Neues aus Wissenschaft und Naturschutz

18.09.2023, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Qual der Wahl: In welche Naturschutzgebiete sollte zukünftig investiert werden?
Neues Online-Tool bietet transparente Auswahlmöglichkeit für Entscheider*innen, um das 30×30-Ziel zu erreichen.
Die Einrichtung und Erhaltung von Schutzgebieten ist eine Schlüsselmaßnahme zur Erreichung der während der Weltnaturkonferenz im Dezember 2022 festgelegten Ziele. Doch solche geschützten Areale müssen oft vielfältige Ziele, wie Klimaschutz oder Schutz der Artenvielfalt, erfüllen – dies führt nicht selten zu Konflikten zwischen verschiedenen Interessensgruppen. Senckenberg-Forschende plädieren in ihrer gerade im Fachjournal „One Earth“ erschienenen Studie für eine flexible und transparente Auswahl von Schutzgebieten für die Verteilung von knappen Naturschutzgeldern. Ein neu von ihnen entwickeltes Online-Instrument ermöglicht die Gewichtung verschiedener Erhaltungsziele sowie den Echtzeitvergleich der Ergebnisse auf globaler Ebene.
Nur etwa 6 Prozent der Landesfläche Deutschlands sind aktuell streng geschützte Naturschutzgebiete, weltweit sind circa 17 Prozent der Landfläche und 8 Prozent der Küsten- und Meeresgebiete geschützt. Laut den Beschlüssen der UN-Biodiversitätskonferenz in Montreal sollen bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent terrestrische und marine Gebiete zu Schutzgebieten werden. „Von diesen Flächen wird erwartet, dass sie eine Vielzahl von Zielen erfüllen: vom Schutz der biologischen Vielfalt über die Erbringung von Ökosystemleistungen bis hin zur Eindämmung des Klimawandels. Doch welche Gebiete sollten besonders nachhaltig finanziert werden, weil sie besonders nützlich für die Biodiversitätsziele sind?“, erläutert Erstautorin der Studie Dr. Alke Voskamp vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F) das Dilemma des Entscheidungsprozesses und fährt fort: „Da das verfügbare Land und die Mittel für den Naturschutz begrenzt sind, ist eine Optimierung der Auswahl der vorteilhaftesten Schutzgebiete von entscheidender Bedeutung.“
Gemeinsam mit weiteren Senckenberg-Forschenden und internationalen Kolleg*innen – unter ihnen die Träger*innen des Deutschen Umweltpreises Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese (SBiK-F) und Dr. Christof Schenck (Zoologische Gesellschaft Frankfurt, ZGF) – hat Voskamp nun ein Entscheidungshilfsinstrument entwickelt. „Wir präsentieren einen flexiblen und transparenten Ansatz zur Auswahl von Schutzgebieten auf Grundlage mehrerer Zielsetzungen. Dieser ermöglicht es, Synergien und Zielkonflikte im Zusammenhang mit der Auswahl von Schutzgebieten aufzuzeigen und hilft so transparente Entscheidungen zu treffen“, so Zweitautorin Prof. Dr. Susanne Fritz, SBiK-F und Goethe-Universität Frankfurt.
Denn die Auswahl des passenden, zukünftig und dauerhaft unter Schutz zu stellenden Areals ist nicht einfach: Schutzgebiete mit dem Fokus auf besonders artenreiche Regionen müssten beispielsweise in den Anden, der ostafrikanischen Grabenzone oder am Südabhang des Himalayas liegen. Seltene und endemisch lebende Tiere und Pflanzen findet man dagegen eher in Insel-Ökosystemen, wie auf Madagaskar. „Und wenn es um große, nahezu unberührte Lebensräume geht, müssten die Schutzgebiete in den hohen Norden nach Russland oder Kanada gelegt werden“, ergänzt Böhning-Gaese, SBiK-F.
Die aktuelle Version des Entscheidungshilfe-Tools (https://ll-evaluation-support-tool.shinyapps.io/legacy_landscapes_dst/) enthält 1347 potentielle Schutzgebiete, die sich an den Kriterien des ebenfalls an der Studie beteiligten „Legacy Landscapes Fund“ (LLF) orientieren. Der LLF ist eine internationale Stiftung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2030 den Schutz von mindestens 30 Gebieten mit außergewöhnlicher Artenvielfalt dauerhaft zu finanzieren. Die Nutzer*innen können mit einem Schieberegler sechs Erhaltungsziele – Biodiversität, ökologische Unversehrtheit, Klimastabilität, Landnutzung, Klimaschutz und Größe des Gebiets – kombinieren und gewichten.
