Portrait: Biber

Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Euarchontoglires
Ordnung: Nagetiere (Rodentia)
Familie: Biber (Castoridae)
Gattung: Castor
Arten: Europäischer Biber (Castor fiber), Kanadischer Biber (Castor canadensis)

Kanadischer Biber (Wilhelma Stuttgart)

Die Biber bilden eine Familie innerhalb der Ordnung der Nagetiere. Es ist mit Castor nur eine Gattung in der nördlichen Hemisphäre verbreitet. Der Ursprung der Biber reicht bis in das ausgehende Eozän zurück. Im Laufe der Stammesgeschichte bildeten sich zahlreiche Formen aus, die rund 30 Gattungen entsprachen. Die ursprünglichste Gruppe bildet die Unterfamilie der Agnotocastorinae, deren Mitglieder noch zahlreiche Merkmale mit ihren Vorgängern teilen, die in den hauptsächlich in Nordamerika nachgewiesenen Eutypomyidae zu suchen sind. Die weiteren Bibervertreter können prinzipiell in zwei Gruppen aufgeteilt werden: eine semi-aquatisch lebende und eine an Offenlandschaften angepasste, terrestrisch grabende Gruppe. Die erste umfasst die Unterfamilien der Castorinae, zu der auch Castor gehört, und der Castoroidinae, die unter anderem die bekannteren Gattungen Castoroides (Riesenbiber) und Trogontherium (Altbiber) einschließen. Sie stellen auch ein stammesgeschichtlich jüngeres Glied innerhalb der Entwicklung der Biber dar. Die zweite Gruppe besteht aus den Unterfamilien der Palaeocastorinae und der Migmacastorinae, welche auf das Oligozän und das Miozän beschränkt sind. Sie entstand aufgrund der sich abkühlenden Klimaverhältnisse im Verlauf des Oligozän und der damit verbundenen Ausbreitung der Gräser. Allerdings starb sie im Miozän vermutlich durch Konkurrenz zu anderen ähnlich angepassten Säugetieren wieder aus. Zu den bedeutendsten Vertretern gehören Palaeocastor und Migmacastor. Laut phylogenetischen Untersuchungen bilden sowohl die semi-aquatisch angepasste als auch die terrestrisch-unterirdisch lebende Gruppe jeweils eine monophyletische Einheit. Bei heutigen Bibern ist aber ebenfalls eine teilweise grabende Tätigkeit bekannt, ebenso wie einige ausgestorbene, primär semi-aquatische Formen, etwa Steneofiber oder Nothodipoides, in ihren Skelettmerkmalen Anpassungen an das Graben zeigen. Dadurch kann angenommen werden, dass der gemeinsame Vorfahre der beiden Gruppen bereits über diese Merkmale verfügte. Das von den heutigen Bibern bekannte charakteristische Benagen von Bäumen stellt allerdings ein abgeleitetes Merkmal der semi-aquatischen Gruppe dar. Es entwickelte sich innerhalb dieser lediglich bei Castor und bei Dipoides, letzteres steht in einer engeren Verwandtschaft zum Alt- und Riesenbiber.
Rezent werden zwei Arten der Gattung Castor unterschieden, der Europäische und der Kanadische Biber. Der Kanadische Biber lässt sich vom Europäischen Biber eindeutig durch seine geringere Chromosomenzahl (40 C. canadensis, 48 C. fiber) unterscheiden. Die Beschreibung verschiedener Unterarten beim Europäischen Biber ist nach Meinung einiger Experten eine Folge der Verinselung, nachdem diese Art im 19./20. Jahrhundert schon stark dezimiert war.

