonistischen Kontext auf, oftmals als Abwehr gegen aufdringliche Jungtiere und bei der Ressourcenverteilung. Dabei handelt es sich um eine Beißabsicht, bei der der Adressat jedoch nie berührt oder gar verletzt wird, sondern nur ein leises aber deutliches Aufeinanderschlagen der Zähne zu hören ist.
Neben der Verständigung durch Laute kommunizieren Dingos wie andere Haushunde durch das Verteilen von Gerüchen über Scheuern, Koten und Urinieren an auffälligen Objekten, wie Grasbüscheln, und an Treffpunkten, wie Wasserstellen, Pfaden und Jagdgründen. Männchen markieren auch hier häufiger als Weibchen, und bei beiden sind Heulen und Markieren besonders häufig während der Paarungszeit. Ebenso wälzen sich Dingos in Gerüchen, die mit Beute oder Bekannten assoziiert werden.

In wärmeren Gebieten sind Dingos oft nachtaktiv, in kühleren Regionen häufiger tagsüber. Dingos haben ihre Hauptaktivitätszeiten bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Die Aktivitätsperioden sind kurz (oft weniger als eine Stunde) und mit kurzen Ruhephasen durchsetzt. Sie besitzen zwei Arten von Streifgängen: einen „Suchgang“, der anscheinend mit der Jagd in Verbindung steht, und einen „Erkundungsgang“, der wohl dem Kontakt und der Kommunikation mit Artgenossen dient.
Generell sind Dingos Menschen gegenüber scheu. Es sind jedoch einige Fälle bekannt, wo sie sich von dem Anblick von Menschen wenig beeindruckt zeigten, beispielsweise an Zeltplätzen in Nationalparks, in der Nähe von Straßen und in Vororten.[18][24] Laut Studien in Queensland bewegen sich die dortigen wilden Hunde im urbanen Bereich nachts völlig frei durch die Grundstücke, überqueren Straßen und kommen gut zurecht.

Bei Dingos in Australien wurden 170 Tierarten (von Insekten bis zu Büffeln) als Teil der Nahrung nachgewiesen, generell scheint aber der Anteil von Nutzvieh an der Nahrung gering zu sein. Bei kontinentalweiten Untersuchungen bestanden 80 % der Nahrung wilder Hunde aus 10 Arten: Rotes Riesenkänguru, Sumpfwallaby, Rind, Düsterratte, Spaltfußgans, Fuchskusu, Langhaarratte, Flinkwallaby, Wildkaninchen und Nacktnasenwombat. Diese enge Auswahl an Hauptbeute deutet darauf hin, dass sie eher Spezialisten als Opportunisten sind, aber in den tropischen Feuchtwäldern von Nordost-Australien sollen die dortigen Dingos opportunistische Jäger eines breiten Spektrums von Säugern sein. In bestimmten Gebieten spezialisieren sie sich für gewöhnlich auf die jeweils häufigste Beute, wobei mittelgroße bis große Säuger bevorzugt werden. Es wurde auch der Verzehr von Rotfüchsen und Hauskatzen nachgewiesen.Nichtsäuger werden nur gelegentlich gefressen und machen nicht mehr als zehn Prozent der Nahrung aus. Große Reptilien werden zumindest in Ostaustralien nur selten erbeutet, obwohl sie weit verbreitet sind. Möglicherweise sind vor allem große Warane zu wehrhaft und gut bewaffnet oder einfach fähig, schnell genug in Baue oder auf Bäume zu flüchten.
Im Fall von Aas werden vor allem Rinder und Kängurus gefressen (auch Kamele wurden nachgewiesen). Dingos in Küstenregionen patrouillieren regelmäßig an den Stränden und fressen dort tote Fische, Seehunde, Pinguine und andere angeschwemmte Vögel. Auch das Plündern von Krokodil- und Schildkrötennestern, sowie Fälle von Kannibalismus wurden nachgewiesen.
In Asien leben nur wenige Dingos völlig unabhängig vom Menschen, und ihre Hauptnahrung besteht aus Kohlenhydraten (Reis, Früchte und andere Essensreste), die von Menschen bereitgestellt werden. In ländlichen Gegenden Thailands und Sulawesis wurden Dingos beobachtet, die Insekten, Ratten, Echsen und andere lebende Beute entlang der Straßen, in Reisfeldern und Wäldern jagten.
Wilde Hunde trinken in der Regel pro Tag im Sommer etwa einen Liter und im Winter zirka einen halben Liter. Im Winter können Dingos in trockenen Gebieten eventuell nur von dem Wasser leben, das sie aus ihrer Beute beziehen, sofern genug Beute vorhanden ist. Ebenso können entwöhnte Welpen in Zentralaustralien ihr ganzes Wasser aus der Nahrung beziehen. Dort wurde auch beobachtet, wie Weibchen ihren Jungen Wasser hervorwürgten. Während der Stillzeit haben Weibchen in Gefangenschaft keinen höheren Wasserbedarf als sonst, da sie die Fäkalien und den Urin der Welpen fressen und damit sowohl das Wasser wiederverwerten als auch die Wurfhöhle sauber halten.
Dingos töten oft durch Kehlbiss und passen ihr Jagdverhalten den jeweiligen Gegebenheiten an. Die Verfügbarkeit von Beute (in Bezug auf Jagdaufwand) scheint dabei von größerer Bedeutung zu sein als die Menge der vorhandenen Beutetiere und die flexible soziale Organisation der Dingos erlaubt vielseitige Jagdstrategien und Ressourcenverteidigung. Die Jagd auf große Beutetiere benötigt wegen deren Kraft und potentiellen Gefahr in der Regel zwei oder mehr Individuen. Solche Gruppenformationen sind bei der Jagd auf Kaninchen und andere kleine Lebewesen unnötig.

Jagd auf Kängurus ist in offenem Land vermutlich erfolgreicher als in dichter Vegetation und Junge werden dabei wohl öfter getötet als ausgewachsene Tiere. Sie werden meistens erlegt, indem ein Dingo ein Känguru den anderen Rudelmitgliedern zutreibt. Zudem wurde auch beobachtet, wie Dingos Kängurus erlegen, indem sie ihre Beute auf einen Zaun zu jagen, der diesen den Weg verstellt, oder in seichtes Wasser treiben. Vögel können erbeutet werden, wenn sie nicht fliegen oder nicht schnell genug vom Boden abheben können. Dingos jagen auch beispielsweise Adlern die erlegte Beute ab. Eine Zusammenarbeit von drei Dingos zum Erlegen eines großen Warans konnte beobachtet werden und auf Fraser Island sollen sie koordiniert wilde Pferde erbeutet haben. Ebenso wurde dort aktives Fischfangverhalten nachgewiesen. Es gibt auch Berichte, wonach sich einige Dingos dort praktisch nur von menschlichem Essen ernähren und andere mehr oder weniger oft menschliche Nahrung stehlen, auflesen oder darum betteln. Tatsächlich sind Dingos in einigen Gegenden Australiens für solches Verhalten bekannt. Es wird angenommen, dass dies möglicherweise zum Verlust von Jagdtechniken und Änderungen in sozialen Strukturen führen könnte.

