Portrait: Andenkondor

 

Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes)
Familie: Neuweltgeier (Cathartidae)
Gattung: Vultur
Art: Andenkondor (Vultur gryphus)

Junger Andenkondor (Wildparadies Tripsdrill)

Der Andenkondor ist auf Grund seiner herausragenden Größe unverwechselbar. Er ist ein mächtiger, massiger, für einen Neuweltgeier relativ kurzbeiniger Vogel mit lang gefingerten, brettartigen Flügeln, die im Gleitflug annähernd waagrecht gehalten werden. Bei ausgefärbten Individuen ist die weiße Halskrause auch auf größere Entfernungen auszumachen, in der Obersicht sind die weißen Flügelabzeichen deutlich erkennbar. Von unten wirken die Vögel ungezeichnet dunkel. Der breite, ungezeichnete, verhältnismäßig lange Schwanz ist im gefächerten Zustand gerundet bis leicht spatelförmig.
Das Grundgefieder ist glänzend schwarz. Davon heben sich die weißen Armschwingen und weißen Großen- und Mittleren Flügeldecken, sowie die weiße bis leicht grauweiße, flauschige, meist zur Kehle hin leicht geöffnete Halskrause deutlich ab. Die weißen Flügelabzeichen sind individuell unterschiedlich stark ausgeprägt, meist dunkeln sie sowohl nach außen wie auch nach innen silbern ab und weisen in diesen Bereichen zusätzlich ausgedehntere Schwarzanteile auf. Der Kopf ist weitgehend nackt, braun-rötlich und deutlich braun-rötlich bis violett geädert. Seine Farbsättigung verstärkt sich bei größerer Erregung ins Rötliche, kann aber, vor allem bei sexueller Stimulation, auch leuchtend gelbe Farbtöne annehmen. Der hornfarbene Schnabel ist vergleichsweise klein und etwa bis zur Schnabelmitte von einer fleischfarbenen Wachshaut überzogen. Die stämmigen, bis über das Intertarsalgelenk befiederten Füße sowie die nur schwächlich bekrallten Zehen sind grau-braun, infolge von Fäkalresten jedoch häufig weißlich. Der ungezeichnete, schwarze Schwanz schließt beim sitzenden Vogel etwa mit den Flügelspitzen ab. Ihr Erwachsenenkleid erreichen Andenkondore nicht vor dem 6.–8. Lebensjahr.

Der Geschlechtsdimorphismus ist nicht besonders ausgeprägt. Männliche Andenkondore können etwas größer, aber wesentlich schwerer werden als Weibchen. Der auffälligste sichtbare Geschlechtsunterschied besteht in einem fleischig-wulstigen, in geringem Maße erektilen Kamm der Männchen, der sich mützenartig vom Hinterhaupt bis zur Schnabelmitte erstreckt, sowie einem faltigen Kehllappen unterhalb des Schnabels. Die Ansätze des Kamms sind schon bei den meisten juvenilen Männchen erkennbar. Juvenile Individuen sind düster, weitgehend konturlos grau-braun gefärbt, die Halskrause ist etwas heller als das Grundgefieder. Der noch schütter befiederte Kopf ist dunkel-bräunlich, Augen und Schnabel sind dunkelbraun. Die weißen Flügelabzeichen zeigen sich ab dem zweiten Lebensjahr und werden zunehmend deutlicher; die Halskrause verfärbt sich ab dem vierten Lebensjahr sehr langsam über Orange, Orange-Rötlich ins Weiße; etwa in diesem Alter verändern sich Augen- und Schnabelfarbe, Kamm und Kehlsack der Männchen bilden sich voll aus. Die Iris der Augen der adulten Vögel ist bei Männchen braun, bei Weibchen rot. Im 6. Lebensjahr gleicht das Grundgefieder weitgehend dem adulter Andenkondore, die Kopffärbung ist jedoch oft noch immer dunkel und der Halsring oft noch rötlich-orange.

Da Andenkondore wie alle anderen Vertreter der Familie keine Syrinx besitzen, werden die Lautäußerungen durch Zungen- und Schnabelbewegungen sowie durch schnelles, gepresstes Luftausstoßen erzeugt. Sie sind meistens weitgehend stumm. Bei Auseinandersetzungen am Fressplatz sind heiser keuchende und krächzende Laute zu hören, in Balzstimmung äußern Andenkondore mit weit geöffnetem Schnabel ein gereihtes, schnalzendes Tok…tok…tok. Bei gleitenden Vögeln können Fluggeräusche deutlich vernehmbar sein.