Der Kanadische Biber erreicht bei einer Gesamtlänge (einschließlich des Schwanzes) von 90 bis 120 Zentimeter eine typische Körpermasse von 17 bis 32 Kilogramm (in Ausnahmefällen bis 45 Kilogramm) und wird 10 bis 12 Jahre alt; Tiere in Gefangenschaft erreichten schon ein Alter von 19 Jahren. Der Europäische Biber hingegen ist etwas kleiner und weist im Mittel eine Körpermasse von rund 18 Kilogramm (das schwerste gemessene Exemplar wog 31,7 Kilogramm) auf.
Eurasische und Kanadische Biber sind äußerlich nur schwer zu unterscheiden. Auch die Geschlechter unterscheiden sich äußerlich kaum. Nur säugende Weibchen sind an den größeren Zitzen als Weibchen zu erkennen; ansonsten muss die Kloake nach einem Penisknochen abgetastet werden. Das meist braune Fell des Bibers ist mit 230 Haaren pro Quadratmillimeter (Mensch: bis zu 6) sehr dicht und schützt vor Nässe und Auskühlung. Der Pelz wird regelmäßig gereinigt und mit einem fetthaltigen Sekret, dem Bibergeil (Castoreum), gepflegt.
Mit seinem spindelförmigen Körper, einem breiten, abgeplatteten, mit lederartiger Haut bedeckten und unbehaarten Schwanz, Kelle genannt, und den Schwimmhäuten ist das Tier perfekt an das Leben im Wasser angepasst. Die Kelle dient als Steuer beim Abtauchen sowie zur Temperaturregulation und als Fettdepot. Beim Tauchen werden Nase und Ohren verschlossen; so können Biber bis zu 20 Minuten tauchen.

Der Europäische Biber war ursprünglich in Europa und weiten Teilen Asiens heimisch, ist dann aber durch Bejagung (dichtes Fell, essbares Fleisch) in weiten Teilen Europas ausgerottet worden. Durch konsequenten Schutz und Auswilderungen im 20. Jahrhundert haben sich die Bestände des Europäischen Bibers in den letzten Jahrzehnten wieder erholt. Für Details zur Verbreitung siehe: Europäischer Biber.

Der Kanadische Biber ist noch weit in Nordamerika verbreitet. Trotz intensiver Nutzung wurde dort die Population nicht nachhaltig zerstört. Teilweise erlauben die Bestände wieder die Jagd auf Biber (Fallenstellen). Durch Auswilderung wurde in Finnland eine Population von Kanadischen Bibern geschaffen. Auch in Österreich wurden einige Kanadische Biber freigelassen, später aber wieder abgefangen. Für Details zur Verbreitung siehe: Kanadischer Biber.

Europäischer Biber (Zoo Augsburg)

Der Biber ist ein semiaquatisches Säugetier, das heißt sein Lebensraum sind fließende und stehende Gewässer und deren Uferbereiche. An Land bewegt er sich aufgrund seines plumpen Körperbaus nur langsam. Sein Körperbau ist dem Leben im und am Wasser ausgezeichnet angepasst (Kelle als Steuer und Antriebsruder, Schwimmhäute an den Hinterfüßen, bis zu 230 Haare pro Quadratmillimeter Körperoberfläche und 120 Haare pro Quadratmillimeter am Rücken, Möglichkeit das Fell einzufetten, Geschlechtsorgane im Körperinneren, effiziente Ausnutzung des Sauerstoffs, wodurch er bis zu 20 Minuten lang tauchen kann). Der Biber besiedelt Fließgewässer in allen Größenkategorien, vom Fluss erster Ordnung bis hin zum Entwässerungsgraben. Ebenso kann er alle Formen von Stillgewässern annehmen, vom Weiher oder Altwasser bis hin zum See. Stehen ihm nur mangelhafte Lebensräume zur Verfügung, zeigt sich der Biber mitunter sehr anpassungsfähig und siedelt sich auch an außergewöhnlichen Plätzen an, beispielsweise inmitten von Ortschaften oder direkt an Autobahnen, wo dann Gehölzpflanzungen nicht selten die wichtigste Nahrungsquelle darstellen.

Biber leben monogam. Das Revier einer Biberfamilie, die aus dem Elternpaar und zwei Generationen von Jungtieren besteht, umfasst je nach der Qualität des Biotops 1 bis 3 Kilometer Fließgewässerstrecke. Die Reviergrenzen werden mit Bibergeil, einem öligen Sekret aus einer Drüse im Afterbereich, markiert und gegen Eindringlinge verteidigt.