Bei Untersuchungen am Fortescue-Fluss Mitte der 1970er Jahre wurde beobachtet, wie die meisten der beobachteten Dingos schnell lernten, Schafe zu jagen und zu töten, auch wenn sie vorher nie Kontakt zu Schafen hatten. Obwohl die Dingos damals viele Schafe töteten, erlegten und fraßen sie nach wie vor Kängurus. Bei der Jagd auf Schafe wurde in den frühen 1990er Jahren beobachtet, dass wilde Hunde bei diesen eine außerordentlich hohe Erfolgsquote haben und nicht koordiniert jagen müssen, um diese zu erlegen. Oft verfolgte ein Hund ein Schaf nur und holte es sogar ein, nur um dann plötzlich ein anderes zu verfolgen. Somit werden nur wenige der verletzten oder erlegten Schafe und Ziegen auch gefressen (was eher die Regel als die Ausnahme zu sein scheint). Vermutlich verfallen sie in eine Art „Tötungsraserei“, aufgrund des eher panischen und unkoordinierten Fluchtverhaltens der Schafe, die den Dingos dabei immer wieder vor die Nase laufen und so eine Attacke nach der anderen auslösen. Dingos greifen Schafe oft von hinten an, während diese weglaufen, wodurch Verletzungen an den Hinterbeinen entstehen. Dabei werden die Schafböcke in der Regel von der Seite – vermutlich um den Hörnern der Böcke auszuweichen – und manchmal an den Hoden angegriffen. Unerfahrene Dingos oder solche, die „aus Spaß“ töten, verursachen mitunter erheblichen Schaden an den Hinterbeinen von Schafen, die oft zum Tod führen.

Fast alle Angriffe wilder Hunde auf Rinder und Büffel richten sich gegen Jungtiere. Der Jagderfolg hängt dabei von der Gesundheit und Kondition der erwachsenen Rinder ab und ihrer Fähigkeit, die Jungen zu verteidigen. Das Verteidigungsverhalten der Mutterkuh kann schon ausreichen, um einen Angriff abzuwehren. Die Grundtaktiken sind daher: Ablenken der Mutterkuh, Aufscheuchen der Gruppe und Beobachten und Warten (mitunter für Stunden), um die schwächsten Mitglieder ausfindig zu machen. Beim Auffinden einer Rinderherde wurde beobachtet, wie die Dingos zuerst mehrere Scheinangriffe durchführten, wobei sie sich zuerst auf die Kälber konzentrierten und später die Mutterkühe angriffen, um sie abzulenken. Die Dingos zogen sich daraufhin zurück und warteten in einiger Entfernung ab, bis die übrigen Kühe ihre Kälber gesammelt hatten und abzogen. Bei anderer Gelegenheit wurde beobachtet, wie „Untergruppen“ eines Dingo-Rudels sich bei einem Angriff so lange mit Angreifen und Ausruhen abwechselten, bis die Mutterkuh zu erschöpft war, um das Kalb weiterhin ausreichend verteidigen zu können. Bei der Jagd von sechs Dingos auf einen vermutlich 200 kg schweren Büffel wechselten die Dingos sich mit dem Beißen in die Beine des Büffels während der Verfolgung ebenfalls ab.

Bei Untersuchungen zur Fähigkeit von an Menschen sozialisierten Australischen Dingos, menschliches Fingerzeigen zu erkennen, absolvierten alle untersuchten Dingos (mit individueller Variation) die Tests mit einer Erfolgsquote, die Zufall ausschließt. Zwar gab es Unterschiede zu anderen getesteten Haushunden, aber die Dingos wichen doch stark von Grauwölfen ab. Daraus wurde gefolgert, dass Dingos bezüglich des Erkennens menschlichen Fingerzeigens zwischen Grauwölfen und anderen Haushunden liegen. Weiterhin schnitten in Gefangenschaft aufgewachsene Dingos bei Problemlösungsaufgaben, die verlangten, dass das Individuum eine durchsichtige Barriere umgeht, um eine Belohnung zu erhalten, besser ab, als die zuvor in anderen Studien untersuchten Haushunde.

Obwohl Dingos in der Regel allein beobachtet werden (besonders in Gebieten, in denen der Dingo bekämpft wurde), gehören die meisten zu einer sozialen Gruppe, deren Mitglieder sich gelegentlich treffen und während der Paarungszeit dauerhaft zusammen sind, um sich fortzupflanzen und Junge aufzuziehen. Dingos sind in der Regel hochsoziale Wesen und formen, wo sie können, stabile Rudel mit festen Revieren (deren Größe vom Nahrungsangebot abhängt[42]), die sich nur wenig mit denen benachbarter Rudel überschneiden. Eindringlinge werden meistens getötet. Diese Rudel bestehen in der Regel aus drei bis zwölf Individuen (meist das Alpha-Paar sowie der aktuelle Nachwuchs und der des Vorjahres), die ein Territorium das ganze Jahr über besetzen. Es gibt aber regionale Varianten, die die flexible soziale Struktur der Dingos zeigen. Anscheinend fördert die Spezialisierung auf größere Beute soziales Verhalten und die Formierung größerer Gruppen. Während Dürrezeiten splittern sich Dingo-Rudel in Australien auf und die Sterblichkeit ist für alle Rudelmitglieder hoch, unabhängig vom sozialen Status.

Rudel haben unterschiedliche (aber nicht völlig unabhängige) Hierarchien für Männchen und Weibchen, wobei die Rangordnung hauptsächlich durch ritualisierte Aggression hergestellt wird, besonders unter Männchen. Imponieren und agonistisches Verhalten tritt bei australischen Dingos nur reduziert auf. Ernstkämpfe wurden nur in wenigen Fällen und unter extremen Bedingungen beobachtet. Ranghöhere Hunde zeigen dieses Verhalten gelegentlich, um ihren Status zu untermauern, während rangniedrige eher konfliktvorbeugendes Verhalten zeigen.

