Portrait: Wasserschwein

Teilordnung: Hystricognathi
ohne Rang: Meerschweinchenverwandte (Caviomorpha)
Familie: Meerschweinchen (Caviidae)
Unterfamilie: Hydrochoerinae
Gattung: Capybaras (Hydrochoerus)
Art: Wasserschwein (Hydrochoerus hydrochaeris)
Wasserschweine (Zoo Berlin)

Wasserschweine (Zoo Berlin)

Das Wasserschwein  ist das größte Nagetier der Welt.
Capybaras halten sich vorwiegend im Wasser auf, die Schwimmhäute zwischen ihren Zehen helfen ihnen dabei, sich schnell zu bewegen. Ohren, Augen und Nase verlaufen in einer Linie, ähnlich wie beim Kaiman. So müssen sie beim Schwimmen nicht komplett den Kopf herausstrecken und sind für ihre zahlreichen Feinde kaum zu erspähen. Das Geschlecht dieser Tiere ist nicht leicht zu bestimmen, da sich ihre Geschlechtsorgane im Körperinneren befinden und kein ausgeprägter Geschlechtsdimorphismus besteht.
Der Körper der Capybaras ist massiv und plump gebaut, einem stämmigen Rumpf stehen kurze Gliedmaßen gegenüber. Die Vorderbeine enden in vier und die Hinterbeine in drei Zehen, die jeweils radial angeordnet sind. Die hufähnlich verdickten Zehen sind durch kleine Schwimmhäute verbunden. Der Schwanz ist rückgebildet. Capybaras erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 100 bis 130 Zentimetern und eine Schulterhöhe von 50 bis 60 Zentimetern, wobei die Weibchen etwas größer werden als die Männchen. Das Durchschnittsgewicht beträgt 50 Kilogramm bei Männchen und 61 Kilogramm bei Weibchen; die Gewichtsspanne kann aber zwischen 27 und 80 Kilogramm liegen.
Das Fell ist lang und rau, stellenweise aber so dünn, dass die Haut durchscheint. Seine Färbung variiert von rotbraun bis grau an der Oberseite, die Unterseite ist gelblich-braun gefärbt. Manche Tiere haben schwarze Flecken im Gesicht, an der Außenseite der Gliedmaßen und am Rumpf. Die Länge der Haare beträgt 30 bis 120 Millimeter.Capybaras haben einen auffallend breiten und massigen Kopf. Die Schnauze ist im Vergleich zu ihren nahen Verwandten vergrößert und abgerundet, die Nasenlöcher sind klein und stehen weit auseinander. Bei männlichen Tieren ist die Spitze der Schnauze unbehaart und mit einer auffälligen Duftdrüse versehen. Die Ohren sind klein und rund, die Augen seitlich angeordnet und ebenfalls klein. Wie bei vielen zum Teil im Wasser lebenden Tieren liegen Augen, Ohren und Nasenlöcher hoch oben am Kopf, sodass die Tiere, wenn sie atmen oder Ausschau halten, kaum aus dem Wasser ragen.
Die Zahnformel der Tiere lautet 1-0-1-3, das bedeutet pro Kieferhälfte ein Schneidezahn, ein Prämolar und drei Molaren, insgesamt also 20 Zähne. Die weißen Schneidezähne sind mit einer Längsfurche versehen, sie sind wie bei allen Nagetieren vergrößert und zu wurzellosen Nagezähnen umgebildet, dahinter klafft eine als Diastema bezeichnete Lücke. Die Backenzähne sind ebenfalls wurzellos und komplex gebaut: sie bestehen aus herz- oder streifenförmigen Schmelzprismen, die durch Schichten von Zahnzement getrennt sind.

Capybaras haben ein zweigeteiltes Verbreitungsgebiet. Der kleinere Teil liegt im östlichen Panama, dem nördlichen Kolumbien und dem nordwestlichen Venezuela. Der größere Teil umfasst nahezu ganz Südamerika östlich der Anden und reicht vom östlichen Venezuela und den Guyana-Staaten bis nach Uruguay und in das nordöstliche Argentinien. Entsprechend dem geteilten Verbreitungsgebiet werden zwei Unterarten unterschieden, die von manchen Systematiken auch als zwei unterschiedliche Arten angesehen werden: Hydrochoerus hydrochaeris isthmius bewohnt den nordwestlichen Teil. Es ist etwas kleiner als Hydrochoerus hydrochaeris hydrochaeris, das den größten Teil Südamerikas östlich der Anden besiedelt.
Die Habitate der Capybaras sind unterschiedlich, die Tiere stellen aber einige Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie sind auf die Nähe von Seen, Tümpeln, Flüssen, Sumpfgebieten oder Mangrovenwäldern angewiesen. Außerdem benötigen sie festen Grund als Schlafplatz, idealerweise mit dichter Vegetation als Schutz. Zur Nahrungsaufnahme begeben sie sich gerne in grasbewachsene Savannengebiete. Die höchsten Populationsdichten erreichen sie in den ausgedehnten Feuchtgebieten Südamerikas wie dem Pantanal und der vom Orinoco durchflossenen Llanos-Region im Norden des Kontinents. Meist leben sie im Flachland, kommen aber auch in Gebieten bis zu 1300 Metern Seehöhe vor. Capybaras sind im Vergleich zu anderen südamerikanischen Arten gegenüber Veränderungen des Lebensraums durch Menschen relativ tolerant und können in gewissem Ausmaß auch in Gebieten überleben, die in Plantagen oder Viehweiden umgewandelt wurden.

Wasserschweine (Zoo Osnabrück)

Wasserschweine (Zoo Osnabrück)

Capybaras sind vorwiegend dämmerungsaktiv. Sie verbringen die Hitze des Tages in Schlammlöchern oder seichtem Wasser. Zur Nachtruhe ziehen sie sich ins Dickicht zurück. Sie graben keine Baue. In Gebieten, in denen sie vom Menschen gestört werden, gehen sie allerdings zu einer nachtaktiven Lebensweise über.
Wenn Gefahr droht, können sie schnell laufen, fliehen aber, wenn möglich, in ein Gewässer. Sie sind hervorragende Schwimmer. Im Wasser tauchen sie fast völlig unter, wobei nur die Augen und die Nasenspitze herausragen. Manchmal verbergen sie sich auch in dichter Wasservegetation. Sie können aber auch weite Strecken tauchend zurücklegen. Das tiefe Wasser dient ihnen allerdings lediglich als Fluchtraum. Die meisten Aktivitäten geschehen im seichten Wasser oder an Land.
Capybaras leben in Herden, die aus einem Paar samt Nachwuchs oder einer größeren Gruppe aus mehreren erwachsenen Tieren bestehen können. Die Gruppengröße beträgt sechs bis zwanzig Tiere. Vereinzelt trifft man auch Einzelgänger an, die fast immer erwachsene Männchen sind.

Die Herdengröße und die Lebensweise sind von der Jahreszeit und dem Lebensraum abhängig. In der Regenzeit breiten sich Capybaras über ein großes Gebiet aus, wodurch die Gruppengröße abnimmt. Sie fressen in dieser Zeit viel und legen einen Fettvorrat an. Auch die Aufzucht der Jungtiere geschieht hauptsächlich zur Regenzeit. In der Trockenzeit versammeln sich viele Tiere um die größeren Flüsse und Seen, wobei es zur Bildung größerer Gruppen kommt. Die Sterblichkeit ist in dieser Zeit deutlich höher, da Hunger und Krankheiten zunehmen und die Tiere wegen der Abnahme der schützenden Vegetation vermehrt Opfer von Räubern werden. Untersuchungen aus Venezuela zeigen eine durchschnittliche Gruppengröße von 5,6 Tieren während der Regenzeit und 15,9 im März, dem trockensten Monat. In ausgesprochenen Dürreperioden kann es zur Bildung von bis zu 100 Tieren großen Herden kommen, die sich um die verbliebenen Gewässer sammeln. Solche Zusammenschlüsse sind aber instabil und nur von kurzer Dauer.

