Portrait: Bonobo

ohne Rang: Altweltaffen (Catarrhini)
Überfamilie: Menschenartige (Hominoidea)
Familie: Menschenaffen (Hominidae)
Unterfamilie: Homininae
Gattung: Schimpansen (Pan)
Art: Bonobo (Pan paniscus)

Bonobo (Apenheul)

Erwachsene weibliche Bonobos sind mit einer durchschnittlichen Kopfrumpflänge von 70 bis 76 Zentimetern etwas kleiner als erwachsene Männchen mit einer Kopfrumpflänge von 70 bis 83 Zentimetern. Wie alle Menschenaffen sind Bonobos schwanzlos. Hinsichtlich des Gewichts herrscht ein deutlicher Geschlechtsdimorphismus: während Männchen ein Gewicht von 37 bis 61 Kilogramm erreichen, werden Weibchen nur rund 27 bis 38 Kilogramm schwer. Das Fell ist dunkelbraun oder schwarz.
Die Gliedmaßen sind länger und schlanker als die des Gemeinen Schimpansen. Wie bei allen Menschenaffen – mit Ausnahme des Menschen – sind die Arme deutlich länger als die Beine. Der Daumen ist länger und dünner als bei seinem Verwandten, bei den Füßen ist die erste Zehe wie bei fast allen Primaten opponierbar.
Das Gesicht ist unbehaart und dunkler gefärbt als das des Gemeinen Schimpansen, insgesamt ist der Schädel rundlicher und zierlicher gebaut. Viele Tiere weisen einen in der Mitte gescheitelten Haarschopf auf. Die Ohren sind rundlich und ragen aus dem Fell, wie bei allen afrikanischen Menschenaffen sind deutliche Überaugenwülste vorhanden. Die Schnauze steht hervor, der Mund ist durch eine helle Mundpartie charakterisiert. Im Gegensatz zum Gemeinen Schimpansen sind die Eckzähne kaum geschlechtsdimorph, das heißt, sie sind bei Männchen und Weibchen annähernd gleich groß.

Bonobos sind in der Demokratischen Republik Kongo endemisch, wo sie nur in den mittleren und südlichen Landesteilen vorkommen. Der Flussbogen des Kongo stellt die nördliche Verbreitungsgrenze dar, dieser kaum überquerbare Fluss bildet auch die Grenze zur Heimat der Gemeinen Schimpansen. Im Süden sind sie heute bis zu den Flüssen Kasai und Sankuru beheimatet. Früher reichte ihr Verbreitungsgebiet jedoch weiter nach Süden, vermutlich bis in den Norden Angolas.
Im Gegensatz zum Schimpansen ist das Habitat der Bonobos auf tropische Regenwälder beschränkt.

Bonobos können sich bei der Nahrungssuche sowohl am Boden als auch auf Bäumen aufhalten, sie sind jedoch vorrangig Baumbewohner. Am Boden bewegen sie sich wie alle afrikanischen Menschenaffen meist im vierfüßigen Knöchelgang fort, das heißt sie stützen sich mit den vordersten zwei Fingergliedern ab. Auf den Bäumen zeigen sie eine größere Bewegungsvielfalt, sie klettern sowohl mit allen vier Gliedmaßen, gehen aber auch zweibeinig (Bipedie) auf breiten Ästen und bewegen sich an den Armen hängend (suspensorisch) fort.
Wie alle Menschenaffen sind sie tagaktiv. Höhepunkte ihrer Aktivitäten liegen am Vormittag und am Nachmittag, in der Mittagshitze rasten sie. Zur Nachtruhe fertigen sie ein Schlafnest aus Blättern an. Dieses liegt zumeist hoch oben in den Bäumen und wird in der Regel nur einmal verwendet.
Die Sozialstruktur der Bonobos wird als Fission-Fusion-Organisation („Trennen und Zusammenkommen“) beschrieben. Das bedeutet, sie leben in Großgruppen von 40 bis 120 Individuen, die sich oft in Untergruppen von meist 6 bis 23 Individuen aufteilen, um manchmal wieder zusammenzukommen. Im Gegensatz zu den Gemeinen Schimpansen, die eine ähnliche Sozialstruktur aufweisen, sind die Untergruppen der Bonobos größer, öfter gemischt-geschlechtlich und stabiler. Auch findet man nur selten einzelne Individuen und wenn, dann nur Männchen.
Sowohl die Weibchen als auch die Männchen in einer Gruppe etablieren ihre Rangordnung. Dabei kommt es auch zu aggressiven Interaktionen, die zwar nicht seltener, aber von deutlich geringerer Intensität als bei Gemeinen Schimpansen sind. Bei der Aggressionskontrolle kommt sexuellen Interaktionen eine wichtige Rolle zu (siehe unten). Innerhalb der Großgruppe bilden die Weibchen den Kern und übernehmen auch die Führungsrolle. Eine Dominanz der Männchen über die Weibchen ist kaum zu sehen, es gibt sogar Berichte über ein ausgesprochen aggressives Verhalten der Weibchen gegenüber den Männchen. Generell sind die Beziehungen zwischen den Weibchen einer Gruppe viel enger als die zwischen den Männchen. Bei den Weibchen ist die gegenseitige Fellpflege (Komfortverhalten) sehr häufig, auch teilen sie öfter die Nahrung miteinander.
Die Männchen hingegen haben wenig Zusammenhalt untereinander, sie pflegen sich seltener gegenseitig das Fell und bilden im Gegensatz zu den Gemeinen Schimpansen keine Allianzen, um ihre Rangstufe in der Gruppenhierarchie zu verbessern. Überhaupt halten die Männchen zeitlebens einen engen Kontakt mit ihrer Mutter aufrecht – sie bleiben im Gegensatz zu den Weibchen dauerhaft in ihrer Geburtsgruppe. Die Stellung der Männchen in der Gruppenhierarchie dürfte auch vom Rang ihrer Mutter abhängen.