Größere Rudel sind oft in Teilgruppen flexiblerer Größe und Zusammensetzung aufgeteilt. Daneben können in bereits besetzten Gebieten auch einige Einzelgänger mit losem Kontakt inklusive Beteiligung am Nahrungserwerb bei den Gruppen leben. Wüstengebiete weisen kleinere Gruppen von Dingos mit loserem Territorialverhalten und überlappender Nutzung der wenigen Wasserstellen auf.[43] Bei Dingos auf Fraser Island betrug die Rudelgröße zwei bis neun Hunde mit überlappenden Territorien. Allerdings gab es dort auch einen sehr hohen Anteil von Infantizid, vermutlich aufgrund der möglicherweise zu hohen Dingodichte im Verhältnis zur Größe der Insel und der Beutepopulationen.
Vier Dingos in der Trumlerstation Wolfswinkel

Territoriumsgröße und individuelle Gebiete verändern sich je nach Verfügbarkeit von Beute, stehen aber nicht in Verbindung mit der Rudelgröße. Wilde Hunde bewegen sich nur wenig außerhalb ihrer Territorien. Die Gebiete einzelner Individuen können sich stark überlappen. Wenn sich die Territorien benachbarter Rudel überlappen, wird direkter Kontakt weitestgehend vermieden. Wie groß das Territorium und damit die Streifgebiete der Hunde sind, hängt zum großen Teil von der Verfügbarkeit von Ressourcen ab. Streifgebiete sind in der Regel stabil, können sich aber mit der Zeit aufgrund äußerer Umstände oder Veränderungen in der sozialen Organisation ändern. Individuen, die sich vom Rudel zu lösen beginnen, haben größere Streifgebiete, bevor sie letztlich abwandern.

Territorien um Gebiete, die von Menschen genutzt werden, neigen dazu, kleiner zu sein und eine relativ höhere Zahl an Dingos zu enthalten aufgrund der leichteren Verfügbarkeit von Nahrung. Laut Studien in Queensland haben die dortigen wilden Hunde im urbanen Bereich kleinere Territorien von mitunter nur zwei bis drei Kilometern im Durchmesser. Es wurde bereits ein Revier eines einzelnen Dingos nachgewiesen, das nur aus einem kleinen Flecken Buschland am Rand einer Grundschule im Herzen einer großen Kleinstadt bestand.

Die meisten Dingos bleiben in der Nähe ihres Geburtsgebietes und wandern pro Tag nicht mehr als 20 km, aber einige, besonders junge Männchen, wandern ab. Die Größe der Streifgebiete von Individuen nimmt mit dem Alter zu. Die größten beobachteten Streifgebiete (90–300 km²) gibt es in den Wüsten Südwestaustraliens. Im Zentrum des Nord-Territoriums wurden Streifgebiete von bis zu 270 km² beobachtet. Streifgebiete anderswo betragen 45–113 km² in Nordwestaustralien, 25–67 km² für Zentralaustralien, durchschnittlich 39 km² im tropischen Norden und 10–27 km² in den Bergwäldern Ostaustraliens.

Dingos pflanzen sich einmal im Jahr fort, abhängig vom Östrus-Zyklus der Weibchen, die nach den meisten Quellen nur einmal im Jahr in Östrus kommen. Dingohündinnen können zweimal im Jahr läufig werden (mit allen Läufigkeitssymptomen), aber nur einmal trächtig und beim zweiten Mal höchstens scheinträchtig (bzw. es kommt gar nicht erst zur Kopulation).
Die Männchen sind in den meisten Gebieten das ganze Jahr über zeugungsfähig, haben aber im Sommer meist eine geringere Spermienproduktion. Bei Untersuchungen an Dingos aus den östlichen Hochländern und Zentralaustralien in Gefangenschaft konnte bei den Männchen ebenfalls kein Fortpflanzungszyklus festgestellt werden, sie waren das ganze Jahr über zeugungsfähig. Die Fortpflanzung wurde allein durch die Hitzezyklen der Weibchen gesteuert. Zwar stieg der Testosteronspiegel der Männchen während der Paarungszeit an, dies wurde aber auf die Anwesenheit läufiger Weibchen und Kopulationen zurückgeführt. Im Gegensatz dazu gab es bei gefangenen Dingomännchen aus Zentralaustralien sehr wohl Hinweise auf einen Fortpflanzungszyklus der Männchen. Diese zeigten an läufigen Hündinnen (in dem Fall keine Dingos) außerhalb der Paarungszeit von Januar bis Juli kein Interesse und paarten sich auch nicht mit ihnen.
Die Paarungszeit liegt in Australien zwischen März und Mai (laut anderen Quellen April und Juni). In Südostasien erfolgt die Paarung zwischen August und September. Während dieser Zeit können Dingos ihre Territorien aktiv verteidigen und nutzen dabei Lautäußerungen, Dominanzverhalten, Knurren und Beißen.
Die meisten Weibchen beginnen in der Wildnis mit der Fortpflanzung im Alter von zwei Jahren, und in Rudeln neigt das Alpha-Weibchen dazu, vor den rangniedrigeren Weibchen paarungsbereit zu sein und kann deren Fortpflanzungsbestreben unterdrücken. Männchen werden im Alter von ein bis drei Jahren fortpflanzungsfähig. Bei Männchen und Weibchen wurde aber auch schon eine Fortpflanzungsfähigkeit im Alter von sieben Monaten festgestellt.[49] Der präzise Beginn und das Ausmaß der Fortpflanzung variiert mit dem Alter, sozialem Status, geographischem Spielraum und jahreszeitlichen Bedingungen. Bei Dingos in Gefangenschaft dauerten Voröstrus und Östrus zehn bis zwölf Tage. Es wird aber vermutet, dass der Voröstrus in der Wildnis bis zu 60 Tage anhalten könnte. In einem Rudel pflanzt sich in der Regel nur das Alpha-Paar erfolgreich fort und die anderen Rudelmitglieder helfen bei der Aufzucht der Welpen. Rangniedrige Individuen werden durch das Alphapaar aktiv von der Fortpflanzung abgehalten und einige rangniedere Weibchen kommen in eine Scheinschwangerschaft. Durch das Aufbrechen der Rudelstruktur, beispielsweise durch Tötungen, können auch rangniedrige Individuen eines Rudels erfolgreich Aufzucht von eigenen Jungen betreiben und es gab Beobachtungen von gelungenen Fortpflanzungen von Einzelgängern.