„Wenn beispielsweise die Gewichtung für ‚Biologische Vielfalt‘ und ‚ökologische Unversehrtheit‘ gleichwertig sind, zeigt unser Instrument für den südamerikanischen Kontinent eine Liste von Schutzgebieten in spezifischer Rangfolge an. Tauscht man Unversehrtheit mit Klimaschutz, fällt die Liste und Rangfolge anders aus“, erklärt Mitautor Schenck, Direktor der ZGF und weiter: „Unsere Arbeit zeigt vor allem, dass es weltweit einen diversifizierten Naturschutzansatz braucht, da kein Gebiet der Erde alle Schutzziele erfüllen kann.“
„Wir erhoffen uns, dass unser neues Instrument Entscheidungsträger*innen dabei hilft, die besten Gebiete für die Erhaltung der Biodiversität auszusuchen – nach den für die jeweiligen Entscheidungsträger*innen wichtigsten Kriterien, basierend auf den besten wissenschaftlichen Daten. Das 30×30-Ziel mit der richtigen Auswahl und Ausstattung der Schutzgebiete wird den Artenschutz enorm voranbringen und gleichzeitig noch einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten!“, schließt Voskamp.
Originalpublikation:
Alke Voskamp, Susanne A. Fritz, Valerie Köcke, Matthias F. Biber, Timo Nogueira Brockmeyer, Bastian Bertzky, Matthew Forrest, Allie Goldstein, Scott Henderson, Thomas Hickler, Christian Hof, Thomas Kastner, Stefanie Lang, Peter Manning, Michael B. Mascia, Ian R. McFadden, Aidin Niamir, Monica Noon, Brian O’Donnell, Mark Opel, Georg Schwede, Peyton West, Christof Schenck, Katrin Böhning-Gaese (2023): Utilizing multi-objective decision support tools for protected area selection, One Earth, https://doi.org/10.1016/j.oneear.2023.08.009

18.09.2023, Universität Greifswald
Größere Fledermäuse durch Klimaerwärmung – Feldstudie zeigt direkten Einfluss von Temperaturanstieg auf die Körpergröße
Die Körpergröße von Fledermäusen ist eng mit der Umgebungstemperatur während der Wachstumsphase der Jungtiere verknüpft. Mit Hilfe eines mehrjährigen Feldexperiments konnte ein Forschungsteam der Universität Greifswald zeigen, dass dieser Zusammenhang bei Bechsteinfledermäusen direkt von der Temperatur im Tagesquartier bestimmt wird. Mit fortschreitender Klimaerwärmung bei gleichzeitigem Rückgang der Insekten könnte sich dieser direkte Mechanismus negativ auf die Populationsentwicklung dieser Art auswirken. Die Ergebnisse der Studie sind in der renommierten Fachzeitschrift Current Biology erschienen (https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.08.004).
Dass größere Bechsteinfledermäuse eine kürzere Lebenserwartung bei einer gleichzeitig höheren Fortpflanzungsrate haben, konnte bereits in kürzlich erschienenen Studien der Arbeitsgruppe Angewandte Zoologie und Naturschutz am Zoologischen Institut der Universität Greifswald durch Auswertung von Langzeitdaten an markierten Individuen gezeigt werden (Mundinger et al. 2022). Analysen in Verbindung mit Klimadaten zeigten, dass die Körpergröße stark von den Umgebungstemperaturen während der Wachstumsphase der Jungtiere abhängt, wobei wärmere Sommer zu größeren Tieren führt (Mundinger et al. 2021, 2023). Bisher blieb jedoch unklar, ob dieser Effekt direkt von der Temperatur getragen wird oder indirekt durch die wärmeabhängige Verfügbarkeit von Insekten, der Nahrungsquelle aller europäischen Fledermausarten, beeinflusst wird.
