Eine der buntesten und auffallendsten Enten unseres Vaterlandes ist die Löffelente, Breitschnabel-, Schild-, Fliegen-, Mückenente oder Räschen, Taschenmaul, Seefasan usw. (Spatula clypeata, Anas clypeata, rubens, mexicana und jamaicensis, Clypeata pomarina, macrorhynchos, platyrhynchos und brachyrhynchos, Rhynchaspis clypeata), Vertreterin einer gleichnamigen Sippe (Spatula), welche sich durch ihren großen, hinten schmalen, vorn sehr erweiterten und stark gewölbten, weichen, fein gezahnten Schnabel auszeichnet.
Kopf und Oberhals sind dunkelgrün, der Hinterhals unten, der Oberrücken und die kurzen Schulterfedern hellgrau gesäumt, Unterhals, Kropf und oberste Flügeldeckfedern weiß, die übrigen lichtblau, die vorn durch einen breiten weißen Streifen abgegrenzten Spiegelfedern schimmernd metallgrün, Unterrücken und Bürzel schwarzgrün, Brust und Bauch kastanienbraun, die Unterschwanzdeckfedern schwarz, die Schwingen braungrau, die mittleren Steuerfedern braun, weißlich gekantet, die seitlichen, mehr und mehr zunehmend, weiß. Das Auge ist goldgelb, der Schnabel schwarz, der Fuß rothgelb. Die Länge beträgt funfzig, die Breite achtzig, die Fittiglänge vierundzwanzig, die Schwanzlänge acht Centimeter. Das Weibchen ist auf graugelbem Grunde dunkler gefleckt, sein Oberflügel grau, der schmale Spiegel graugrün, der Schnabel grüngelb, an den Rändern blaßroth. Seinem Kleide ähnelt die Sommertracht des Männchens.
Der gemäßigte Gürtel der Erde ist die Heimat der Löffelente; im hohen Norden kommt sie seltener vor. Europa bewohnt sie vom südlichen Norwegen an allerorten; in Amerika findet man sie von Kanada an in sämmtlichen Vereinigten Staaten. Von hier auswandert sie während des Winters bis Mejiko, von Europa aus bis Nord- und Mittelafrika, von Asien aus bis Südchina, Indien und Australien. Sie gehört in Ostpreußen, Polen, Dänemark und Holland zu den gewöhnlichen Erscheinungen, findet sich in Mitteldeutschland hier und da und tritt im Winter massenhaft in ganz Südeuropa auf. Bei uns zu Lande erscheint sie zu Ende des März oder im Anfange des April, und schon gegen Ende des August bricht sie allgemach zu ihrer Reise nach Süden wieder auf. Auch sie zieht süßes Wasser dem Meere vor, findet sich aber doch recht gern auf seichten Stellen desselben ein und treibt sich hier, eher nach Art der Strandvögel als nach Art anderer Enten, auf schlammigen Watten, sandigen, flachen Küsten und in den bei der rücktretenden Ebbe gefüllt bleibenden Lachen umher. Auf den nordegyptischen Seen hält sie sich stets an den Rändern auf, während andere Arten ihrer Familie entweder die freien Stellen der weiter ab vom Ufer gelegenen oder die mit Pflanzen bedeckten bruchartigen Theile der Seen bevölkern.
Von den übrigen deutschen Enten unterscheidet sie sich durch ihr prachtvolles und auffallendes Gefieder schon aus weiter Ferne, nicht aber wesentlich durch ihre Sitten und Gewohnheiten. Sie geht wie die übrigen Schwimmenten ziemlich gut und gern, schwimmt leicht und schön, gründelt oft, taucht aber nur im Nothfalle, fliegt rasch und behend, wenn auch nicht so schnell wie die kleineren Arten, und verursacht fliegend wenig Geräusch. Ihre Stimme klingt quakend, die des Männchens ungefähr »Woak«, die des Weibchens tiefer »Wak«. Sie gehört unter die zutraulichsten oder am wenigsten scheuen Arten ihrer Familie, läßt sich leicht beschleichen und zeigt sich zuweilen geradezu einfältig, wird aber schließlich, wenn sie sich verfolgt sieht, doch auch vorsichtig und scheu. Naumann hat beobachtet, daß die Männchen im Frühjahre, wenn sie ihr Prachtkleid tragen, wahrscheinlich weil sie wissen, daß die blendenden Farben desselben sie leichter verrathen als die unscheinbaren des Sommerkleides, scheuer sind als im Spätsommer. Zu größeren Gesellschaften vereinigt sie sich selten oder nie; denn auch in der Winterherberge habe ich sie immer nur in kleineren Familien gesehen, obwohl es vorkommen konnte, daß mehrere solcher Familien nahe neben einander sich beschäftigten.
Die Nahrung der Löffelente ist uns noch nicht genügend bekannt. Wir wissen, daß sie sich von allerlei Kleingewürm, Kerbthieren und Kerbthierlarven, Fisch und Froschlaich, kleinerer Fischbrut, Süßwasserschnecken nährt und auch zarte Pflanzenstoffe nicht verschmäht; aber wir erfahren an den gefangenen, daß sie sich schwerer halten als alle übrigen Enten und oft auch bei dem reichlichsten Futter verkümmern und zu Grunde gehen, ohne daß wir bis jetzt ergründen konnten, welcher Nahrungsstoff ihnen durch die Gefangenschaft entzogen wird. Daß es ihnen nur an einer Lieblingsnahrung, welche zu ihrem Wohlbefinden unumgänglich nothwendig sein muß, fehlen kann, unterliegt keinem Zweifel. Nach meinen Erfahrungen halten sich die Männchen besser als die Weibchen, von denen gewöhnlich mehr als die Hälfte bald nach ihrer Gefangenschaft erliegen. Wahrscheinlich finden sie in der Freiheit eine Menge von kleinen zarten Geschöpfen so hinfälliger Art, daß wir sie in dem Magen der getödteten nicht mehr bestimmen können; wenigstens sieht man sie viel anhaltender als die übrigen flüssigen Schlamm durchschnattern oder schwimmende Wasserpflanzen in ähnlicher Weise durchsuchen. Getreide scheinen sie immer nur mit Widerstreben zu genießen und thierische Nahrung der pflanzlichen vorzuziehen. Mehr als andere Enten sind sie während der Nacht mit Aufsuchen ihrer Nahrung beschäftigt. Bei Tage ruhen sie gern auf sandigen Stellen des Ufers, entweder auf einem Beine stehend oder auf dem Bauche liegend, schlafen auch hauptsächlich in den Mittagsstunden; mit Eintritt der Dämmerung aber werden sie rege, und wenn die Nacht es einigermaßen gestattet, bleiben sie bis zum nächsten Morgen fast ununterbrochen in Thätigkeit.
In Süd- und Mitteldeutschland zählt die Löffelente unter die selteneren Brutvögel; im Norden unseres Vaterlandes nistet sie öfter, wenn auch nicht so häufig wie in Holland. Sie wählt zu diesem Zwecke große, freie Brüche, setzt sich auf ihnen sofort nach ihrer An kunft fest und beginnt nun bald die Vorbereitungen zum Nestbaue. »Auf den freieren und tieferen Stellen des Wassers«, sagt Naumann, »sieht man die sehr verliebten Männchen um die Weibchen buhlen und sich dabei tüchtig herumzausen, weil gewöhnlich um eine Geliebte mehrere sich bewerben, diese dann oft die Flucht ergreift, nun hoch durch die Luft von sämmtlichen Bewerbern verfolgt und so lange umhergejagt wird, bis sie sich dem einen ergibt und sich mit ihm absondert, was aber erst geschieht, wenn sie, müde gejagt, sich wieder auf das Wasser gestürzt hat.« Das Umherjagen endet, nachdem alle sich gepaart haben; doch wird noch jedes Weibchen, wenn es einmal vom Neste geht, von allen Männchen, deren Gatten durch das Brüten abgehalten sind, mit Liebesanträgen verfolgt. »Mit der ehelichen Treue«, fährt Naumann fort, »ist es auch bei diesen Enten nicht weit her. Wir sahen einige Male ein Löffelentenmännchen sich unter die ein Weibchen ihrer Art verfolgenden Wildenteriche mischen und es neben diesen so hitzig verfolgen, als wenn alle nur Löffelenten gewesen wären.« An gefangenen habe ich solche Verirrungen häufig beobachtet; die Männchen zeigten sich namentlich den Weibchen der Spießente zugethan. Das Nest steht auf einer mit Wasser oder Morast umgebenen Schilf- oder Seggenkufe, im Schilfe eines Grabenufers, unter Strauchwerk usw. näher oder weiter vom Wasser entfernt, manchmal sogar auf anstoßenden Feldern im Getreide, stets möglichst gut versteckt, wird aus trockenen Schilf-, Binsen-, Gras- und anderen Pflanzentheilen schlecht zusammengeschichtet, tief ausgemuldet und später ebenfalls mit Dunen versehen. Sieben bis vierzehn Stück eiförmige, feinkörnige, glattschalige, glanzlose, trüb rostgelbliche oder grünlichweiße Eier von etwa einundfunfzig Millimeter Längs- und siebenunddreißig Millimeter Querdurchmesser bilden das Gelege. Die Mutter brütet mit warmer Hingebung, kann aber Störungen beim Brüten nicht vertragen und verläßt im Anfange der Brutzeit, wenn sie gewaltsam vertrieben wurde, die Eier regelmäßig. Nach Naumann währt die Brutzeit zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Tage. Das Wachsthum der Jungen ist in ungefähr vier Wochen vollendet. Ihr Wildpret ist ausgezeichnet, aber auch das der alten Vögel recht gut.