Die Tragezeit beträgt 61 bis 69 Tage und die Wurfgröße kann von eins bis zehn Welpen gehen (in der Regel fünf Welpen), wobei die Zahl der Männchen meist höher ist. Welpen von rangniedrigen Hündinnen werden von der Alpha-Hündin getötet, wodurch eine Erhöhung der Population auch in guten Jahren eher gering ist. Möglicherweise ist dieses Verhalten zur Populationskontrolle eine Anpassung an die unbeständigen Umweltbedingungen Australiens. Welpen werden in Australien in der Regel zwischen Mai und August (also im Winter) geworfen. In tropischen Regionen kann es zu jeder Zeit im Jahr zur Fortpflanzung kommen.
Die Welpen verlassen die Wurfhöhle erstmals im Alter von drei Wochen und verlassen sie völlig mit acht Wochen. Die Wurfhöhlen liegen in Australien meist unter der Erde. Berichtet wurden Höhlen in vergrößerten Kaninchenbauen, Felsformationen, unter Geröll in trockenen Flussbetten, unter großen Spinifex-Grasbüscheln, in hohlen Baumstämmen, unter umgestürzten Bäumen, zwischen vorstehenden Baumwurzeln, in vergrößerten Waranhöhlen und alten Wombatbauen. Die Welpen streunen in der Regel im Umkreis von drei Kilometern um die Wurfhöhle umher und werden bei längeren Strecken von älteren Hunden begleitet. Die Umstellung auf feste Nahrung erfolgt meist durch alle Mitglieder des Rudels im Alter von neun bis zwölf Wochen. Die Jungen lernen neben eigener Erfahrung durch Beobachtungen der Eltern. Die Jungtiere werden gewöhnlich im Alter von drei bis sechs Monaten selbständig, oder sie verlassen das Rudel mit zwölf Monaten freiwillig, wenn die nächste Paarungszeit beginnt.

Meistens sind Dingos standorttreu und wandern nicht saisonal. Wenn aber Nahrung in „sicheren“ Gebieten rar wird, wandern Dingos in land- und viehwirtschaftliche Gebiete ab, in denen intensive menschliche Eindämmungsmaßnahmen vorhanden sind. Schon in den 1970er Jahren wurde in Westaustralien festgestellt, dass junge Hunde dabei weite Strecken zurücklegen können. Ungefähr zehn Prozent der damals gefangenen Hunde – alle jünger als zwölf Monate – wurden später weit entfernt vom ersten Standort wieder eingefangen. Bei diesen zehn Prozent lag die zurückgelegte Entfernung für Männchen bei 21,7 km und für Weibchen bei elf Kilometer (bei anderen Untersuchungen wurde sogar Rudelwanderung beobachtet). Dabei hatten wandernde Dingos geringere Überlebenschancen in fremden Territorien und es gilt daher als unwahrscheinlich, dass sie lange Wanderungen durch besetzte Gebiete überleben würden. Die Seltenheit langer Wanderungen scheint diese Annahme zu bestätigen. Bei Untersuchungen in den Nullarbor Ebenen wurden noch weitere Wanderungen festgestellt. Die längste Wanderroute eines mit einem Sender ausgestatteten Dingos betrug ungefähr 250 km und bei Beobachtungen in Victoria wurde ein Hund beobachtet, welcher eine Entfernung von 230 km innerhalb von 9 Tagen zurücklegte.

Bei Dingos kann nur eine grobe Einteilung ihres Verbreitungsgebietes mit der entsprechenden Populationsdichte vorgenommen werden. Exakte Angaben über die Verbreitung von Dingos und anderen Haushunden zu machen ist schwierig, da die genauen Ausmaße der Vermischung von Dingos mit anderen Haushunden nicht bekannt sind. Daher beziehen sich die folgenden Angaben zur Verbreitung von Dingos auf Hunde, die basierend auf Fellfarbe, Körperform und Fortpflanzungszyklus dem Dingo zugeordnet wurden und Karten zum Verbreitungsgebiet können sich auch widersprechen.
Basierend auf fossilen, molekularen und anthropologischen Hinweisen wird angenommen, dass Dingos einst eine weitreichende Verbreitung gehabt haben könnten. Die damaligen Dingos hätten daher mit nomadischen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften und später den aufblühenden agrarwirtschaftlichen Bevölkerungszentren in Verbindung gestanden. Dort seien sie gezähmt und nachfolgend durch die Welt transportiert worden. Als älteste Dingofossilien gelten Funde aus Thailand und Vietnam, die auf etwa 5500 Jahre beziehungsweise 5000 Jahre geschätzt wurden. In den indonesischen Hochländern variiert das Alter der Funde von maximal 5000 Jahren bis (meistens) 2500 bis 3000 Jahren.
Die Debatte, ob Dingos in Australien heimisch sind, wurde für viele Jahre oft geführt, und sein Status kam mit dem Aufkommen des Schutzes heimischer Tiere unter genauere Untersuchung. Ursprünglich nahm man an, dass der Dingo durch die Aborigines im Pleistozän in Australien eingeführt wurde, was zur Verwirrung in Bezug auf die Nomenklatur des Dingos führte. Heute geht man meistens davon aus, dass der Dingo vor 4000 Jahren in Australien ankam, da die frühesten stichhaltigen archäologischen Hinweise auf Dingos auf ein Alter von zirka 3500 Jahren datiert und Fossilien aus ungefähr dieser Zeit in ganz Australien gefunden wurden, was für eine schnelle Besiedlung spricht. Funde aus Tasmanien, das vor etwa 12.000 Jahren durch den Anstieg des Meeresspiegels vom Kontinent getrennt wurde, fehlen. Daher deuten archäologische Daten auf eine Ankunft vor 3500 bis maximal 12.000 Jahren hin. Um Australien von Asien aus zu erreichen, hätten selbst bei niedrigstem Meeresspiegel mindestens 50 km offene See überquert werden müssen. Da es keinen Fall eines großen Landtieres gibt, das solch eine Reise von allein geschafft hätte, wurden die Vorfahren der heutigen Dingos höchstwahrscheinlich von asiatischen Seefahrern mit Booten dorthin gebracht. Ein Tanz der einheimischen Bevölkerung entlang der Küstenregionen von Kimberley, bei dem sie Hunde darstellen, die aufgeregt auf einem Boot hin und her rennen und letztendlich ins Wasser springen, wird als weiterer Hinweis der Einfuhr der Dingos durch Seefahrer gewertet. Vermutlich dienten diese Hunde den Seefahrern als Nahrung, eventuell auch als Wachhunde. Möglicherweise kam der Dingo im Zuge der Ausbreitung der austronesischen Kultur nach Australien und auf die Inseln Südostasiens und des Pazifiks.