Um genau dies zu untersuchen, führten die Wissenschaftler*innen ein mehrjähriges Feldexperiment durch, in welchem sie die Quartiere von mehreren freilebenden Kolonien der Bechsteinfledermaus während der Wachstumsphase der Jungtiere künstlich beheizten. Dr. Carolin Mundinger (Universität Greifswald), Co Erstautorin der Studie erklärt: „Für das Experiment entwickelten wir mobile Heizgeräte, mit denen wir die Temperatur der Fledermauskästen über die ersten acht Wochen nach Geburt der Jungtiere konstant bei etwa 30 bis 35 Grad Celsius halten konnten. Dies entspricht dem Temperaturbereich, in welchem die Tiere die geringsten Energiekosten haben, um ihre Körpertemperatur konstant zu halten und den Jungtieren ein kontinuierliches Wachstum zu ermöglichen.“
Durch den Vergleich der erreichten Körpergröße von Fledermäusen, die in beheizten Quartieren aufwuchsen, mit Fledermäusen aus nicht beheizten Kolonien konnten die Forscher*innen die direkten Auswirkungen der Quartiertemperatur nachweisen. Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Beheizte Fledermäuse wurden im Schnitt deutlich größer. „Weibliche Fledermäuse dieser Art sind in der Regel etwa fünf Prozent größer als die Männchen, aber in unserem Experiment erreichten die beheizten Männchen eine Körpergröße ähnlich der unbeheizter Weibchen“, erklärt Prof. Gerald Kerth (Universität Greifswald), der die seit 30 Jahren laufende Langzeitstudie an Bechsteinfledermäusen etablierte.
Doch was bedeutet diese Erkenntnis für die streng geschützte Fledermausart in Anbetracht der steigenden Temperaturen durch den menschengemachten Klimawandel sowie den seit Jahren beobachteten Insektenrückgang? Janis Wolf (Universität Greifswald), Co-Erstautor der Studie erklärt es so: „Die schnellere Fortpflanzungsstrategie größerer Bechsteinfledermäuse kann nur bei jährlich günstiger Insektenverfügbarkeit funktionieren. Wenn nun die Körpergröße der Fledermäuse direkt von der Temperatur beeinflusst wird und gleichzeitig das Insektensterben anhält, könnten sich die wärmeren Sommer langfristig negativ auf die Population der Bechsteinfledermäuse auswirken, da größere Tiere ihren Nahrungsbedarf nicht mehr stillen können.“
Originalpublikation
Mundinger C., Wolf J.W., Gogarten J.F., Fierz M., Scheuerlein A., Kerth G. (2023). Artificially raised roost temperatures lead to larger body sizes in wild bats. Current Biology, 33. https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.08.004.
Weitere Informationen
Internetseite der Arbeitsgruppe Angewandte Zoologie und Naturschutz der Universität Greifswald: https://zoologie.uni-greifswald.de/struktur/abteilungen/angewandte-zoologie-und-naturschutz/
Mundinger C., Scheuerlein A., Kerth G. (2021). Long-term study shows that increasing body size in response to warmer summers is associated with a higher mortality risk in a long-lived bat species. Proceedings of the Royal Society B, 288: 20210508. DOI: https://doi.org/10.1098/rspb.2021.0508.
Mundinger C., Fleischer T., Scheuerlein A., Kerth G. (2022). Global warming leads to larger bats with a faster life history pace in the long-lived Bechstein’s bat (Myotis bechsteinii). Communication Biology, 5: 682. DOI: https://doi.org/10.1038/s42003-022-03611-6.
Mundinger C., van Schaik J., Scheuerlein A., Kerth G. (2023). Heat over heritability: Increasing body size in response to global warming is not stabilized by genetic effects in Bechstein’s bats. Global Change Biology, 29: 4939–4948. DOI: https://doi.org/10.1111/gcb.16824.

19.09.2023, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Colossal Biosciences unterstützt BioRescue bei der Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns
Vom nördlichen Breitmaulnashorn gibt es Weltweit nur noch zwei lebende Weibchen. Die Partnerschaft mit Colossal Bioscience könnte dazu beitragen, die genetische Vielfalt einer zukünftigen Population von nördlichen Breitmaulnashörnern mittels musealer Proben wiederherzustellen. Dafür hat das amerikanische Unternehmen bahnbrechende Methoden und Techniken entwickelt.
