Der Wolf in Deutschland (Archiv)

(Erstveröffentlichung am 21. November 2017)

Wolf (Wildpark Lüneburger Heide)

Wolf (Wildpark Lüneburger Heide)

Der Wolf ist wieder in Deutschland heimisch. Die einen heißen ihn willkommen, die anderen verdammen seine Anwesenheit. Und hier und da wird verbotenerweise auch ein Tier erschossen.
Im Gebiet der heutigen Bundesrepublik waren Wölfe bereits um 1750 weitgehend ausgerottet. Doch wurden bis zur Wiederbesiedlung einiger Regionen Deutschlands um die Jahrtausendwende immer wieder einzelne Wölfe geschossen oder auf andere Weise getötet, in Niedersachsen beispielsweise 1872 ein Wolf im Becklinger Holz. Auf einige dieser Wölfe richtete sich das besondere Interesse der Öffentlichkeit, etwa auf den 1904 in der Lausitz erschossenen „Tiger von Sabrodt“, den man zunächst für ein entkommenes Zirkustier gehalten hatte. Als Würger vom Lichtenmoor wird ein fiktives Raubtier bezeichnet, das 1948 in Niedersachsen zahlreiche Haus- und Wildtiere rund um das Lichtenmoor nordöstlich von Nienburg/Weser gerissen haben sollte und dem später eine Wolfsidentität zugeschrieben wurde. Tatsächlich handelte es sich bei den vermeintlichen Angriffsopfern des „Würgers“ weitestgehend um Tiere, die gewildert oder illegal geschlachtet worden waren.

Schon nach dem Zweiten Weltkrieg wanderten immer wieder Wölfe nach Deutschland ein. Bis 1990 wurden in Deutschland mindestens 21 Wölfe geschossen oder mit Fallen gefangen. Auch nach 1990 sind immer wieder Wölfe über die polnische Grenze nach Deutschland eingewandert und hielten sich bevorzugt auf Truppenübungsplätzen auf. Im Jahr 2000 wurde im sächsischen Teil der Lausitz erstmals seit mindestens 100 Jahren wieder eine erfolgreiche Reproduktion (Welpenaufzucht) des Wolfes in Deutschland nachgewiesen, der Beginn einer nun einsetzenden Populationsdynamik. Seitdem hat der Bestand an Wölfen dort kontinuierlich zugenommen und das Verbreitungsgebiet hat sich beständig vergrößert. Ende Juli 2013 lebten in der Lausitz in Sachsen und Brandenburg 14 Rudel oder Paare.
Außerhalb der Lausitz gibt es weitere territoriale Vorkommen.
In Schleswig-Holstein wurden 2007 die erste Wolfsichtung verzeichnet hatte, gab es bis 2012 bereits 22 nachgewiesene Sichtungen, in Thüringen wurde 2013 ein einzelner Wolf gesichtet. In Hessen und Bayern wurden Einzeltiere beobachtet, deren Schicksal unbekannt ist. Vieles deutet darauf hin, dass sich in einigen Landkreisen Bayerns Wölfe ansiedeln, die ursprünglich aus Norditalien stammen. Aus Nordrhein-Westfalen gab es bis 2015 drei Nachweise. Ende 2014 wurden in Ostwestfalen DNA-Spuren eines Wolfs nachgewiesen. Seit Anfang 2015 und gehäuft im Frühjahr und Sommer 2016 tauchten auch im Westen Deutschlands umherwandernde Tiere auf, so im April 2016 in Rietberg-Mastholte und in Haltern am See.

Wolf (Wildpark Bad Mergentheim)

Wolf (Wildpark Bad Mergentheim)

Die Rückkehr der Wölfe hat zu lebhaften Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern dieser Entwicklung geführt. Von vielen Landesregierungen wurde ein sogenanntes Wolfsmanagement aufgelegt, das ein konfliktarmes Nebeneinander von Mensch und Wolf ermöglichen soll. Eine der damit verbundenen Maßnahmen war z. B. die Gründung des LUPUS – Institut für Wolfsmonitoring und -forschung in Deutschland, der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf und weitere Initiativen, die schon früher eine Aufklärung der Bevölkerung durch intensive Öffentlichkeitsarbeit zum Ziel hatten. Zu einem Ausgleich zwischen den gegensätzlichen Positionen konnten diese Bemühungen jedoch bislang kaum beigetragen und die Debatte ähnelt oft einem „Glaubenskrieg“ um das richtige Vorgehen, der von gegenseitigen Schuldzuweisungen begleitet wird. Besonders mit Beginn des Winterhalbjahrs wiederholen sich alljährlich Berichte über Nahkontakte zwischen Mensch und Wolf, die von der einen Seite eher als harmlos, von der anderen Seite als potenziell bedrohlich beurteilt werden.
Die Frage, inwiefern eine weitere Zunahme des Wolfsbestands wünschenswert ist, ist politisch sehr aufgeladen und wird häufig benutzt, um den jeweilig Verantwortlichen mangelndes oder falsches Handeln vorzuhalten. Der Streit geht quer durch alle betroffenen Gruppen – also Behörden, Parteien, Tierschützer, Viehzüchter, Naturschutz- und Jagdverbände.