Dingo (Naturkundemuseum Wien)

Dingo (Naturkundemuseum Wien)

Es gibt zwei Haupthypothesen zum geographischen Ursprung und zum Wanderweg der Vorfahren des heutigen Dingos und deren Ankunft in Australien:
Ein Ursprung in Ostasien und eine Wanderroute über die südostasiatischen Inseln aufgrund der Nähe zu Australien und der relativ leichten Erreichbarkeit über die Inseln des südostasiatischen Archipels. Diese Theorie wird durch genetische Untersuchungen an mtDNA von australischen Dingos unterstützt.
Eine Einfuhr von Schäferhunden aus dem Industal in Asien über die Insel Timor durch indische Seefahrer, basierend auf der Ähnlichkeit in der Anatomie des Skeletts von indischen Pariahunden und indischen Wölfen. Zudem wird bei dieser Theorie angeführt, dass die ältesten Knochenfunde 4000 Jahre alt sind und auf Timor gefunden wurden, wo sie eine Zeitlang mit Schafen und Schweinen koexistierten. Diese Theorie würde durch die Annahme unterstützt, dass das zeitgleiche Auftauchen gewisser Steinwerkzeuge in Australien durch Indien beeinflusst wurde, die aber von anderer Seite bestritten wird.
Ob es mehrere Ankünfte von Dingos oder nur eine einzige in Australien gegeben hat, ist noch nicht geklärt. Die Ergebnisse von genetischen Untersuchungen, die 2011 veröffentlicht wurden, deuten allerdings darauf hin, dass Dingos im Zeitraum von vor 4600 bis 18300 Jahren in Australien ankamen. Diese Untersuchungen deuteten für Dingos, Neuguinea-Dingos und Polynesische Haushunde ebenfalls auf eine Einführung (und möglichen gemeinsamen Ursprung) nach Indonesien und Südostasien von Süd-China aus hin und nicht über Taiwan und die Philippinen wie in einigen Theorien zu einem Polynesischen Ursprung geäußert.
Die erste offizielle Erwähnung eines „wilden Hundes“ in Australien stammt aus dem Jahr 1699 von Kapitän William Dampier. Damals waren Dingos wohl über den ganzen Hauptteil Australiens verbreitet und lebten sowohl wild als auch zusammen mit den Aborigines. Sie wurden von den europäischen Siedlern meistens toleriert und mitunter zu sich genommen. Die Zahl der Dingos war damals aber vermutlich niedrig und die Häufigkeit der Dingos hat sich seitdem in einigen Teilen Australiens erhöht. Die Situation einer hohen Populationsdichte von wild lebenden und sich selbst versorgenden Dingos könnte erst ein Phänomen der letzten 200 Jahre sein. Ihre Zahl nahm wahrscheinlich in den 1880er Jahren durch die Etablierung der Weidewirtschaft und artesischen Wasserstellen stark zu und hatte in den 1930er bis 1950er Jahren wohl ihren Höhepunkt. Danach blieb sie hoch, allerdings hat der Anteil der Dingomischlinge mit der Zeit stark zugenommen.

Dingos bewohnen heute alle Biotope, eingeschlossen schneebedeckte Bergwälder in Ostaustralien, trockene heiße Wüsten in Zentralaustralien, sowie tropische Feuchtgebiete in Wäldern Nordaustraliens. Die Abwesenheit von Dingos in vielen Grasländern Australiens beruht auf der Verfolgung durch den Menschen. Basierend auf Schädelmerkmalen, Größe, Fellfarbe und Fortpflanzung, scheint es regional verschiedene Populationen zwischen Asien und Australien, aber nicht innerhalb Australiens zu geben.
Heute besteht die Gesamtpopulation von wilden Hunden auf dem australischen Kontinent neben dem Dingo aus einer breiten Palette von verwilderten Haushunden (meistens Mischlingshunde oder Dingomischlinge) mit enormer farblicher Variabilität. Aufgrund der erhöhten Verfügbarkeit von Wasser, heimischer und eingeführter Beute, sowie Nutzvieh und Nahrung aus Menschenhand gilt ihre Zahl in Australien als steigend. Aus einigen Teilen Australiens gibt es Berichte, wonach wilde Hunde jetzt im Rudel jagen, obwohl sie früher einzeln gejagt haben. Die Dichte von wilden Hunden variiert zwischen 0,03 und 0,3 Individuen pro km² je nach Biotop und Verfügbarkeit von Beute.
„Reine“ Dingos gelten in Nord-, Nordwest- und Zentralaustralien als weit verbreitet, selten in Süd- und Nordostaustralien und möglicherweise als ausgestorben in den südöstlichen und südwestlichen Gebieten. Die Etablierung der Landwirtschaft führte zu einem starken Rückgang der Dingos, und sie wurden aus den Gebieten der Schafindustrie praktisch vertrieben. Das betrifft vor allem weite Teile von Süd-Queensland, New South Wales, Victoria und South Australia. Durch die Errichtung des Dingozaunes wird diese Situation aufrechterhalten. Auch wenn Dingos in den meisten Gebieten des südlichen Südaustraliens ausgelöscht wurden, existieren sie noch auf etwa 58.000 km² im trockenen Norden nördlich des Hundezaunes und damit auf etwa 60 % des gesamten Gebietes. In Victoria konzentrieren sich wilde Hunde heute auf die dicht bewaldeten Regionen der östlichen Hochländer, von der Grenze zu New South Wales südlich bis nach Healesville und Gembrook. Ebenso existieren sie in der Großen Wüste im Nordwesten des Staates. Populationen von wilden Hunden existieren in New South Wales heute hauptsächlich entlang des Australischen Berglandes und den Hinterländern an der Küste, sowie im Sturt-Nationalpark im Nordwesten des Staates. Im Rest des Kontinents gelten Dingos als weit verbreitet, mit Ausnahme der trockenen östlichen Hälfte Western Australias. In den angrenzenden Gebieten South Australias und des Northern Territory gelten sie von Natur aus als selten. Im Northern Territory sind wilde Hunde weit verbreitet, mit Ausnahme der Tanami und der Simpson-Wüste, wo sie aufgrund von fehlenden Wasserstellen selten sind. Lokale Konzentrationen von Dingos gibt es dort in Gebieten mit künstlichen Wasserstellen. Laut DNA-Untersuchungen im Jahr 2004 leben auf Fraser Island ausschließlich „reine“ Dingos. Allerdings kamen Schädeluntersuchungen in den 1990er Jahren zu einem anderen Ergebnis.
Außerhalb Australiens gibt es Dingos nachweislich in Thailand, basierend auf Vergleichen von Schädeln thailändischer Hunde mit denen fossiler und gegenwärtiger Dingos aus Australien. Die dortige Population hat eventuell den größten Anteil an „reinen“ Dingos. Sie sind in Nord- und Zentralthailand weit verbreitet, seltener auch in den südlichen Regionen. Daneben kommen sie eventuell auch in Burma, China, Indien, Indonesien, Laos, Malaysia, Papua Neuguinea, auf den Philippinen und in Vietnam vor, aber wenn, dann mit unbekannter Verbreitung. Dingos gelten als weit verbreitet in Sulawesi, aber ihre Verbreitung im Rest Indonesiens ist unbekannt. Sie gelten als selten auf den Philippinen und sind auf vielen Inseln möglicherweise ausgestorben. In Korea, Japan und Ozeanien gibt es zwar lokale Hunderassen, die dingoartige Merkmale haben, Dingos gelten dort aber als ausgestorben.

