Klasse: | Vögel (Aves) |
Ordnung: | Accipitriformes |
Familie: | Habichtartige (Accipitridae) |
Gattung: | Seeadler (Haliaeetus) |
Art: | Seeadler (Haliaeetus albicilla) |
Seeadler gehören zu den größten Greifvögeln Mitteleuropas, im Westen der Paläarktis sind nur Mönchsgeier (Aegypius monachus), Bartgeier (Gypaetus barbatus) und Gänsegeier (Gyps fulvus) größer. Der Seeadler ist das Wappentier Deutschlands.
Im Sitzen sind Seeadler selbst auf große Entfernung meist durch ihre Größe, den etwas eckig wirkenden, sehr kräftigen und fast bulligen Körper, den sehr kräftigen und langen Hals, den großen Schnabel und die sehr kräftigen Fänge erkennbar. Das Gefieder adulter Seeadler ist überwiegend braun. Kopf, Hals, obere Brust und oberer Rücken sind gelblich ockerfarben aufgehellt. Der weiße Schwanz ist kurz und keilförmig. Der Schnabel ist im Vergleich zu anderen Greifvögeln sehr groß und kräftig und wie die Wachshaut hellgelb. Die Iris der Augen ist ebenfalls hellgelb. Anders als beim Steinadler sind die Beine nicht bis zu den Zehen befiedert. Auch im Flug sind Seeadler in Mitteleuropa kaum verwechselbar. Neben der bedeutenden Größe sind der weit vorgestreckte, lange und kräftige Hals und die breiten, brettförmigen und im Segelflug horizontal gehaltenen Flügel gute Merkmale. In größerer Höhe ist der weiße Schwanz oft kaum sichtbar, das Flugbild wird dann oft mit „fliegendem Gerüstbrett“ umschrieben. Im aktiven Flug werden die riesigen Flügel weit nach unten und nach oben durchgeschlagen.
Junge Seeadler sind dunkelbraun, Schnabel und Wachshaut sind dunkelgrau. Mit jeder Mauser werden sie den adulten Tieren ähnlicher, mit fünf Jahren zeigen sie das vollständige Adultkleid. Immature Seeadler werden wegen der häufig gut ausgebildeten dunklen Schwanzendbinde gelegentlich mit jungen Steinadlern verwechselt. Anhand der sehr unterschiedlichen Körperproportionen und den bei Seeadlern fehlenden hellen Flügelfeldern sind die Arten jedoch gut zu unterscheiden.
Seeadler erreichen eine Körperlänge von 74 bis 92 Zentimetern und eine Flügelspannweite von 193 bis 244 Zentimetern. Die Weibchen sind mit einem Gewicht von 3,7 bis 6,9 Kilogramm und einer Flügellänge von 621 bis 717 Millimetern im Mittel deutlich größer und schwerer als die Männchen mit 3,1 bis 5,4 Kilogramm und einer Flügellänge von 552 bis 652 Millimetern.
Die Verbreitung des Seeadlers erstreckt sich in einem breiten Streifen über die gemäßigten, borealen und arktischen Zonen Europas und Asiens von Island bis Kamtschatka und Japan. Außerdem ist Grönland von der Art besiedelt. In Europa reicht das Brutgebiet in Nord/Südrichtung von der Nordspitze Norwegens bis in den Norden Griechenlands. In Mittelasien folgt die Nordgrenze der Verbreitung etwa der nördlichen Grenze der Taiga, im Süden liegt die Verbreitungsgrenze in Israel, der Türkei, dem Irak, Iran und Kasachstan.
Adulte Seeadler sind in fast ganz Europa Standvögel und bleiben ganzjährig in ihrem Revier. Junge und immature Seeadler streifen ebenso wie adulte revierlose Vögel auf der Suche nach günstigen Ernährungsmöglichkeiten weiträumig in Europa umher. Die Seeadler im Norden Russlands und Sibiriens sind Zugvögel. Sie überwintern auf Hokkaidō und in Korea, in Süd-China und im Norden Indiens, in Pakistan und weiter westlich häufig am Kaspischen Meer, selten in Arabien, der Türkei und auf Zypern.
Der Seeadler ist an große Gewässer, also Küsten, große Seen und Flüsse gebunden. Im Binnenland Mitteleuropas sind Seeadler vor allem Bewohner der „Wald-Seen-Landschaften“. In Deutschland werden die höchsten Siedlungsdichten im Bereich der Müritz in Mecklenburg-Vorpommern sowie in der Oberlausitz Sachsens erreicht.
Der Seeadler ernährt sich während der Brutzeit vor allem von Fischen und Wasservögeln, auch Aas wird gern genommen, lebende Säuger spielen meist nur eine untergeordnete Rolle. Fische werden häufig selbst erbeutet, Seeadler fressen jedoch auch tote und halb verweste Fische. Die im jeweiligen Lebensraum häufigsten Arten dominieren meist auch im Nahrungsspektrum des Seeadlers.