Die Interaktionen zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern sind friedlicher als bei anderen Primaten und beinhalten häufig Sexualverhalten. Dies dürfte der Reduktion von Spannungen dienen und wird unabhängig von Alter, Geschlecht oder Rangstufe ausgeübt. Auch das Gewähren sexueller Kontakte im Gegenzug zur Nahrungsabgabe ist verbreitet. Bonobos praktizieren eine Vielfalt von Sexualkontakten, die Tiere kopulieren täglich mit verschiedenen Partnern. Dieser Geschlechtsverkehr erfolgt in unterschiedlichsten Stellungen, anders als beim Gemeinen Schimpansen in einem Drittel der Fälle mit zugewandten Gesichtern. Andere Formen beinhalten gelegentlichen Oralverkehr, das Streicheln der Genitalien und Zungenküsse. Weibchen praktizieren häufig das gegenseitige Aneinanderreiben der Genitalregionen („scissoring“). Dieses Verhalten dürfte der Versöhnung und der Regulierung von Spannungen dienen und auch die hierarchische Rangstufe anzeigen, da es häufiger von rangniederen Weibchen begonnen wird. Auch die Männchen praktizieren manchmal Pseudokopulationen, sie führen – gegenüber an Bäumen hängend – „Fechtkämpfe“ mit ihren Penissen durch oder reiben ihren Hodensack am Gesäß eines anderen Tieres.

Die Reviergröße einer Großgruppe umfasst 22 bis 68 Quadratkilometer, was einem groben Durchschnitt von zwei Tieren pro Quadratkilometer entspricht. Die Länge der täglichen Streifzüge beträgt rund 1,2 bis 2,4 Kilometer. Die Territorien verschiedener Gruppen können sich überlappen, trotzdem gehen sie einander meistens aus dem Weg. Kommt es dennoch zu einer Begegnung, machen sie die andere Gruppe durch lautes Gebrüll oder Imponiergehabe auf ihr Revier aufmerksam. Mitunter kann es auch zu Kämpfen kommen. Die bei Gemeinen Schimpansen vorkommenden brutalen, an Kriegstaktik erinnernden Übergriffe sind jedoch bisher nicht nachgewiesen. Frans de Waal weist jedoch auf Verletzungen an bzw. das Fehlen von Händen oder Füßen in freier Wildbahn hin.

Verglichen mitSchimpansen überwiegen in der Kommunikation die lautlichen Äußerungen gegenüber der Verwendung von Körperhaltungen und Gesichtsausdrücken, was vermutlich durch ihr Leben im dichten und oft dunklen Wald bedingt ist. Ein hoher, schriller Schrei dient der Kontaktaufnahme, ein an Hundegebell erinnernder Laut stellt eine Warnung dar. Andere Laute können Aufregung, Zufriedenheit und anderes mehr ausdrücken. Ein hechelndes Ein- und Ausatmen stellt ein Äquivalent zum menschlichen Lachen dar.