Da die Dingos auf dem Kontinent Australien neben dem Menschen die einzigen großen plazentalen Säuger waren und den Hunden in Menschenhand ähnlich sahen, aber dennoch wild lebten, war ihr Ursprung seit dem 18. Jahrhundert und speziell in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Thema von großem Interesse. Spätere archäologische und morphologische Studien deuteten auf eine relativ späte Ankunft der Dingos und eine nahe Verwandtschaft zu anderen Haushunden hin. Die genaue Abstammung, Ursprungsort und Zeit ihrer Ankunft in Australien wurden nicht bestimmt, auch nicht ob sie bei ihrer Ankunft domestiziert beziehungsweise halbdomestiziert und somit verwilderte oder wirklich wilde Hunde waren.
Eine weit verbreitete Theorie geht davon aus, dass der Dingo sich vor etwa 6.000–10.000 Jahren aus dem Canis lupus pallipes oder Canis lupus arabs entwickelte oder gezüchtet wurde (was auch schon für alle anderen Haushunde angenommen wurde). Diese Ansicht basiert auf den Ähnlichkeiten der Schädel zwischen diesen Wölfen und Dingos. Genetische Untersuchungen deuteten allerdings auf eine weit frühere Domestikation hin.
Untersuchungen der Aminosequenzen des Hämoglobins von „reinen“ Dingos in den 1970er Jahren unterstützten ebenfalls die Annahme, dass Dingos näher mit anderen Haushunden verwandt sind als mit Grauwölfen oder Kojoten. Zudem kam man zu der Vermutung, dass Dingos und andere asiatische Hunde Mitglieder einer Gruppe von Haushunden seien, die schon früh verwilderten. Zur gleichen Zeit wurden bereits Untersuchungen an der DNA von australischen Dingos und anderen Haushunden vorgenommen, um beide Populationen zuverlässig unterscheiden und das Ausmaß der Vermischung bestimmen zu können. Bei den ersten beiden Untersuchungen, bei denen zuerst 14 Loci und später noch fünf dieser Loci untersucht wurden, konnten keine genetischen Unterschiede festgestellt werden. Später wurden die Untersuchungen auf 16 Loci ausgeweitet. Bei diesem Mal wurden Dingos aus Zentralaustralien, aus den östlichen Hochländern, Dingomischlinge und andere Haushunde untersucht. Bei allen Untersuchungen waren die Forscher überrascht, dass sie keine Unterschiede feststellen konnten. Daraus schlussfolgerte man, dass Dingos und andere Haushunde einen sehr ähnlichen Genpool haben. Da aber auch zwischen verschiedenen Arten der Gattung Canis nur wenige Unterschiede in den Enzymen festgestellt wurden, nahm man an, dass dies nicht zwangsläufig auf eine enge taxonomische Beziehung zurückzuführen ist. Ebenso kam man zu dem Schluss, dass der Grad der Vermischung in der Wildnis nur schwer zu bestimmen ist.
Bei Untersuchungen Ende der 1990er Jahre wurden ebenfalls 14 Loci untersucht und eine wesentlich geringere genetische Variabilität der Australischen Dingos gegenüber anderen Haushunden festgestellt und eine kleine Gründerpopulation in Betracht gezogen. Man fand einen Locus, der sich als Unterscheidungsmerkmal eignen könnte, allerdings nicht im Falle von Vermischungen eines Mischlings mit weiteren „reinen“ Dingos. Zudem vermutete man, dass ein Fund von weiteren geeigneten Loci benutzt werden könnte, um herauszufinden, ob es unter den „reinen“ Dingos klar abgrenzbare Subpopulationen geben könnte.
Um den Ursprung und die Zeit der Ankunft der Dingos auf dem australischen Kontinent zu bestimmen, wurden 2004 die mtDNA-Sequenzen von 211 Dingos und 19 archäologischen Proben aus dem voreuropäischen Polynesien mit denen von 676 anderen Haushunden und 38 Grauwölfen verglichen. Die Haushundproben stammten aus Europa, Afrika, Südwestasien, Indien, Sibirien, dem arktischen Amerika, China, der Mongolei, Korea, Japan, Vietnam, Kambodscha, Thailand, Indonesien, den Philippinen, Malaysia, Neuseeland, Hawaii und den Hochlanden von Neu-Guinea. Die Dingoproben stammten von Dingos aus Zoos, Wildparks, von Dingo-Schutzgruppen, Liebhabern und 192 wildlebenden Exemplaren aus 27 über den australischen Kontinent verstreuten Regionen, hauptsächlich aus der Pilbara-Region, New South Wales und dem Nordosten Victorias. Die wilden Exemplare wurden aufgrund äußerlicher Gemeinsamkeiten ausgewählt, um einen Einfluss verwilderter Haushunde und Mischlingen so weit wie möglich auszuschließen.
Im Vergleich zu Wölfen und anderen Haushunden war auch die Variation der mtDNA-Sequenzen unter den Dingos sehr begrenzt. Unter den Dingos fand man 20 verschiedene mtDNA-Typen, die sich in höchstens zwei Punktmutationen unterschieden. Im Vergleich dazu fand man unter den anderen Haushunden 114 mtDNA-Typen mit einem maximalen Unterschied von 16 Punktmutationen zwischen den DNA-Typen. Zwei der Dingo-mtDNA-Typen waren identisch zu denen anderer Haushunde (A9, A29), während die anderen 18 einzigartig für Dingos waren. In einem stammesgeschichtlichen Baum von Wölfen und Haushunden fielen alle Dingo-Sequenzen in den Hauptstamm (A), der 70 % aller Haushundesequenzen enthielt. Innerhalb dieses Stammes formten die Dingo-Typen eine Gruppe um den Typ A29, der von 12 weniger häufigen Dingo-Typen wie auch einer Reihe anderer Haushundtypen umgeben war. Dieser mtDNA-Typus fand sich in 53 % der Dingos und wurde ebenfalls bei einigen Haushunden aus Ostasien, Neu-Guinea und dem arktischen Amerika (und während unabhängiger späterer Untersuchungen auch in Puerto Rico) gefunden. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse schlussfolgerte man, dass alle Dingo-mtDNA-Typen ihren Ursprung in A29 haben. A9 wurde nur bei einem Individuum gefunden und es wurde als möglich angesehen, dass dieser Typus das Ergebnis einer parallel verlaufenen Mutation ist. Ausgehend von der Mutationsrate der mtDNA und davon, dass A29 der einzige Gründer-Typus ist, wurde es als am wahrscheinlichsten angesehen, dass die Dingos vor 4600 bis 5400 Jahren in Australien ankamen, was sich mit archäologischen Funden deckt. Es wurde aber auch in Betracht gezogen, dass die Dingos auch in dem Zeitraum von vor 4.600 bis 10.800 Jahren angekommen sein könnten, falls die Mutationsrate langsamer war als angenommen. Weiterhin schlussfolgerte man, dass diese Ergebnisse stark auf eine Abstammung der Dingos von ostasiatischen Hunden (nachfolgende Untersuchungen erhöhten die obere Grenze auf 18300 Jahre und deuteten auf einen Ursprung in Südostasien) und nicht von indischen Haushunden oder Wölfen schließen lassen.
