Portrait: Kahlhecht

Teilklasse: Knochenganoiden (Holostei)
Halecomorphi
Ordnung: Amiiformes
Familie: Amiidae
Gattung: Amia
Art: Kahlhecht (Amia calva)
Kahlhecht (Duane Raver/U.S. Fish and Wildlife Service)

Kahlhecht (Duane Raver/U.S. Fish and Wildlife Service)

Der Kahlhecht oder Schlammfisch hat noch zahlreiche Merkmale urtümlicher Knochenfische („Ganoiden“) und ist die einzige rezente Art sowohl der Familie der Kahlhechte oder Schlammfische als auch des nächst höheren Taxons, der Ordnung der Kahlhechtartigen oder Schlammfischartigen (Amiiformes). Die Amiiformes bilden zusammen mit eng verwandten fossilen Vertretern die Halecomorphi. Die Schwestertaxa Halecomorphi und Echte Knochenfische bilden zusammen die Halecostomi. In einer alternativen Gruppierung bilden die Halecomorphi zusammen mit den Knochenhechten und deren engeren fossilen Verwandeten (Ginglymodi) die Gruppe der Knochenganoiden (Holostei).
Molekulargenetische Analysen der Verwandtschaftsverhältnisse der Strahlenflosser haben jedoch ergeben, dass der Kahlhecht näher mit den Knochenhechten verwandt ist als mit den Echten Knochenfischen. Für diese gemeinsame Gruppierung der Kahl- und Knochenhechte wird der ebenfalls bereits in der klassischen Systematik gebrauchte Name Holostei genutzt. Sollte diese Gruppierung bei zukünftigen Analysen bestand haben, würde der Name Halecostomi hinfällig.

Der Kahlhecht erreicht eine maximale Länge von 109 Zentimeter und ein Gewicht von bis zu 9.750 Gramm. Der Körper weist eine deutlich zylindrische Form auf, wobei der Körper lateral leicht abgeflacht ist. Die Beschuppung ist ursprünglich, der Körper ist mit sogenannten Ganoidschuppen bedeckt, die eine rhombische Form aufweisen. Die einzelnen Schuppen sind mit einer Schicht aus Ganoin überzogen. Dies ist nur bei einigen urtümlichen Fischen der Fall. Auch die Knochenplatten zwischen den Kiefern sind ein Indiz für eine sehr alte Fischart. Die Beschuppung weist eine olivegrüne bis leicht bräunliche Grundfärbung auf und hellt ventrolateral deutlich auf. Ventral ist die Beschuppung meist cremefarben gefärbt. Lateral zeigen sich dunkle und helle netzartige Muster. Bei den Männchen zeigt sich unmittelbar vor dem Schwanzansatz ein dorsolateraler Fleck, der meist hell gesäumt ist. Beim Weibchen fehlt dieser Fleck. Die Rückenflosse erreicht in etwa 45 Prozent der Körperlänge und ist durch zwei dunkle Längsbänder gekennzeichnet. Sie weist 42 bis 53 Strahlen auf. Die Brustflossen sitzen lateral unmittelbar hinter den Kiemen und verfügen über 16 bis 19 Strahlen. Die analen Flossen sitzen deutlich vor der Schwanzflosse und weisen 9 bis 12 Strahlen auf. In der Mitte des Körpers sitzen die Bauchflossen mit jeweils 10 bis 12 Strahlen. Die Schwanzflosse ist deutlich gerundet. Kahlhechte gelten als gute Schwimmer, die sich mehr oder weniger schlängelnd fortbewegen.