Die meiste Zeit verweilt der Seeadler am Strand auf der Suche nach Nahrung. Vor der steigenden Flut flüchtet der Seeadler dann in die Dünen und bei eintretender Ebbe kehrt er wieder zurück aufs Watt. Seinen Nachtstand nimmt er auf den höchsten und entlegensten Dünen. Unter den Adlern gilt er nicht als der edelste Adler. Er ist ungleich schwerfälliger in seinen Bewegungen, als die anderen Adler, gleicht vielmehr den Bussarden (Buteo).
Sitzend trägt er den Körper aufrecht, wo es die Länge seines Schwanzes erlaubt, auf schroffen Höhen oder auf Bäumen. Auf dem Strand aber wird er gezwungen, den Körper sehr vornüber zu biegen, damit der Schwanz nicht den Boden berührt. Fliegend ist der Seeadler eine imposante Erscheinung, wenn er langsam die mächtigen Schwingen schlägt. Mehr noch, wenn er die Flügel starr und unbeweglich hält, die Spitzen aufwärts gebogen, und so auf langen Strecken dahingleitet. Oft sieht man ihn stundenlang sich ohne Zittern in weiten Kreisen auf und nieder schrauben. Die Schwingen sind dabei fingerförmig weit auseinander gespreizt und der keilförmige Schwanz rund ausgespannt. Er zieht die Flügel halb an sich und saust in schräger Linie herab, aber lange bevor er den Boden erreicht, fängt er sich auf und mit wieder ausgespannten Flügeln sinkt er, so regungslos und majestätisch wie vorher, die letzte Strecke in großem Halbkreis vollends herab. Bevor er landet, biegt er die Flügel schräg aufwärts und reckt die Fänge lang hervor und ganz gemächlich landet er und legt die Flügel vorsichtig zurecht, damit die langen Enden nicht über den Sand streichen.
Seeadler sind mit vier oder fünf Jahren geschlechtsreif. Seeadler leben in einer lebenslangen Beziehung, aber wenn einer stirbt, dann gehen sie eine neue Paarbindung ein. Bevor sie sich paaren, erfolgt eine charakteristische Balz, indem die Paare mitten in der Luft sich mit den Fängen ineinander verkrallen und spektakulär durch die Luft wirbeln. Seeadler, kommunizieren vielmehr als der Steinadler (Aquila chrysaetos), vor allem während der Brutzeit. Die Kommunikation kann manchmal in Form eines Duetts zwischen den Paaren erfolgen. Der Horst ist ein riesiges Konstrukt, der in hohen Bäumen oder auch in Felsnischen angelegt wird. Der Horst wird häufig wieder verwendet, manchmal Jahrzehnte lang von aufeinander folgenden Generationen. Ein Horst wurde in Island über 150 Jahre benutzt und in Skandinavien sind Bäume schon unter dem Gewicht der riesigen Horste zusammengebrochen. Das Gebiet der Seeadler kann zwischen 30 und 70 Quadratkilometer betragen, meist in geschützten küstennahen Standorten. Manchmal werden sie auch landeinwärts von Seen und entlang der Flüsse gesichtet. Die Gebiete der Seeadler können mit den Gebieten der Steinadler überlappen, aber die Konkurrenz zwischen den beiden Arten ist begrenzt. Die Steinadler bevorzugen Berge und Moorlandschaften, während der Seeadler die Küsten und das Meer vorzieht. Im Erwachsenenalter hat der Seeadler keine natürlichen Feinde. Pro Jahr produziert ein Paar ein bis drei Eier. Die Eier werden in Abständen von zwei bis fünf Tagen im März oder April gelegt und für 38 Tage von beiden Elternteilen bebrütet.
Nach dem Schlüpfen sind die Jungen untereinander sehr tolerant, obwohl die Erstgeschlüpften oft viel größer und dominant bei der Fütterung sind. Die Hauptaufgabe trägt das Weibchen bei der Aufzucht der Jungen, das Männchen übernimmt ab und zu die Fürsorge der Jungen. Nach etwa fünf bis sechs Wochen sind die Jugendlichen Flügge, werden aber noch 11 bis 12 Wochen von den Erwachsenen weiter mit Nahrung versorgt und für weitere sechs bis zehn Wochen sind die Jugendlichen immer noch abhängig von den Eltern. Dort, wo die Art vom Aussterben bedroht ist, werden die Jungen gleich nach dem Schlupf aus dem Nest geholt und von Hand aufgezogen. Der Seeadler kann unter günstigen Lebensbedingungen ein Alter von etwa 20 Jahren erreichen.