Wie bei allen rekordverdächtigen Lebewesen werden Angaben zu Gewicht und Spannweite des Andenkondors häufig übertrieben. Gesichert sind Spannweiten sehr großer Männchen bis 310 Zentimetern und ein Gewicht bis zu 15 Kilogramm. Die Gesamtlänge liegt zwischen 100 und 122 Zentimetern. Weibchen sind bis zu 13 Prozent kleiner und bis zu 60 Prozent leichter. Der Quotient aus Gewichts- und Größenunterschieden beträgt 26 Prozent zugunsten männlicher Individuen.

Das weitgehend geschlossene Verbreitungsgebiet der Art beginnt heute im zentralen Peru und reicht bis Feuerland. Außerhalb der Anden bestehen kleine Vorkommen in den argentinischen Sierras Pampeanas. Im südlichen Patagonien erreicht das Verbreitungsgebiet auch die Atlantikküste. In den nördlichen Andenstaaten kommen Andenkondore nur an wenigen Stellen und in geringer Zahl vor. Die meisten dieser punktuellen Vorkommen müssen durch Wiedereinbürgerungen von in Gefangenschaft aufgezogenen Individuen gestützt werden. Im zentralen und südlichen Teil seines Verbreitungsgebietes ist die Art zwar nicht häufig aber doch allgemein verbreitet.

Die Brutzeit beträgt bis zu 65 Tage. Beide Partner sind für das Ei verantwortlich. Das Junge wird anfangs zweimal am Tag gefüttert, später nur noch einmal. Nach 6 Monaten wird der Jungvogel flügge.

Andenkondor (Falkenhof Schütz, Kranichfeld)

Detaillierte und großräumige Untersuchungen der Bestandsentwicklung, der Reproduktion und der Mortalitätsursachen sind nicht vorhanden. Auch historische Angaben zur Verbreitung der Art fehlen weitgehend, doch wird vermutet, dass bald nach Beginn der spanischen Conquista ihre Populationsdichte zumindest in den Zentren der Zuwanderung erheblich abnahm. Mit der Intensivierung der Viehhaltung und wachsender Bevölkerung beschleunigte sich dieser Bestandsniedergang, und die Art wurde zunehmend in entlegene Hochgebirgslagen abgedrängt. Hauptverantwortlich dafür waren Bejagung, Vergiftung und der Fang mit Fallen, da behauptet wurde, der Andenkondor würde Schafe oder Kälber töten, gelegentlich aber auch Kinder angreifen und davontragen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensivierte sich die Guanogewinnung an vielen peruanischen und chilenischen Abschnitten der Pazifikküste, sodass die dort residenten Populationen, die sich vor allem von jungen Seevögeln, Eiern und Robbenkadavern ernährten, dezimiert und vielerorts, wie zum Beispiel auf der Paracas-Halbinsel in Peru, ausgelöscht wurden. Auch von der indigenen Bevölkerung wurde und wird der Kondor bejagt, da viele seiner Körperteile und Knochen als Heilmittel gelten oder rituellen Zwecken dienen.
Die Gefährdung durch Abschuss, Vergiftung und Fang hält, wenn auch in weit geringerem Maße, regional noch immer an. Giftköder werden ausgelegt, um Pumas oder Füchse zu töten, und vergiften auch die Kondore, die an den Kadavern fressen. Dazu kommen vielfältige Störungen am Brutplatz durch zunehmenden Trekking- und Bootstourismus. Dem gegenüber steht positiv ein vielerorts sensibilisiertes Umweltbewusstsein, das regionale Schutzmaßnahmen, Schulungsprogramme und Aufklärung der Bevölkerung initiiert. Auch der Wert der Art als Touristenattraktion wird zunehmend erkannt. Die Wiedereinbürgerungsprogramme, die in einigen Staaten laufen, können Restpopulationen so weit stützen, dass diese nicht völlig erlöschen; nachhaltigen Erfolg scheinen sie bislang nur in Kolumbien gehabt zu haben.

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