Der Kahlhecht unterscheidet sich anatomisch von den Echten Knochenfischen z.B. im Flossen- und Wirbelbau. In den Basen der Paarflossen gibt es noch pterygiale Elemente (wie bei Stören und besonders Polypterus). Das Schwanzskelett ist noch etwas variabel (einige Epuralia sind vorhanden). Die Wirbel, die die Chorda dorsalis schon stark einengen, sind zum Teil als „Doppelwirbel“ ausgeprägt (was zeigt, dass keine nächste Verwandtschaft zu Teleosteern besteht). Über den (zahlreichen) Rückenflossen-Pterygiophoren stehen mitunter je zwei Radien. Am Ende des Mitteldarms ist noch ein kurzer Spiraldarm vorhanden. Am Ort des Spritzloches ist ein Blindgang vorhanden, der noch den wahrscheinlich fürs Hören zuständigen, großen Neuromasten (cupuläres Sinnesorgan) enthält. Am Ort der Operkularkieme von Stören und Knochenhechten ist noch ein gut entwickeltes Gefäßnetz vorhanden – die Kieme selbst aber ist schon unmöglich wegen der Operkelhebung zur Maul-Öffnung. Vom Pharynx-Constrictor hat sich (apomorph) ein paariger Retractor-Muskel zur Wirbelsäule differenziert, der es wie bei höheren Knochenfischen gestattet, gepackte Beute rasch zu schlucken (um aus einem Schwarm womöglich gleich weitere zu machen). Wie etwa Polypterus (aber auch Notopterus, Anguilla u.a.) hat Amia Nasententakel (-röhrchen) zum Schnüffeln vor dem Maul. Amia ist der einzige Fisch, von dessen Kaumuskulatur eine eigene Portion fürs Riechen abdifferenziert ist, der Musculus nasalis.
Der Schädel besteht aus 44 (großteils paarigen) Knochen – diese Zahl ist bei Teleosteern meist deutlich geringer. Das Maxillare ist bereits vorschwenkbar im Sinne der „Verengung der Maulspalte im Mundwinkel“ zum Saugschnappen (s. Maxillarapparat). Das stark bezahnte Prämaxillare „besteht“ noch aus mehreren kleineren Knochen und der Unterkiefer aus mindestens neun Einzelknochen (bei Teleostei bloß drei!). Fast alle Knochen der Mundhöhle sind bezahnt. Das Symplecticum reicht bis ans Kiefergelenk. Das Praeoperculum hat bereits die für Teleosteer typische sichelförmige Gestalt: es leitet die Hebung des Kiemendeckels durch einen eigenen Muskel über das Interoperculum in eine Maul-Öffnung um. Mit den Knochenhechten teilt Amia z.B. den Verlauf der ventralen Spinalnerven (gegen den Bauch) außen von der Rumpfmuskulatur (nicht innen an der Leibeshöhle wie bei allen anderen Fischen).

Der Kahlhecht lebt in Sümpfen, pflanzenreichen Seen und Flüssen im östlichen Nordamerika von den Großen Seen, mit Ausnahme des Oberen Sees, und dem Sankt-Lorenz-Strom über das Gebiet des Mississippi und Missouri bis nach Florida und dem Unterlauf des Rio Grande. Er fehlt in den nördlichen Neuengland-Staaten und in den nördlichen Appalachen. Der Mensch hat ihn lokal etwas nach Westen verbreitet.

Kahlhechte ernähren sich räuberisch und opportunistisch von anderen Wassertieren. Zur bevorzugten Nahrung gehören unter anderem Knochenfische, Krebstiere), Lurche , Weichtiere und Insekten. Auch Aas wird bei Gelegenheit keineswegs verschmäht und Kannibalismus ist den Knochenhechten ebenfalls nicht fremd. Kahlhechte jagen aktiv Beutetiere, die blitzschnell eingesaugt werden.

Kahlhechte erreichen die Geschlechtsreife durchschnittlich mit 4 (3-5) Jahren. Dies entspricht einer Länge von 45 bis 60 Zentimeter. In den nordamerikanischen Gewässern beginnt die Paarungszeit im Frühjahr, die Eiablage kann sich von April bis in den Juni hinein erstrecken. Während der Fortpflanzungszeit versammeln sich Männchen und Weibchen in den Fortpflanzungsgewässern. Es handelt sich dabei stets um flache und vegetationsreiche Seen oder Teiche, mitunter auch Überschwemmungsbereiche. Die Befruchtung erfolgt nach der Eiablage. Das Weibchen legt ihre Eier in Nester am Gewässergrund ab. Das Männchen befruchtet die Eier im folgenden. Da die Nester mehrerer Weibchen meist nah beieinander liegen, kommt es in der Regel vor, dass ein Männchen mehrere Gelege befruchtet. Die Nester, bei denen es sich um flache Mulden inmitten dichter Vegetation handelt, wurden von den Männchen vorbereitet. Ein Gelege umfasst je nach Alter und Ernährungszustand eines Weibchens etwa 20.000 bis 50.000, gelegentlich auch mehr leicht gelbliche bis bräunliche Eier. Sie weisen einen Durchmesser von 2,2 bis 3,0 Millimeter auf. Ein Gelege wird bis zum Schlupf der Larven vom Männchen bewacht. Bis zum Schlupf der Larven dauert es für gewöhnlich 7 bis 10 (9) Tage. Die geschlüpften Larven weisen eine Länge von 0,8 Zentimeter auf und leben in der nächsten Zeit in mittelgroßen Schulen. Auch jetzt werden sie vom Vater beschützt und gegenüber Fleischfressern energisch verteidigt. In den ersten 7 bis 10 Tagen ernähren sich die Larven vom Dottervorrat. Erst danach fressen sie organisches Material. Die Jungfische werden bis zu einer Länge von gut 10 Zentimeter vom Vater betreut. Danach sind sie selbständig und auf sich alleine gestellt. Im Alter von 6 Monaten weisen sie eine Länge von bis zu 22 Zentimeter auf. Die Lebenserwartung liegt bei rund 12 Jahren. In Gefangenschaft können Kahlhechte durchaus ein Alter von mehr als 25 Jahren erreichen.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert