Jean de la Fontaine: Das große Fabelbuch (Rezension)

Jean de la Fontaine (Hyacinthe Rigaud)

Jean de La Fontaine (* 8. Juli 1621 in Château-Thierry; † 13. April 1695 in Paris) war ein französischer Schriftsteller. Er gilt den Franzosen als einer ihrer größten Klassiker und ist mit einigen seiner Fabeln noch heute jedem französischen Schulkind bekannt.
Voltaire schrieb zwar über La Fontaine, dass er kein origineller oder erhabener Schriftsteller war, und dass er einen bemerkenswerten Makel habe, nämlich seine eigene Sprache nicht richtig zu sprechen. Aber er sei ein Mann, der in den hervorragenden Stücken, die er hinterlassen hat, einzigartig ist. Sie werden der Nachwelt erhalten bleiben, sie sind für alle Menschen und für alle Zeiten geeignet. Seine Fabeln sind sehr zahlreich und trugen sogar zu der Ausbildung respektabler Persönlichkeiten bei.
La Fontaines Fabeln hatten mehrere Vorzüge gegenüber den lateinischen Texten, die traditionell für den Lese-, Schreib- und Rhetorikunterricht verwendet wurden: Sie waren kurz, kernig, dramatisch und amüsant, voller spannender Handlungen, leicht und unterhaltsam zu lesen und zu rezitieren, und der Rhythmus und die flexible Versform wurden als hervorragende Beispiele für Stil und Geschmack bei der Verwendung der Umgangssprache angesehen. In La Fontaines Tierfabeln sind es vielfach die kleinen Kreaturen, aus deren Fehlern der Leser eine Lehre zieht. Die größeren Tiere werden kaum als gute oder bewundernswerte Figuren dargestellt, sondern sind lediglich Symbole der Mächtigen und Reichen. Man hört nie ihre Meinungen oder macht ihre Bekanntschaft. Im Gegensatz dazu sind die Kleinen, wie z. B. der Frosch oder die Ratte, kameradschaftliche, redselige kleine Wesen, mit denen der Leser gut auskommen kann. Sie sind keine böse Monster oder allegorische Bildnisse der Laster, die man meiden müsste, sondern vielmehr Beispiele dafür, wie leicht es für Unvorsichtige ist, eine Katastrophe auf sich zu ziehen.
Seine Gönnerin Madame de la Sablière, die ihn zwanzig Jahre beherbergt hatte, nannte La Fontaine einen Fabulisten, der Fabeln so natürlich trug, wie ein Pflaumenbaum Pflaumen trägt.
Ich gebe zu, dass ich schon seit Jahrzehnten keine Fabeln mehr gelesen habe und diejenigen, an die ich mich erinnern kann stammen von Aesop. Jean de la Fontaine war mir bis zum Erscheinen des großen Fabelbuchs unbekannt. Aber ich bin froh, dass ich diesen großartigen Dichter entdecken durfte.
Elegant im Schuber erscheint DAS GROßE FABELBUCH und wird dem Meister sehr gerecht. Den einzelnen Fabeln wird der Platz eingeräumt, den sie verdienen und es ist ein Genuss sie zu lesen und auf sich wirken zu lassen.

Passend dazu sind die Illustrationen, die Jan Peter Tripp beisteuert. Antropomorphe Gestalten, teils Mensch, teils Tier werten das Buch noch auf und auch wenn sie eine eigene Berechtigung darstellen, so hätten es meiner Meinung nach gerne mehr sein dürfen, auch passend zu den Fabeln.
Aber ich will das Gesamtkunstwerk nicht schmälern, denn sowohl das Auge als auch das Gehirn bekommen etwas geboten.
Wer denkt, dass Fabeln aus der Mode geraten sind, der wird feststellen dürfen (oder müssen), dass manche Dinge sich nie ändern und man nicht abstreiten kann, dass sich zwar der Geschmack und die Mode ändert, aber der Mensch in seinem Innersten doch immer gleich bleibt. Und so wird dem modernen Menschen des 21. Jahrhunderts ein Spiegel der Vergangenheit vorgehalten, der damals treffend war und heute ebenso.

(Rezensionsexemplar)

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