Eine Familiengruppe oder Herde wird von einem dominanten Männchen angeführt, das seine Position oft jahrelang innehat. Daneben finden sich ein oder mehrere Weibchen mitsamt ihren Jungtieren. Auch untergeordnete Männchen können Teil einer Herde sein. Die Rangordnung ist in der Regel stabil und bei beiden Geschlechtern hierarchisch gegliedert. Sie wird mit zum Teil aggressiven Kämpfen etabliert.
Eine Gruppe bewohnt ein Territorium von rund 80 bis 200 Hektar. Die Tiere halten sich aber meist in einem Kernrevier von rund 10 Hektar Größe auf, das gegenüber eindringenden Artgenossen verteidigt wird. Die Markierung des Territoriums erfolgt durch Duftdrüsen; sie liegen beim Männchen wie erwähnt oberhalb der Nase sowie bei beiden Geschlechtern in der Afterregion (Analdrüsen).
Capybaras kommunizieren mit einer Reihe von Lauten untereinander. Dazu zählen ein dem Schnurren ähnlicher Laut, der Unterwerfung signalisiert, ein bellender Alarmruf, Zufriedenheit ausdrückende Schnalzlaute, schrille Pfiffe und Grunzlaute.

Die Nahrung der Capybaras besteht hauptsächlich aus Gräsern, die sie auf dem Festland zu sich nehmen, gelegentlich ergänzt durch Wasserpflanzen. Manchmal fallen sie auch in Plantagen ein und fressen beispielsweise Zuckerrohr, Wassermelonen oder Mais. Die gelegentlich aufgestellte Behauptung, auch Fische gehörten zu ihrer Nahrung, ist falsch.
Capybaras weisen im Bau ihres Verdauungssystems einige Anpassungen an ihre Ernährung auf. Dazu zählen ein länglicher Magen und ein sackförmig vergrößerter Blinddarm. Ähnlich wie einige andere Nagetiere (z. B. die Meerschweinchen) oder die Hasen praktizieren sie die Koprophagie, das nochmalige Fressen des Kotes: Der Blinddarmkot, eine weiche, klebrige Form des Kotes, dessen Material mit Hilfe spezieller Bakterien im Blinddarm fermentiert wird, wird unmittelbar nach dem Ausscheiden erneut verzehrt. Auf diese Weise können die Tiere die schwer verdauliche, zellulosehaltige Nahrung auf bestmögliche Weise verwerten. Der nach der erneuten Verdauung entstehende Kot ist oval und trocken, er wird nicht wieder aufgenommen.
Capybaras können, ähnlich den Meerschweinchen, Vitamin C nicht selbst erzeugen, daher muss der Bedarf über die Nahrung gedeckt werden. Bei Tieren in menschlicher Gefangenschaft – mit offensichtlich falscher Fütterung – sind Fälle von Skorbut beobachtet worden.

Wasserschweine (Tierpark Hirschfeld)

Wasserschweine (Tierpark Hirschfeld)

Das Männchen leitet die Begattung ein, indem es das Weibchen verfolgt, zunächst am Land, später schwimmend im Wasser. Im seichten Wasser erfolgt dann die Paarung. Nach sechs bis zehn schnellen Stößen ist der Akt vollendet. Innerhalb kurzer Zeit kann dieser Vorgang bis zu 20 Mal mit dem gleichen oder einem anderen Partner wiederholt werden.
Die Paarung kann das ganze Jahr über erfolgen. Die meisten Geburten fallen allerdings in die Regenzeit (April bis Mai im nördlichen Südamerika und Oktober im Süden des Kontinents). Üblicherweise trägt das Weibchen einen Wurf pro Jahr aus, bei günstigen klimatischen Bedingungen können es auch zwei sein. Die Tragzeit beträgt rund 110 Tage bei der nördlichen Unterart und rund 150 Tage bei der südlichen. Capybaras sind Multiparen, die Wurfgröße beläuft sich auf durchschnittlich vier Neugeborene und kann zwischen einem und acht variieren. Die Weibchen haben zehn Zitzen, die paarweise am Bauch angeordnet sind.
Die Tiere legen keine Nester an. Die Geburt kann überall in ihrem Territorium erfolgen. Die Neugeborenen sind ausgesprochene Nestflüchter, haben ein Geburtsgewicht von rund 1,5 Kilogramm und kommen völlig behaart und bereits mit den bleibenden Zähnen zur Welt. Schon kurz nach der Geburt können die Jungtiere Gras zu sich nehmen. Mit drei bis vier Monaten werden sie endgültig entwöhnt. Beide Geschlechter erreichen die Geschlechtsreife mit rund 15 bis 18 Monaten.

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