Zudem deuteten diese Ergebnisse auf zwei Abstammungsmöglichkeiten hin:
alle australischen Dingos stammen von nur sehr wenigen Hunden, theoretisch gesehen sogar von nur einem trächtigen Weibchen, ab
die australischen Dingos stammen von einer Gruppe von Haushunden ab, die auf ihrem Weg vom asiatischen Kontinent über Südostasien ihre genetische Vielfalt radikal durch einen oder mehrere schwere genetische Flaschenhalseffekte verlor
Die Existenz von einigen anderen mtDNA-Typen auf den Inseln um Australien deutete allerdings darauf hin, dass es noch andere Typen außer A29 und nur ein einziges Gründungsereignis gegeben hat. Es deutete ebenfalls darauf hin, dass es danach zu keinen weiteren bedeutsamen Einführungen von Haushunden nach Australien (vor Ankunft der Europäer) gekommen ist. Ebenso gelten ein gemeinsamer Ursprung und ein gewisser Austausch von Genen zwischen den australischen Dingos und den Neuguinea-Dingos als möglich. Den heutigen Zustand der Dingos führte man auf die lange wilde Existenz dieser Hunde zurück und nahm an, dass es sich um ein isoliertes Beispiel früher Haushunde handelt.
Entgegen entsprechenden Behauptungen zeigten diese Ergebnisse keineswegs, dass sich nur Dingohündinnen mit anderen Nicht-Dingorüden vermischen und nicht umgekehrt. Die Ergebnisse würden diesen Schluss gar nicht zulassen, da eine Paarung zwischen einer Dingohündin und einem Nicht-Dingorüden mit Hilfe einer mtDNA-Analyse nicht nachweisbar wäre. Zudem wurde von vornherein darauf geachtet, Mischlinge so weit wie möglich auszuschließen.
Laut 2010 veröffentlichten genetischen Analysen der Einzelnukleotid-Polymorphismen von 912 Hunden und 225 Grauwölfen wurden die Wölfe des Mittleren Ostens als Hauptursprung für alle Haushunde identifiziert, mit einigen möglichen sekundären Ursprungsorten in Europa und Ostasien. In dieser Studie gehörten Dingos zu den Hunden, bei denen starke Hinweise auf eine spätere Beimischung von Grauwölfen aus anderen Regionen in ihrer Geschichte gefunden wurden. Hierbei wurden beim Australischen Dingo (wie beim Akita Inu, dem Chow Chow und Shar Pei) Hinweise auf eine Beimischung von Chinesischen Wölfen entdeckt. Beim Dingo und beim Chow Chow sogar weit mehr als erwartet. Zudem wurde eine geringere genetische Variabilität als für Haushunde üblich bei Dingos bestätigt und eine Abspaltung von anderen Hunden auf einen Zeitpunkt um 2000 v. Chr. als wahrscheinlich angesehen. Zugleich gehören Dingos zu den Hunden, welche von den meisten anderen untersuchten Rassen sehr stark genetisch abgegrenzt sind und als „altertümliche Rassen“ (im Original „ancient breeds“) bezeichnet werden. Innerhalb dieser Hunde gehören Dingos, zusammen mit dem Neuguinea-Dingo, dem Chow Chow, dem Akita Inu und dem Shar-Pei zur so genannten „Asiatischen Gruppe“.
Mit der Besiedlung des australischen Kontinents durch die Europäer kamen auch ihre Haushunde nach Australien. Diese gerieten in die Wildnis (absichtlich und unbeabsichtigt), gründeten verwilderte Populationen und vermischten sich mit Dingos. Mischlinge aus Dingos und anderen Haushunden existieren heute in allen Dingo-Populationen Australiens, ihr Anteil gilt als steigend und vollkommen „reine“ Populationen existieren womöglich nicht mehr. Der Grad an Vermischung ist lokal, zum Beispiel in urbanen und ländlichen Gebieten, mittlerweile so hoch, dass es große Populationen gibt, die nur noch aus Mischlingen bestehen. Schätzungen gingen bereits von einem Anteil an Dingomischlingen von etwa 75 % auf dem Festland aus. Eine Quantifizierung wird durch das Fehlen verlässlicher Tests behindert.
Dingoartige Haushunde und Dingomischlinge können von „reinen“ Dingos in der Regel aufgrund der Fellfarbe unterschieden werden, da unter ihnen eine größere Bandbreite an Farben und Mustern besteht. Zudem kommt unter Mischlingen die haushundtypische Form des Bellens vor. Weiterhin können zur Unterscheidung der Fortpflanzungszyklus, bestimmte Schädelmerkmale und gentechnische Analysen eingesetzt werden. Bei allen Merkmalen, die zur Unterscheidung von Dingos und anderen Haushunden herangezogen werden können, gibt es doch zwei nicht zu unterschätzende Probleme. Zum einen herrscht keine echte Klarheit darüber, ab wann ein Hund als „reiner“ Dingo gilt zum anderen ist bisher kein Erkennungsmerkmal hundertprozentig zuverlässig und es ist nicht sicher, welche Merkmale unter den Bedingungen der natürlichen Selektion dauerhaft erhalten bleiben.
Im wissenschaftlichen Bereich gibt es zwei Hauptmeinungen, was die Reaktion auf den Prozess der Vermischung betrifft. In der ersten, vermutlich am weitesten verbreiteten Position geht es darum, den „reinen“ Dingo durch starke Bekämpfung der wilden Hundebestände zu erhalten und nur „reine“ beziehungsweise weitestgehend „reine“ Dingos zu schützen. Die zweite Position ist noch relativ neu und vertritt die Meinung, dass man akzeptieren muss, dass der Dingo sich verändert hat und dass es nicht möglich ist, den „reinen“ Dingo zurückzubringen. Schutz für diese Hunde sollte darauf basieren wie und wo sie leben, sowie auf ihrer kulturellen und ökologischen Bedeutung, anstatt sich auf präzise Definitionen oder Bedenken über „genetische Reinheit“ zu konzentrieren.[80] Beide Positionen werden kontrovers diskutiert.
Nachweisbar gibt es heute innerhalb der Population von wilden Hunden eine weit größere Variabilität von Fellfarben, Schädelformen und Körpergröße als in der Zeit vor Ankunft der Europäer. Im Verlauf der letzten 40 Jahre fand zudem eine Erhöhung der durchschnittlichen Körpermasse wilder Hunde um 20 % statt. Es ist bisher unbekannt, ob im Falle des Verschwindens „reiner“ Dingos die dann existierenden Mischlinge den Jagddruck auf andere Lebewesen verändern werden. Ebenso ist es nicht klar, welche Stelle solche Mischlinge in Australischen Ökosystemen einnehmen werden. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass die Dynamik der jeweiligen Ökosysteme dadurch nicht gestört wird.

