Der Siedelweber in Brehms Tierleben

Siedelweber (Brehms Tierleben)

Ein Spatz, nicht aber ein Weber, wie gewöhnlich angenommen wird, ist der Siedelsperling (Philetaerus socius und lepidus, Loxia socia, Euplectes lepidus), Vertreter einer gleichnamigen Sippe. Sein Schnabel ist gestreckt kegelförmig, seitlich zusammengedrückt, auf der Firste sanft gebogen, an dem oberen Schneidenrande ausgeschweift, der Fuß kräftig, kurzläufig, langzehig und mit dicken Schuppen bekleidet, der Flügel ziemlich lang und spitzig, in ihm die zweite Schwinge die längste, der Schwanz breit, kurz und gerade abgeschnitten. Die Federn des Oberkopfes sind braun, die der übrigen Oberseite etwas dunkler, schmal fahlbraun umrandet, die des Nackens und der Halsseiten noch dunkler und merklich heller als jene umrandet, Zügel, Gegend am Mundwinkel, Kinn und Kehle schwarz, Kropfseiten und übrige Untertheile blaß fahlbräunlich, einige Federn an den Schenkelseiten schwarz, hell fahlbraun umsäumt, Schwingen und Steuerfedern, Flügeldeck-, Bürzel- und obere Schwanzdeckfedern dunkelbraun, erstere außen, letztere ringsum fahlbraun gesäumt. Der Augenring hat dunkelbraune, der Schnabel wie der Fuß blaßbraune Färbung. Die Länge beträgt dreizehn, die Fittiglänge acht, die Schwanzlänge fünf Centimeter.

Das Innere Südafrikas ist das Vaterland, Großnamakaland der Brennpunkt des Verbreitungsgebietes des Siedelsperlings. Schon die älteren Reisenden erwähnen dieses Vogels. »Im Lande der Namaken«, sagt Patterson in seiner zu Ende des vorigen Jahrhunderts erschienenen Reisebeschreibung, »gibt es Mimosenwälder, welche viel Gummi liefern und deren Zweige die vornehmste Nahrung der Girafen sind. Ihre ausgebreiteten Aeste und ihr platter Stamm schützen eine Art Vögel, die sich in Herden versammeln, vor den Schlangen, welche sonst ihre Eier vernichten würden. Die Art, wie sie ihre Nester errichten, ist höchst merkwürdig. Achthundert bis tausend sind unter einem gemeinschaftlichen Dache, welches einem mit Stroh bedeckten Hause gleicht, einen großen Ast mit seinen Zweigen bedeckt und über die eigentlichen, klumpenweise darunter sich befindlichen Nester hängt, so daß weder eine Schlange noch ein anderes Raubthier dazu kommt. In ihrem Kunstfleiße scheinen sie den Bienen zu gleichen. Sie sind den ganzen Tag beschäftigt, Gras herbei zu holen, woraus der wesentlichste Theil ihres Gebäudes besteht, und welches sie zum Ausbessern und Ergänzen gebrauchen. Ohne Zweifel vermehren sie jährlich die Nester, so daß die Bäume, welche diese schwebenden Städte tragen, sich biegen. Unten daran sieht man eine Menge Eingänge, deren jeder zu einer Straße führt, an deren Seiten sich die Nester befinden, ungefähr fünf Centimeter von einander. Sie leben wahrscheinlich von den Samen des Grases, womit sie das Nest bauen.«

Diese Schilderung, welche im ganzen richtig ist, wurde von A. Smith vervollständigt: »Das Auffällige der Naturgeschichte dieser Vögel«, sagt er, »ist der gesellige Bau ihrer Nester unter einem Dache. Wenn sie einen Nistplatz gesunden und den Bau der Nester angefangen haben, beginnen sie gemeinschaftlich das allen dienende Dach zu errichten. Jedes Pärchen baut und bedacht sein eigenes Nest, aber eines baut dicht neben das andere, und wenn alle fertig sind, glaubt man nur ein Nest zu sehen, mit einem Dache oben und unzähligen kreisrunden Löchern auf der Unterseite. Zum zweiten Male werden dieselben Nester nicht zum Brüten benutzt, sondern dann unten an die alten neue angehängt, so daß nun Dach und alte Nester die Bedeckung der neuen bilden.

So nimmt die Masse von Jahr zu Jahr an Größe und Gewicht zu, bis sie endlich zu schwer wird, den Ast, an welchem sie hängt, zerbricht und herabfällt.«

Solche Ansiedelungen findet man gewöhnlich auf großen, hohen Bäumen; wo diese jedoch nicht vorkommen, wird wohl auch die baumartige Aloë benutzt. Das Gelege besteht aus drei bis vier bläulichweißen, am dickeren Ende fein braun getüpfelten Eiern. Ob nur das Weibchen brütet oder darin vom Männchen unterstützt wird, ist zur Zeit noch unbekannt. Die Jungen werden mit Kerbthieren groß gezogen. Nach der Ansicht von Ayres dienen die Nester auch als Schlafräume.

Lebende Siedelsperlinge werden uns leider nicht zugeführt; mir ist deshalb auch keine Angabe über ihr Betragen in der Gefangenschaft bekannt.

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