Die Krustenechse, Escorpion der Kreolen, Tola-Chini der Azteken (Heloderma horridum) vertritt eine besondere Sippe (Heloderma) und mit einigen anderen verwandten Gruppen eine eigene Familie (Trachydermidae), deren Merkmale folgende sind: Der Leib ist gedrungen, der Schwanz rund und lang, die dritte Vorder- und Hinterzehe mit der vierten länger als alle anderen, das Trommelfell sichtbar; die wulstig gekielten oder gekörnelten Schuppen stehen in Querreihen; die Zunge theilt sich vorne in zwei kurze, glatte Spitzen; die Zähne haben keine Höhlung an der Wurzel; die Schläfengrube wird von Hautknochen überbrückt. Erwachsen erreicht die Krustenechse eine Länge von 1,6 Meter. Ihrer Gestalt nach kommt sie am nächsten mit den Waranen und Ameiven überein, ist aber plumper gebaut und durch den dicken, runden Schwanz hinlänglich unterschieden. Der platte, vorne abgestumpfte Kopf trägt auf dem Scheitel erhabene, rundliche Schuppen; der Leib und die übrigen Theile sind mit perlähnlichen Schüppchen bedeckt; das ganze Fell fühlt sich deshalb rauh und körnig an.Die kegelförmigen, geraden, spitzigen Zähne, welche im unteren Kinnladenrande befestigt sind, haben am Innenrande der Vorderseite eine deutliche Furche. Die dunkel- oder erdbraun gefärbte Haut der Oberseite ist mit kleinen, nach Alter und Spielarten verschiedenen, von Weißgelb bis zu Rothbraun abändernden Flecken gezeichnet; den Schwanz ringeln mehrere dunkle Binden; die Unterseite zeigt auf hornbraunem Grunde gelbliche Flecken.
Deppe’s kurze und inhaltlose Lebensschilderung der Krustenechse ist neuerdings durch Su michrast in jeder Beziehung vervollständigt worden. Die absonderliche Echse lebt, nach Angabe des letztgenannten Beobachters, ausschließlich auf der Westseite der Kordilleren, bis zum Stillen Weltmeere hinab, und zwar nur in trockenen Gegenden, scheint auch freiwillig niemals ins Wasser zu gehen. Sie ist ein Nachtthier, bewegt sich langsam und schwerfällig und schleppt, wenn sie alt geworden ist oder trächtig geht, den schweren Leib auf dem Boden. Den Tag über verbirgt sie sich in selbstgegrabenen Löchern am Fuße der Bäume oder unter Pflanzenresten und liegt hier unbeweglich, in sich zusammengerollt. Abends kommt sie zum Vorscheine und jagt nunmehr auf allerlei Kleingethier: ungeflügelte Kerfe, Regenwürmer, Tausendfüßer, kleine Frösche und dergleichen, welche sie namentlich auf Waldpfaden ertappt, oder gräbt die Eier der Leguane aus, verschmäht selbst bereits in Fäulnis übergegangene Stoffe nicht. In der Regenzeit begegnet man ihr am häufigsten, in den Monaten November bis Juni am seltensten; es scheint daher, daß auch sie Sommer- oder, da die Zeit der Hitze und Dürre unseren kalten Monaten entspricht, Winterschlaf halte wie viele andere Kriechthiere in Mittel-und Südamerika.
Der sehr starke und ekelhafte Geruch, welchen die Krustenechse verbreitet, steigert sich zur Paarungszeit noch wesentlich. Wenn man sie reizt, trieft ihr weißlicher kleberiger Geifer aus dem Maule, welcher von den sehr entwickelten Speicheldrüsen abgesondert wird; wenn man sie berührt, wirft sie sich auf den Rücken, geräth, wie ihre beschleunigten Athemzüge beweisen, in Zorn, läßt ein tiefes Zischen wahrnehmen und geifert noch heftiger als vorher. Diese Eigenschaften, welche sie mit Kröten und anderen Lurchen gemein hat, sowie ihre Häßlichkeit haben ohne Zweifel das Vorurtheil der Eingeborenen hervorgerufen, unter welchem das auch nach Sumichrast unschuldige, das heißt nichtgiftige Thier zu leiden hat.
Börsch erhielt, wie er mir schreibt, während seines Aufenthaltes in Mejiko eine Krustenechse lebend, nachdem er die allgemeine Furcht der Eingeborenen durch das Versprechen einer guten Belohnung beschwichtigt hatte. Das endlich eingefangene Thier kam in einer starken Kiste an, in welcher auch Früchte enthalten waren, weil sonst kein Maulthiertreiber es mitgenommen haben würde. Börsch warf ihm die mitgegebenen Früchte, Kerbthiere, kleine Eidechsen, Eigelb und rohes Fleisch vor; es fraß aber nur von letzterem und trank ein wenig Wasser. Um festzustellen, ob sein Biß, wie der allgemeine Aberglaube behauptet, tödtlich vergifte, versuchte man, es durch vorgehaltene Eidechsen zu reizen. Es berührte diese nicht, ließ sich durch sie auch nicht aus seiner Ruhe bringen, biß aber einen der Beobachter, als derselbe es mit der Hand berühren wollte, tüchtig in den Finger, späterhin auch einmal Börsch selbst. Beider Wunden bluteten und schmerzten stark, heilten jedoch ohne alle Zwischenfälle und erwiesen den Ungrund der Volksmeinung zur Genüge.
Die Krustenechse stirbt laut Sumichrast, nur infolge von Schnitt- oder Schußwunden; denn ihre harte Haut macht sie fast unempfindlich gegen jeden Schlag. Ihre Muskelreizbarkeit erhält sich aber bis zu achtundvierzig Stunden nach dem Abtrennen ihres Kopfes vom Rumpfe. Börsch tödtete seine Gefangene binnen zwanzig Minuten durch Chloroform.