Da der Wolf sowohl Nutztiere reißt als auch Menschen angreifen kann, wird er von Vielen als bedrohlich angesehen. Zudem ernährt er sich vorrangig von Wild und war deshalb in historischer Zeit ein bedeutsamer Nahrungskonkurrent des Menschen. Die starke Ausbreitung menschlicher Siedlungs- und Agrarflächen sowie die offene Viehhaltung, hier vor allem die bis ins 19. Jahrhundert verbreitete Waldweide von Rindern, Schafen, Schweinen und Pferden, führte zu zahlreichen Haustierverlusten durch Wölfe. Auch wenn die angegebenen Verluste in manchen Fällen übertrieben waren oder durch wildernde Hunde verursacht wurden, waren die wirtschaftlichen Schäden bei dieser Art der Viehhaltung für die Bauern häufig bedeutend. Zudem war der Wolf auch hinsichtlich der Nutzung von Wildbeständen zur Beschaffung von Fleisch und anderen Rohmaterialien wie Fellen Konkurrent des Menschen. Typisch waren Beschreibungen wie die im Grossen vollständigen Universal-Lexicon aus dem Jahr 1758. Dort wird behauptet, der Wolf sei „gar sehr gefräßig, grausam, arglistig, und der gefährlichste Feind der wilden und zahmen Thiere, sonderlich der Schaafe“, ferner das „schädlichste Geschöpf Gottes“, welches „die Menschen angreiffet, zerreisset und frisset.“ Berichte und Geschichten über „Wolfsplagen“ und Angriffe auf Menschen (zum Teil mit Todesfolge) finden sich bis in die Neuzeit in zahlreichen schriftlichen Quellen. So wird schon 1197 von einer „Wolfsplage“ an der Mosel berichtet, die angeblich mehrere menschliche Opfer forderte.

Ziel der Verfolgung des Wolfs in West- und Mitteleuropa, vor allem durch große Treibjagden, war die völlige Ausrottung.Mit so genanntem Wolfzeug (Seile, an welchen Lappen hingen) wurden die bekannten Rückzugsgebiete umspannt. Die Wölfe schlüpften nicht unter diesen Seilen mit Lappen hindurch, sondern blieben im abgesperrten Bereich. Die Treiber trieben die Wölfe auf eine Schützenkette zu, wo diese dann erschossen wurden. Zu den Treibjagden wurde das Jagd- und Forstpersonal, ferner die zu Jagdfrondiensten verpflichtete Bevölkerung aufgeboten. Diese Wolftreibjagden waren bei der Bevölkerung verhasst, da sie im Winter bei Neuschnee durchgeführt wurden. Denn nur bei Neuschnee konnte man den Spuren der Wölfe gut folgen und deren Rückzugsgebiete feststellen. Die Jagden dauerten viele Stunden, ja Tage. Bei der zu Jagdfrondiensten verpflichteten Bevölkerung handelte es sich meist um arme Tagelöhner und Bauern. Diese Treiber verfügten häufig nur über unzureichende Winterbekleidung, was immer wieder zu Erkrankungen führte. In der Oranienburger Region wurden zu Beginn des 18. Jahrhunderts zwischen 10 und 25 Jagden pro Jahr angesetzt. Gemeinden und Städte versuchten immer wieder, sich von der Stellung von Treibern zu befreien. Die Stadt Neu-Ruppin zahlte 1672 mehrere hundert Reichstaler, um die Verpflichtung loszuwerden.
Neben den Treibjagden gab es noch andere Jagdmethoden. Um den Anreiz der Wolfsjagd zu erhöhen, gab es hohe Fangprämien. Nach einer Verordnung in Preußen zahlte man für eine adulte Wölfin zwölf Taler, einen adulten Wolf zehn Taler, einen Jungwolf acht Taler und für einen ausgegrabenen Welpen vier Taler. Das Tragen von Schusswaffen war der normalen Bevölkerung aber verboten. Es wurden u. a. mit Strychnin vergiftete Köder eingesetzt. Auch Wolfsgärten und Wolfsgruben wurden angelegt. Eine weitere Methode waren aus Eisen geschmiedete Wolfsangeln.[160] Die mit Widerhaken versehenen Enden wurden mit Ködern bestückt und an einem Baum so hoch aufgehängt, dass der Wolf danach springen musste, um zuschnappen zu können. Der Wolf blieb mit dem Maul hängen und verendete in einem langen Todeskampf.
Schon im 18. Jahrhundert wurden westlich der Oder im Deutschen Reich nur noch Einzelwölfe festgestellt. Nur in Ostpreußen konnte sich die Wolfspopulation noch halten. So betrug die Jagdstrecke in Ostpreußen im Winter 1747/48 noch immer 241 Wölfe, während in den drei westlich angrenzenden Provinzen zusammen nur noch 24 Wölfe zur Strecke kamen. Noch 1764 forderte die brandenburgische Provinzialregierung eine Erhöhung des Schussgelds, weil zehn Wölfe festgestellt wurden, die bald darauf (ohne Erhöhung des Schussgeldes) erschossen wurden. Der Wolf wurde nach und nach in immer mehr Gebieten ausgerottet.
Der Wolf wurde unter anderem in Großbritannien (letzte Erlegung 1743), Dänemark (1772), Luxemburg (1893) und Deutschland (spätestens 1904) ausgerottet. In Süd- und Osteuropa gelang es in historischer Zeit nie, die Bestände bis zur annähernden Ausrottung zu dezimieren.
Ein informatives Buch zum Thema ist Eine Kulturgeschichte des Wolfs.

Der Wolf in Deutschland ist ein strittiges Thema, über das ich mich nicht weiter auslassen möchte. Allerdings begegne ich lieber einem Wolf, der im Idealfall die Flucht vor mir ergreift, als einem Wildschwein, dass mich eher über den Haufen rennt.

Mehr über den Wolf in Deutschland findet man hier:
Wolfsmonitor
Wildtiermanagement große Beutegreifer
Willkommen Wolf (NABU)
Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN)
Wolfsinformationszentrum Schleswig-Holstein
Freiwilligeneinsätze im Herdenschutz
Wolfsexpertin und Buchautorin Elli H. Radinger und das Wolfmagazin

Der Wolf im Beutelwolf-Blog

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