Colossal Biosciences („Colossal“), das weltweit erste Unternehmen, das sich der Wiederherstellung von Tierarten widmet, unterstützt BioRescue. BioRescue ist ein Konsortium, das die wissenschaftliche Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns initiiert hat und durchführt. Unter der Konsortiumsleitung des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) kommen dabei fortschrittliche Technologien der assistierten Reproduktion, der stammzellbasierten Verfahren und etischen Forschung zum Einsatz. Die Partnerschaft wird einen Plan für künftige Rettungsmissionen gefährdeter Arten entwickeln und dabei das weltweit führende Fachwissen beider Organisationen nutzen.
Um Ansätze und Lösungen für die Verringerung des sechsten Massensterbens von Tierarten liefern zu können, werden BioRescue und Colossal gemeinsam an der Verbesserung, Entwicklung und Umsetzung von Strategien in den Bereichen Artenschutzforschung und Wildtiermedizin arbeiten.
Das nördliche Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum cottoni) ist aufgrund von Wilderei in freier Wildbahn ausgestorben. Zu seinen natürlichen Lebensräumen gehören Teile von Uganda, Tschad, Sudan, der Zentralafrikanischen Republik und der Demokratischen Republik Kongo. Aus all diesen Gebieten wurde das charismatische Riesenwirbeltier vor mehr als einem Jahrzehnt vollständig durch den Menschen ausgelöscht. Die einzigen beiden lebenden Weibchen wurden im tschechischen ZOO Dvůr Králové geboren und seit 2009 in Ol Pejeta Conservancy in Kenia bewacht und gepflegt.
Prof. Dr. Thomas Hildebrandt, Projektleiter von BioRescue, Leiter der Abteilung Reproduktionsmanagement am Leibniz-IZW und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Colossal, hat mehr als 25 Jahre mit der Mission verbracht, die nördlichen Breitmaulnashörner vor dem Aussterben zu retten. Er leitete die wissenschaftlichen Maßnahmen von BioRescue, um Ansätze der synthetischen Biologie zusätzlich zu den bereits vorhandenen genetischen Forschungsansätzen zur Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns einzusetzen. „Das Nördliche Breitmaulnashorn ist das seltenste Großsäugetier der Welt und Tausende von Arten sind von seiner Existenz abhängig“, sagt Hildebrandt. „Mit der fortschrittlichen Gentechnologie von Colossal werden wir in der Lage sein, die fehlenden Teile der genetischen Geschichte der Art Stück für Stück zusammenzusetzen. Nach Jahrzehnten der assistierten Reproduktion und Stammzelleninnovationen von Wissenschaftler:innen und Naturschützer:innen freue ich mich, dass die Partnerschaft zwischen Colossal und BioRescue dazu beitragen könnte, eine nachhaltige und genetisch robuste Nördliche Breitmaulnashornpopulation aufzubauen.“
Im Rahmen der neuen Partnerschaft wird die genetische Vielfalt des nördlichen Breitmaulnashorns anhand historischer Proben untersucht, um die Grundlage für ethisch begründete Entscheidungen über eine mögliche Verbesserung der genetischen Variabilität einer künftigen Population des Nördlichen Breitmaulnashorns zu schaffen. Diese bahnbrechende Naturschutzforschungsstrategie wird von einer beispielhaften Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit begleitet.
Die Wissenschaft hinter den Wiederherstellungsstrategien
Colossal wird die Rettungsmission unterstützen, indem es Genomsequenzierungs- und Geneditierungsmethoden zur Rettung der bedrohten Arten einsetzt. Der Schwerpunkt der Eingriffe liegt auf der Verbesserung der genetischen Vielfalt in lebenden Zellen und der Abschwächung der Auswirkungen von Krankheiten oder der verlorenen Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.
● Sequenzierung: Die Partnerschaft wird einen globalen Katalog von Museumsproben nördlicher Breitmaulnashörner aus der Vergangenheit erstellen, einschließlich Knochen, trockener Haut und konservierter Organe und Föten, die zur Extraktion alter DNA verwendet werden können. Die Partner werden somit konservierte Proben erhalten. Alle geeigneten Proben lassen sich dann sequenzieren, um die genetische Vielfalt der Art zu bestimmen.
● Genetische Bearbeitung: Sobald der Verlust von Genpools in konservierten Exemplaren identifiziert wurde, wird Colossal die identifizierten Sequenzen als Ziele verwenden, um die verlorene Vielfalt in Zelllinien wiederherzustellen, die zur Erzeugung von Embryonen des nördlichen Breitmaulnashorns verwendet werden.