Dingo (Parc Merveilleux, Bettemburg)

Dingo (Parc Merveilleux, Bettemburg)

Es gibt keine Einigung, sowohl wissenschaftlich als auch sonst, was der Dingo biologisch gesehen eigentlich ist, da er als „Wolf“, „Dingo“, „Hund“ und „wilder Hund“ bezeichnet wird. Selbst in der wissenschaftlichen Gemeinschaft hat der Dingo unterschiedliche Bezeichnungen. Zudem besteht keine Einigkeit darüber, ob es sich um ein verwildertes oder einheimisches Tier handelt oder welche Hunde überhaupt zu den Dingos gezählt werden. So sehen manche den Hallstromhund (oder Neuguinea-Dingo), den Basenji, den Carolina Dog und andere Hundepopulationen als dem Dingo zugehörig an, was aber nicht bewiesen ist. Die Hinweise deuten ebenso auf eine Uneindeutigkeit in Bezug auf den Status dieser Hunde an sich. Dingos werden als Wildhunde, Stammvater der Haushunde beziehungsweise Vorfahr der heutigen Rassen, als eigene Art, als Bindeglied zwischen Wolf und Haushund, als primitive Caniden-Art oder primitiver Haushund, als „hundeartige“ Verwandte der Wölfe oder Unterart des Haushundes angesehen. Für andere sind Dingos heimische Hunde Asiens, eine nur wenig veränderte Form früher Haushunde, teils Wolf und teils Haushund, wurden gezielt aus Wölfen gezüchtet oder die Bezeichnung „Dingo“ bezieht sich auf alle wild lebenden Haushunde. Für wieder andere sind Dingos auch nicht mehr verwildert, sondern völlig wild, da sie über viele Generationen der natürlichen Selektion ausgesetzt waren. Nach heutigem Kenntnisstand handelt es sich bei ihnen um Haushunde, die mit Menschen in ihr heutiges Verbreitungsgebiet kamen, sich an die jeweiligen Bedingungen anpassten und auch nicht „ursprünglicher“ sind als andere Haushunde.
Manche nehmen an, dass der Australische Dingo niemals der künstlichen Auslese ausgesetzt war, die eventuell die modernen Haushunde hervorgebracht hat[91] und für andere sind Dingos undomestizierte Nachfahren eines ausgestorbenen asiatischen Wolfes. Dingos zeigen aber mit einem relativen Hirnvolumen das knapp 30 % unter dem des europäischen Grauwolfs liegt, geringerer Differenzierung der sozialen Interaktionen, reduzierter Mimik, reduziertem Imponierverhalten (alles verglichen zum Europäischen Grauwolf), über den Rücken gelegten beziehungsweise gekringelten Ruten und eine in der Regel ganzjährigen Zeugungsfähigkeit der Männchen, die gleichen Merkmale, die auch bei anderen Haushunden vorkommen und zu den Auswirkungen der Domestikation gezählt werden. Es kann vorkommen, dass ein und dieselbe Quelle den Dingo als Unterart des Grauwolfes aber alle anderen Haushunde als eigenständige Spezies ansieht. Ebenso kann der wissenschaftliche Name des Dingos als Canis lupus dingo angegeben werden und dennoch wird der Dingo als eigene Art bezeichnet. Schon Alfred Brehm hielt den Dingo zuerst für eine eigene Art, kam nach Besichtigung verschiedener Exemplare aber zu dem Schluss, dass es sich nur um Haushunde handeln konnte. Dagegen wurde der Dingo von William Jardine als eigene Art und von französischen Forschern der gleichen Zeit als verwilderter Haushund eingestuft. Auch von heutigen Wissenschaftlern werden Dingos und andere Haushunde mitunter als zwei eigenständige Spezies angesehen, trotz nachgewiesener geringer genetischer, morphologischer und verhaltensbiologischer Unterschiede (z. B. kamen vergleichende Untersuchungen am Institut für Haustierkunde in Kiel zu dem Schluss, dass Dingos eindeutig Hunde sind). Das Phänomen der Vermischung beider wird dann auf die Tatsache zurückgeführt, dass sich alle wolfsartigen Arten vermischen und fruchtbare Nachkommen erzeugen könnten. Bei Kreuzungsversuchen am Kieler Institut für Haustierforschung konnte eine uneingeschränkte Fruchtbarkeit aber nur bei der Kreuzung Haushund und Grauwolf nachgewiesen werden. Bei der Kreuzung Haushund/Kojote und Haushund/Goldschakal kam es zu Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den Mischlingen untereinander und zu den Elternarten und ab der dritten Generation zu verminderter Fruchtbarkeit und Vermehrung von Erbschäden unter den Mischlingen. Solche Beobachtungen wurden aber für Mischungen aus Dingos und anderen Haushunden nie berichtet, sondern dass sich Dingos mit anderen Haushunden völlig frei vermischen können.
Die Wahl der Bezeichnung kann direkte Auswirkungen auf die Dingos haben. Außerhalb eines Naturparks hört ein Dingo offiziell auf zu existieren und wird zu einem wilden Hund, der nicht geschützt ist. Dieser Begriff selbst schließt mitunter nur Dingos und deren Mischlinge mit ein beziehungsweise schließt Dingos aus. Eine andere Namensänderung ist die, dass Dingos außerhalb der Nationalparks „nur noch“ verwildert sind, wobei dieser Begriff in diesem Zusammenhang eine weit negativere Bedeutung hat als der Begriff „wild“.
Andererseits wurden Dingos „rehabilitiert“ indem man ihren Status von Ungeziefer zu „Australiens einheimischen Hund“ änderte, oder noch subtiler von einer Unterart des Haushundes zu einer des Grauwolfes. Der Unterton in der australischen Presse ist der, dass, ein Grauwolf oder Asiatischer Wolf zu sein, bedeutet, dass der Dingo „wilder“ ist und damit wünschenswerter als ein Begleittier (Haushund). Eventuell zeigt die Angewohnheit, Dingos in der Umgangssprache nur als Hunde (nicht wilde Hunde) zu bezeichnen, eine Vertrautheit mit ihnen oder eine Abwertung an, im letzteren Fall könnte es moralisch einfacher sein, sie bei Problemen zu töten, da sie dann nicht den „hohen Status“ eines Wolfes oder Dingos besitzen. Mitunter wird es als schade angesehen, dass der Dingo ein Haushund ist beziehungsweise von solchen abstammt und nicht „direkt“ vom Grauwolf. Wenn der Dingo als heimisch angesehen wird, verdient er Schutz, ist er aber „nur“ eine Variante des Haushundes, gilt er stattdessen als Plage und muss ausgelöscht werden.

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