Unterordnung: | Stachelschweinverwandte (Hystricomorpha) |
Teilordnung: | Hystricognathi |
ohne Rang: | Meerschweinchenverwandte (Caviomorpha) |
Familie: | Trugratten (Octodontidae) |
Gattung: | Strauchratten (Octodon) |
Art: | (Gewöhnlicher) Degu (Octodon degus) |
Degus erreichen eine Kopfrumpflänge von 12 bis 17 Zentimetern, wozu noch ein 8 bis 13 Zentimeter langer Schwanz kommt. Das Gewicht variiert zwischen 170 und 300 Gramm, wobei die Männchen etwas größer werden. Ihr Fell ist an der Oberseite gelblich-braun gefärbt, die Unterseite und die Füße sind weißlich. Rund um die Augen und manchmal entlang des Nackens erstreckt sich eine hellere Zeichnung. Der Schwanz endet in einer dunkel gefärbten Quaste. Die Schwanzhaut kann leicht abgerissen werden, wenn das Tier von einem Raubtier angegriffen wird. Der freigelegte Teil des Schwanzes wird dann abgeworfen oder abgenagt und wächst nicht nach. Dunkel sind auch die verhältnismäßig großen Ohren gefärbt. Bei den Vorder- und Hinterfüßen sind die ersten vier Zehen jeweils gut entwickelt und enden in Krallen, die fünfte Zehe ist zurückgebildet. An den Hinterfüßen haben sie lange, borstenartige Haare.
Der Kopf ist durch die großen, dunklen Augen und die ovalen, fein behaarten Ohren charakterisiert. Die Schneidezähne sind orange gefärbt, die Kaufläche der Backenzähne beschreibt annähernd die Form einer Acht, wovon sich auch der wissenschaftliche Gattungsname Octodon ableitet.
Degus sind in Chile endemisch. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Süden der Region Atacama über die Regionen Coquimbo, Valparaíso, Santiago und O’Higgins bis in den Norden der Región del Maule, was in etwa dem Gebiet zwischen dem 28. und 35. südlichen Breitengrad entspricht. Sie leben an den Westabhängen der Anden in Höhen von bis zu 1200 Metern. Ihr Lebensraum ist halbtrockenes Strauchland mit mediterranem Klima namens Matorral. Sie sind zu einem gewissen Grad Kulturfolger und kommen auch mit landwirtschaftlich genutzten Habitaten, etwa Viehweiden, zurecht.
Degus sind tagaktiv, wobei die Höhepunkte der Aktivität am frühen Morgen und am späten Nachmittag liegen. Sie sind das ganze Jahr über aktiv und halten keinen Winterschlaf. Sie leben in Gruppen zusammen und führen eine teilweise unterirdisch-grabende Lebensweise. Die Gruppen sind erweiterte Familiengruppen und setzen sich aus einem bis zwei Männchen und zwei bis fünf meist miteinander verwandten Weibchen zusammen. Gruppen benutzen gemeinsame, selbst gegrabene Baue, die oft ein kompliziertes Gang- und Tunnelsystem bilden. Die Nahrungssuche geschieht stets außerhalb des Baus, dazu legen sie Trampelpfade an. Sie können dabei aber auch auf Büsche klettern. Es sind territoriale Tiere, die Größe des Reviers umfasst rund 200 m² und hat den Bau im Zentrum. Mit Steinhäufchen oder Kot markieren sie ihr Revier und die Tunneleingänge.
Ein Degu pfeift schrill, wenn er seine Artgenossen warnen möchte. Falls er Gefahr wittert, versteinert er oft für kurze Zeit und gibt einen grellen Ton von sich. Nehmen die restlichen Tiere die Warnung tatsächlich als ernst an, huschen sie in ein Versteck. Ärgerliches Quieken lassen Degus hören, wenn sie in Ruhe gelassen werden möchten, insbesondere beim Füttern. Gleichzeitig wehren sie mit den Vorderpfoten die Artgenossen ab, die versuchen, Nahrung zwischen den Pfoten des anderen zu beschnuppern oder sogar wegzunehmen.
Degus sind reine Pflanzenfresser, die vorwiegend Blätter, Rinde und Samen von Sträuchern und Stauden zu sich nehmen. Zu den bevorzugten Pflanzen zählen der Hammerstrauch Cestrum palqui, die Mimose Mimosa cavenia, Proustia cuneifolia, die Melde Atriplex repunda, die Akazie Acacia caven sowie der Gewöhnliche Reiherschnabel (Erodium cicutarium). Sie bevorzugen dabei junge, nichtfasrige Pflanzenteile. Wie alle Nagetiere haben sie einen vergrößerten Blinddarm, in dem die Fermentation der Pflanzennahrung stattfindet. Zusätzlich praktizieren sie Caecotrophie, das heißt, sie nehmen den feuchten Blinddarmkot erneut auf, um die Nahrung besser verwerten zu können.
Im Winter lagern sie Nahrungsmittel in ihren Bauen.
Degus pflanzen sich in der Regel in freier Wildbahn einmal im Jahr fort, nur in sehr feuchten Jahren auch zweimal. Die Paarungszeit fällt in die Monate September bis Oktober (in den Frühling der Südhalbkugel). Die Männchen werden in dieser Zeit deutlich aggressiver, sie verjagen die anderen Männchen aus dem Bau und markieren den Bau „ihrer“ Weibchen mit Urin. Zur Balz zählt unter anderem die gegenseitige Fellpflege und ein Ritual, bei dem das Männchen mit dem Schwanz wackelt und mit dem ganzen Körper zittert. Dann hebt das Männchen das Hinterbein und sprüht Urin auf das Weibchen, empfängnisbereite Weibchen können ihrerseits ebenfalls das Männchen mit Urin besprühen.
Nach einer rund 90-tägigen Tragzeit bringt das Weibchen durchschnittlich vier bis sechs Jungtiere zur Welt. Diese sind Nestflüchter, sie sind behaart und haben geöffnete Augen. Jungtiere werden unter Umständen nicht nur von der eigenen Mutter, sondern auch von den anderen Weibchen im Bau gesäugt. Mit zwei Wochen nehmen sie erstmals feste Nahrung zu sich, dazu bringen ihnen die erwachsenen Tiere Gräser und anderes Pflanzenmaterial in den Bau.
Nach vier bis sechs Wochen werden die Jungtiere entwöhnt, die Geschlechtsreife tritt unterschiedlichen Quellen zufolge mit 12 bis 26 Wochen ein. Bis zum Alter von rund 9 Monaten – bis die erste Paarungssaison naht – halten sie sich oft in Gruppen mit gleichgeschlechtlichen Tieren auf.