Unterordnung: | Schlangen (Serpentes) |
Überfamilie: | Boaartige (Booidea) |
Familie: | Boas (Boidae) |
Unterfamilie: | Boaschlangen (Boinae) |
Gattung: | Boa |
Art: | Abgottschlange (Boa constrictor) |
Die Boa constrictor zeichnet sich durch die große Vielfalt des Erscheinungsbildes ihrer Unterarten aus. Die größte jemals nachweislich vermessene Abgottschlange hatte eine Länge von 3,60 Metern und lebte im Guyana Zoological Park von Georgetown in Guyana. Die längste sicher dokumentierte Haut misst ohne Kopf 445 cm und befindet sich in der Zoologischen Staatssammlung München (ZSM 4961/2012)[2]. Die Männchen bleiben im Mittel 30 bis 40 cm kleiner als die Weibchen. Ebenso unterschiedlich wie die erreichbare Endgröße ist auch die Färbung der einzelnen Unterarten. Sie reicht von weißen, roten, braunen bis hin zu fast schwarzen Lokalformen. Trotz dieser Vielfalt in der Grundfärbung haben alle Boas dunkel umrandete Sattelflecken auf dem Rücken, deren Form allerdings wieder je nach Unterart variiert. Eine weitere Besonderheit der Abgottschlange ist ihre Fähigkeit, die Farbe je nach Temperatur aufzuhellen oder abzudunkeln. So kann ein im Schatten dunkel gefärbtes Exemplar durch Sonneneinstrahlung schnell um mehrere Farbtöne heller erscheinen.
Ihren Namen verdankt die Abgottschlange der Tatsache, dass sie in den religiösen Kulten der Indianer und der als Sklaven nach Südamerika verschleppten Schwarzen eine wichtige Rolle spielte.
Das Verbreitungsgebiet der Abgottschlange erstreckt sich von Kolumbien östlich der Anden bis nach Argentinien, vom Meeresspiegel bis in 1.000 Meter Höhe. Die verschiedenen Unterarten und Lokalformen bewohnen dabei die unterschiedlichsten Lebensräume. Als typisches Habitat können allerdings Gegenden in Gewässernähe mit hoher Luftfeuchtigkeit und dichtem Buschwerk angesehen werden, auch wenn einzelne Populationen durchaus in Halbwüsten vorkommen.
Die Abgottschlange ist dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber versteckt sie sich in Höhlen, hohlen Bäumen oder anderen Unterschlüpfen und kommt daraus nur zu gelegentlichen Sonnenbädern hervor. Die Jungtiere halten sich vornehmlich im Geäst von Bäumen auf, während erwachsene Exemplare mit zunehmendem Alter und Gewicht fast ausschließlich bodenbewohnend sind. Insgesamt zeigt die Abgottschlange wenig Bewegungsdrang. Eine in der Wildbahn mit einem Sender ausgestattete ausgewachsene Boa bewegte sich in einem Zeitraum von zwölf Tagen nur 135 Meter weit.
Bis auf Insekten und Spinnen frisst die Abgottschlange alle Tiere, die sie größenmäßig bewältigen kann, selbst kleine Kaimane werden geschlagen. Warme Beute wird allerdings gegenüber kalter bevorzugt. Die Abgottschlange wendet im Allgemeinen zwei unterschiedliche Jagdmethoden an: Entweder sie folgt aktiv den Duftspuren der Beutetiere oder wartet als Lauerjäger auf den günstigen Moment. Wenn die Schlange mit einer dieser Methoden der Beute nahe genug ist, schnappt sie blitzschnell zu und erdrückt das Opfer anschließend mittels ihrer muskulösen Körperschlingen. Die Beute wird dabei so stark zusammengepresst, dass es zu einem Kreislaufkollaps kommt und nicht wie bislang vermutet der Tod durch Erstickung einsetzt. Der lateinische Artname constrictor (‚Zusammenzieher‘, ‚Zusammenschnürer‘) nimmt Bezug auf das einengende „Würgen“ durch die Abgottschlange. Je nach Größe des Beutetiers kann dieser Vorgang bis zu 16 Minuten dauern und stellt für die Schlange eine erhebliche Anstrengung dar. Um keine unnötige Energie zu verbrauchen, fühlt die Schlange den Herzschlag der Beute und beendet den Würgevorgang, sobald der Herzstillstand eingetreten ist.
Eine besondere Jagdmethode konnte zudem bei jungen Boas beobachtet werden: Sie bewegen ihren Schwanz wie einen Wurm und locken so Echsen aktiv an.
Aufgrund mangelnder Feldforschung muss bei der Fortpflanzung auf die Erfahrungen aus der Terrarienhaltung zurückgegriffen werden. Die entsprechenden Aktivitäten finden – je nach Unterarten verschieden – nur in bestimmten Monaten statt. Während dieser Paarungszeiten sondert das Weibchen Sexuallockstoffe ab, denen die Männchen aktiv folgen. Trifft das Männchen dann auf das Weibchen, kratzt es mit seinen Afterspornen an den Flanken des Weibchens, bis dieses schließlich den Schwanz hebt und das Eindringen des Hemipenis gestattet. Die Werbung kann sich über Wochen hinziehen, ebenso finden immer eine Vielzahl von Paarungen, die durchaus mehrere Stunden andauern, statt. Die Abgottschlange bringt lebende Junge zur Welt, die bei der Geburt von einer dünnen Haut, der so genannten Eimembran oder Eihülle, umgeben sind. Zwischen Ovulation und Geburt vergehen im Mittel 120 bis 150 Tage, wobei der Zeitpunkt des Absetzens der Jungtiere häufig mit Regen einhergeht. Während und nach dem Geburtsvorgang verteidigt das Weibchen seine Jungen, auch wurde beobachtet, wie Weibchen ihren Jungen durch Anstoßen mit der Schnauze aus der Eihülle halfen oder sie zum Wegkriechen animierten. Nach der Geburt sind die Jungschlangen vollständig entwickelt und gehen selbstständig auf Nahrungssuche.