● Populationsstudie: Das Team wird gemeinsam eine Populationsstudie zur genetischen Vielfalt des südlichen Breitmaulnashorns (Ceratotherium simum simum), dem Schwestertaxon des nördlichen Breitmaulnashorns, durchführen, um die wichtigsten Aspekte einer gesunden Population zu ermitteln. Colossal wird FormBio, seine Technologie-Ausgründung, mit der Durchführung dieser Studie beauftragen. Die vergleichenden genomischen Methoden und Techniken von FormBio ermöglicht es den Wissenschaftler:innen, die DNS und das Genom der Museumsproben mit der heutigen Population des nördlichen Breitmaulnashorns zu vergleichen und die genetische Vielfalt zu ermitteln, die vor dem massiven Rückgang der Art bestand.
„Wir fühlen uns sehr geehrt, Partner von BioRescue bei der ‚genetischen Rettung‘ zu sein und damit die Möglichkeit zu haben, das nördliche Breitmaulnashorn sowie andere einzigartige Schlüsselarten vor dem Aussterben zu bewahren“, sagt Ben Lamm, CEO und Mitbegründer von Colossal. „Wir bei Colossal setzen uns leidenschaftlich für die Erhaltung von Arten ein und wollen im Rahmen unserer Arbeit gegen das Aussterben von Arten unsere Techniken und Werkzeuge für den Naturschutz einsetzen. Wir schaffen Werkzeuge, die es uns ermöglichen, zu heilen, was verloren gegangen ist, und Ökosysteme wiederherzustellen, die für künftige Generationen nachhaltig sind.“
Das Paradoxon des Naturschutzes
Das Tempo des Artenverlusts ist deutlich höher als die Wiederherstellungsbemühungen der klassischen Naturschutzkonzepte. Bis zum Jahr 2050 wird die Menschheit bis zu 50 % der gesamten Artenvielfalt verlieren, wenn sich nichts ändert. Die überwiegende Mehrheit der Naturschutzbemühungen konzentriert sich auf die Erhaltung von Landschaften und die Beendigung der Wilderei. Angesichts der Tatsache, dass es nur noch zwei nördliche Breitmaulnashörner gibt, wird jedoch deutlich, dass fortschrittlichere Technologien zum Schutz dieses Taxons eingesetzt werden müssen. Um den Verlust zu stoppen, werden neue Instrumente und Technologien benötigt. Die Partner entwickeln diese Instrumente, um Ökosysteme und den Naturschutz zu verbessern.
„Wir sind Herrn Prof. Dr. Hildebrandt und dem BioRescue-Konsortium für das uns entgegengeberachte Vertrauen sehr dankbar, dass wir als Partner Wiedeherstellungstechnologien für die Rettung des nördlichen Breitmaulnashorns zur Verfügung stellen dürfen“, sagt Matt James, Leiter Naturschutz und Chef für Tierangelegenheiten bei Colossal. „Wiederherstellung von Tierarten ist ein Innovationsmotor, der zu Werkzeugen führt, die direkt für den Naturschutz anwendbar sind. Gemeinsam mit einigen der führenden Köpfe auf ihrem Gebiet werden wir in der Lage sein, spezifische Erhaltungsprobleme erfolgreich anzugehen und zu beheben – angefangen mit dem nördlichen Breitmaulnashorn.“
Die Partnerschaft zwischen Colossal und BioRescue ist der Ausgangspunkt für zukünftige moderne Naturschutznetzwerke, die zur Verbesserung der internationalen Naturschutz- und Naturschutzforschungsorganisationen beitragen werden.
„Das BioRescue-Konsortium ist ein einzigartiges Beispiel mit Modellcharakter für eine umfassende internationale Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe, an der Spitzenwissenschaftler:innen aus Deutschland, Japan und Italien, Naturschützer:innen in Afrika und Zooexperten aus Europa beteiligt sind. Die Partnerschaft mit Colossal hebt bestehende Naturschutzforschungsansätze auf ein ganz neues Niveau und kann als Vorbild für andere internationale Bemühungen zur Rettung bedrohter Arten dienen“, sagt Jan Stejskal, Direktor für internationale Projekte beim ZOO Dvůr Králové und Koordinator der Bemühungen zur Rettung der nördlichen Breitmaulnashörner.
