Die Stunde der Gartenvögel ist die derzeit deutschlandweit größte Aktion zur Vogelbeobachtung. Sie wird vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) seit 2005 jährlich im Mai veranstaltet. Als Pendant zu der Aktion wurde im Jahr 2011 erstmals bundesweit die „Stunde der Wintervögel“ veranstaltet. Die Beteiligung von Naturfreunden daran war so stark, dass der für die Datenannahme programmierte Server zeitweise überfordert war. Die „Stunde der Wintervögel“ gab es bereits in Vorjahren auf Landesebene, so z. B. in Bayern, getragen durch den LBV. Vorbild für diese Aktionen ist der bereits seit Jahrzehnten in Großbritannien erfolgreiche „Big Garden Bird Watch“. Bei diesem Public Science-Projekt werden Daten zur Vogelwelt nach einer einheitlichen Vorgabe erhoben. Durch die Menge von tausenden von Daten fallen z. B. einzelne Bestimmungsfehler nicht ins Gewicht und es können regionale Unterschiede und Trendaussagen zu den Beständen der häufigen Arten gemacht werden
Ziel der Aktion ist ein deutschlandweites und möglichst genaues Bild von der Vogelwelt in unseren Städten und Dörfern zu erhalten. Dabei geht es nicht um exakte Bestandszahlen aller Vögel, sondern vielmehr darum Anteile und Trends von Populationen zu ermitteln. Damit dieser Anteil repräsentativ ist, sollen die Populationsdaten über mehrere Jahre verglichen werden. So werden neue Kenntnisse zur Entwicklung einzelner Vogelarten sowie zu regionalen Unterschieden gewonnen.
Die Stunde der Wintervögel findet an drei Tagen im Januar (um den 6.) statt. Die Stunde der Gartenvögel findet an drei Tagen im Mai statt. Teilnehmer sollen an einem bestimmten Ort (Garten oder Park) alle Vögel zählen, die sich dort innerhalb einer Stunde einfinden.
Die Zählung kann durch eine große Zahl an Fehlerfaktoren beeinflusst werden. Zu unterscheiden ist zwischen Fehlerfaktoren, die in der allgemeinen Anlage der Untersuchung (methodische Fehler) begründet liegen und solchen, die dem Faktor Mensch zuzurechnen sind.
Die Bestimmung wird in vielen Fällen von ornithologischen Laien durchgeführt. Bei ihnen besteht eher die Gefahr, dass zum einen Tiere mit anderen ähnlich aussehenden Vögeln (zum Beispiel Sumpf- und Weidenmeisen oder Fitis und Zilpzalp) verwechselt werden. Zum anderen fallen Vögel aus der Statistik, die von ihnen mangels Kenntnis, Bestimmungsbüchern oder schlechten Beobachtungsbedingungen nicht bestimmt werden können. Dieser Fehler konnte bei der Entwicklung der Zahlen der Jahre 2005 und 2006 nachgewiesen werden, nachdem die Zahl der beobachteten Elstern, Mehlschwalben und Mauersegler auffällig gestiegen war. Die Ursache lag darin, dass Bilder dieser Tiere in diesem Jahr erstmals im Flyer zur Stunde der Gartenvögel abgebildet wurden. Um diesen Fehler zukünftig zu vermeiden, wurde beschlossen, in jedem Jahr die 40 selben Vögel abzubilden. Fraglich ist auch, ob die Zählkriterien in jedem Fall beachtet werden, zum Beispiel die Vorgabe, dass nicht alle Vögel addiert werden, die innerhalb einer Stunde gesichtet werden, sondern die höchste Anzahl der Vögel, die zu einem Zeitpunkt gesichtet werden. Schließlich wird es vielen ornithologischen Laien im Gegensatz zu Fachleuten schwerer fallen, Vögel, die man nicht sieht, aber hört, anhand ihrer Stimme zu identifizieren.
Die Beobachtungen werden in den meisten Fällen an Orten durchgeführt, die durch eine permanente Anwesenheit von Menschen geprägt sind. Dennoch werden bei den Zählungen in den seltensten Fällen Vorrichtungen getroffen, dass die Menschen sich unauffällig verhalten (Tarnzelte oder ähnliches). Im Gegenteil werden manche Zählungen von Beobachtergruppen vorgenommen. Scheue Vögel mit einer großen Fluchtdistanz werden so kaum zu beobachten sein, auch wenn sie sich normalerweise dort aufhalten. Daneben werden vor allem Tiere beobachtet werden, die sich nicht versteckt verhalten, sondern sich bei der Anwesenheit von Menschen offen zeigen. Nachtaktive Vögel wie Schleiereulen oder Ziegenmelker werden nur in den seltensten Fällen angetroffen, auch wenn sie in dem beobachteten Gebiet vorkommen, weil die meisten Untersuchungen tagsüber durchgeführt werden.
Schließlich sind weder die Bezeichnung Gartenvögel noch die Habitatformen Gärten und Parks genauer definiert.
Um die Zahl der Fehler zu verringern, bieten viele Ortsgruppen des Naturschutzbunds Deutschland Seminare und Aktionen an, bei denen die Teilnehmer ihre Kenntnisse verbessern können.
Unter dem Strich haben die Ergebnisse nur eine begrenzte Aussagekraft, da die angewendete Methode Schwächen hinsichtlich der Gütekriterien aufweist. Sie lassen aber aufgrund der großen Zahl von in einem eng begrenzten Zeitraum durchgeführten Zählungen durchaus Aussagen zur Vogelpopulation in den untersuchten Gebieten zu. Zum Beispiel lassen sich Aussagen zur Entwicklung einzelner Vogelarten über einen längeren Zeitraum treffen.