Bonobo (Zoo Frankfurt)

Die Länge des Sexualzyklus beträgt rund 46 Tage, der Östrus dauert bis zu 20 Tage und ist durch eine Regelschwellung beim Weibchen gekennzeichnet.
Zahlenwerte zur Fortpflanzung sind bislang nur von Tieren in Gefangenschaft bekannt; aus Beobachtungen beim Gemeinen Schimpansen weiß man, dass diese Werte von denen freilebender Tiere deutlich abweichen können und daher unsicher sind. Die Trächtigkeitsdauer beträgt rund 220 bis 250 Tage, danach kommt in der Regel ein einzelnes Jungtier zur Welt. Das Gewicht der Neugeborenen beträgt 1 bis 2 Kilogramm. In den ersten Lebensmonaten klammert sich das Jungtier am Fell der Mutter fest, später reitet es auf ihrem Rücken. Die Entwöhnung erfolgt erst nach rund 4 Jahren. Rund fünf Jahre nach der Geburt kann das Weibchen erneut gebären.
Die Geschlechtsreife tritt mit rund 9 Jahren ein; die erste Fortpflanzung erfolgt jedoch erst einige Jahre später, mit rund 13 bis 15 Jahren.
Da die Freilandstudien an Bonobos erst in den 1970er-Jahren begannen, ist die Lebenserwartung in freier Wildbahn unbekannt. Tiere in menschlicher Gefangenschaft können ein Alter von rund 50 Jahren erreichen.

Bonobos sind Allesfresser, die sich aber überwiegend pflanzlich ernähren. Früchte machen den Hauptbestandteil der Nahrung aus, Blätter und Kräuter der Bodenvegetation ergänzen insbesondere in fruchtarmen Zeiten den Speiseplan. Daneben nehmen sie auch Insekten und andere Wirbellose zu sich. Entgegen früheren Annahmen jagen auch Bonobos gelegentlich kleine bis mittelgroße Wirbeltiere, wobei die Jagd im Gegensatz zu den Schimpansen von den Weibchen durchgeführt wird. Ducker galten bis vor kurzem als ihre Hauptbeute. 2008 wurde jedoch entdeckt, dass sie auch andere Primaten wie Schopfmangaben jagen.

Werkzeuggebrauch bei freilebenden Bonobos scheint nur ausgesprochen selten vorzukommen, beispielsweise in Form der Verwendung von Blättern zum Schutz vor Regen. Bei Tieren in menschlicher Obhut kommt diese Verhalten deutlich häufiger vor und wurde bereits seit längerem beobachtet.

Angaben über die genetische Ähnlichkeit zwischen dem Menschen und den verschiedenen Arten der Menschenaffen beruhten zunächst auf Untersuchungsbefunden zu Übereinstimmungen von Aminosäuresequenzen bestimmter wichtiger Proteine. Diesen Untersuchungen nach wurden die Bonobos als die dem Menschen nächstverwandte Art eingestuft. Aus der vorläufigen DNA-Sequenzierung des Schimpansen wurde 2005 abgeleitet, dass Mensch und Schimpanse sich bezogen auf Einzelnukleotid-Polymorphismen in ungefähr 1,23 Prozent der Basenpaare unterscheiden. Andererseits war schon früher festgestellt worden, dass sich Schimpansen und Bonobos genetisch nur geringfügig unterscheiden. Bonobos und Schimpansen haben sich im Verlauf ihrer Entwicklung mehrfach miteinander vermischt, wie Studien am Genom beider Spezies zeigen.

Bonobo (Zoo Planckendael)

Für die moderne Wissenschaft wurde der Bonobo erst 1929 anhand eines Schädels in einem belgischen Museum entdeckt, den man zuvor für den eines jungen Gemeinen Schimpansen gehalten hatte. Als Erstbeschreiber gilt der deutsche Zoologe Ernst Schwarz, wenngleich die ersten ausführlicheren Arbeiten erst 1933 von Harold Coolidge veröffentlicht wurden.
Nach einer weit verbreiteten Ansicht basiert der Name Bonobo auf einer falschen Wiedergabe des Namens der Stadt Bolobo am Unterlauf des Kongo-Flusses. Von dort stammten die ersten Exemplare, die nach Europa gebracht wurden. Da er nicht deutlich kleiner als der Gemeine Schimpanse ist, wird die Bezeichnung Zwergschimpanse nur noch selten verwendet. Das wissenschaftliche Artepitheton paniscus ist eine Diminutivform zum Gattungsnamen Pan, der auf den bocksfüßigen Hirtengott Pan zurückgeht.

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