In der Biberburg leben die Altbiber mit bis zu vier Jungen, oft noch mit Jungtieren aus dem Vorjahr. Im Mai wird der behaarte und von Geburt an sehende Nachwuchs geboren, davor müssen die vorjährigen Jungen den Bau verlassen haben. Die jungen Biber sind anfangs wasserscheu, werden aber von der Mutter einfach ins Wasser geworfen und so an das Leben im Wasser gewöhnt. Nachdem sie in der Regel zwei Monate lang von der Mutter gesäugt wurden, erlangen sie nach etwa drei Jahren die Geschlechtsreife. In dieser Zeit werden sie von den Eltern aus dem Revier vertrieben und können dann über 100 Kilometer weit wandern. Im Mittel liegt die Wanderstrecke bei 25 Kilometer. Danach suchen sie sich einen Partner und gründen selbst ein Revier.

Der Biber ist ein reiner Pflanzenfresser. Er bevorzugt Kräuter, Sträucher, Wasserpflanzen und Laubbäume, wie Espen, Erlen und Pappeln. Von den von ihm gefällten Bäumen verzehrt er die Zweige, die Astrinde und die Blätter. Eigentlich ist er jedoch ein pflanzlicher Allesfresser, er ernährt sich auch von Gräsern und Schilf.

Der Biber ist dämmerungs- und nachtaktiv. Beim Abholzen verwendet er eine „Sanduhrtechnik“; dabei wird das Holz in Form einer Sanduhr benagt, bis der Baum fällt. Je nach Härte des Holzes kann ein Biber in einer Nacht einen bis zu 50 Zentimeter dicken Baum fällen.

Biber halten keinen Winterschlaf, sondern sind auch im Winter im Wasser und an Land aktiv und auf Nahrungssuche. Als zusätzlichen Nahrungsvorrat lagern die Biber im Herbst direkt vor dem Eingang der Burg Zweige und Äste. Wenn die Wasseroberfläche mit dickem Eis bedeckt ist und die Biber gezwungen sind, in der Burg zu bleiben, können sie die gelagerten Äste tauchend erreichen und sich von der Rinde ernähren. Im Winter (Januar bis Februar) findet die Paarung statt.

Die Biberbauten bestehen aus Wohnbauten und Biberdamm, teils ins ufernahe Erdreich gegraben, teils aus herbeigeschlepptem Baumaterial errichtet: lose (abgenagte) Äste, Zweige, Steine, Schlamm und durch den Biber gefällte Bäume bis zu einem Stammdurchmesser von 80 Zentimeter.

Im Biberrevier befinden sich in der Regel zwei bis vier (manchmal bis zu zehn) Wohnbaue unterschiedlichster Form. Der Eingang zum Wohnkessel ist immer unter dem Wasserspiegel, der Wohnkessel selbst liegt über Wasser. Der Wohnraum im Inneren kann einen Durchmesser bis zu 120 Zentimeter und eine Höhe bis zu 60 Zentimeter erreichen. Ist die Uferböschung steil genug, gräbt sich der Biber eine Höhle hinein und vernetzt sie mit Biberröhren. Das können Fressröhren, Fluchtröhren und Spielröhren sein. Befindet sich im Biberdamm oder in einem inselartigen, vollständig von Wasser umgebenen Bauwerk aus geeignetem Baumaterial ein Wohnbau, spricht man von Biberburg. Fällt der Wohnbau trocken, wird er verlassen, da dann Feinde erleichterten Zugang haben.

Querschnitt durch einen Biberbau

Biber sind für ihre Dammbauten bekannt, mit denen sie Bäche aufstauen und sogar künstliche Teiche anlegen. Der Damm trägt primär dazu bei, einen Wasserstand über dem Eingang zum Wohnbau von möglichst 60 Zentimeter und einen sichernden Wasserbereich um die Burg herum zu gewährleisten. Biberdämme in fließenden Gewässern sind bei starken Regenfällen bedroht, fortgerissen zu werden. Biber können ihren Damm öffnen, um Hochwasser rascher ablaufen zu lassen und ihren Damm so zu schützen. Damit regulieren sie den Wasserstand ihres Gewässerbereiches und ermöglichen so, dass auch empfindlichere Wasserpflanzen im Teich gedeihen, welche dem Biber als Nahrung dienen können. Biberdämme bedürfen insbesondere in Fließgewässern ständiger Aufwendungen.

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