Colossal’s Methoden und Techniken für den Naturschutz
Das Naturschutz-Toolkit von Colossal besteht aus einer Reihe von Ressourcen, die das Unternehmen einsetzt, um Partnerorganisationen bei der Erhaltung und Rettung gefährdeter Arten zu unterstützen. Das Unternehmen nutzt sein Fachwissen, um verloren gegangene genetische Vielfalt zu bewahren und die Hardware zu entwickeln, die für die Wiedergeburt und Wiederherstellung von Arten erforderlich ist, um die heutigen Naturschutzforschungsmaßnahmen zu verbessern. Colossal wird sein Forschungswissen aus der synthetischen Genomik für BioRescue bereitstellen und gemeinsam weiterentwickeln.

20.09.2023, Dachverband Deutscher Avifaunisten
Augen und Ohren auf: Gelbbrauen-Laubsänger sind wieder unterwegs!
Gelbbrauen-Laubsänger stammen aus den Wäldern der Taiga zwischen Ochotskischem Meer und Ural. Die Art ist im Herbst seit etwa 30 Jahren ein jährlicher Gast in Europa, obwohl die Hauptüberwinterungsgebiete eigentlich in den Subtropen und Tropen Asiens liegen. Die Gründe für das alljährliche Auftreten von Hunderten von Gelbbrauen-Laubsängern in Europa sind noch nicht endgültig geklärt. Als mögliche Ursache wird unter anderem eine genetisch fixierte, anhaltende Missorientierung der Vögel genannt. Die Zusammenarbeit von Beringern, Vogelkundlern und Wissenschaftlern ist gefragt, um mithilfe genauer Altersbestimmung gefangener Gelbbrauen-Laubsänger, dem Einsatz von Geolokatoren oder der Durchführung von Isotopenanalysen mehr über die Herkunft und den Verbleib dieser Vögel zu erfahren.
Auf ihrem Weg quer durch Europa fliegen alljährlich auch viele Gelbbrauen-Laubsänger über Deutschland. Die meisten Feststellungen gelingen zwischen Mitte September und Mitte Oktober, meist in den Küstenregionen. In diesem Jahr wurden die ersten am 14. September von Helgoland gemeldet. Das Maximum wird in der Regel Anfang Oktober erreicht. Wo aktuell bereits Gelbbrauen-Laubsänger entdeckt wurden, zeigt diese aktuelle ornitho-Karte
Gelbbrauen-Laubsänger können auf dem Durchzug eigentlich überall auftauchen, an Gewässern, am Waldrand, in Stadtparks oder sogar im eigenen Garten. Man sollte sich vor allem mit dem charakteristischen und häufig vorgetragenen Rufvertraut machen, über den die Vögel oftmals erst auf sich aufmerksam machen. Vom Aussehen her ähneln die kleinen Laubsänger Goldhähnchen, unterscheiden sich farblich aber unter anderem durch den namensgebenden gelben Überaugenstreif.

20.09.2023, Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
Streetlife – Naturkundemuseum erforscht Insektenvielfalt auf Berliner Straßenmittelstreifen
Das Museum für Naturkunde Berlin beobachtet seit 2017 im Rahmen des Projektes „Stadtgrün“ die Insektenvielfalt auf den Grünflächen der Mittelstreifen ausgewählter Straßen in der grünen Hauptstadt Europas. Die Ergebnisse sind bemerkenswert – an allen drei Standorten fanden die Forschenden wunderbare vernetzte Biotope vor und eine deutlich über den Erwartungen liegende Artenvielfalt. Auch verschollen geglaubte Arten wie die Heuschreckensandwespe wurden dokumentiert. Mit dem Projekt wird der Bewusstseinswandel hin zu mehr ökologischer Vielfalt weiter vorangetrieben. Die Bezirksämter etwa verpflichten sich nun, nur einmal pro Jahr zu mähen, um die Artenvielfalt zu erhalten.
Berlin ist voll von Lebensräumen: Wildschweine tummeln sich in den Wäldern am Stadtrand, Fische schwimmen im Wannsee und dann gibt es natürlich noch die unzähligen Tauben am Alexanderplatz. Doch nicht nur dort, wo wir Tiere sowieso schon vermuten, kreucht und fleucht es unaufhörlich. Auch an scheinbar unwirtlichen Orten existieren bemerkenswerte Lebensräume. Die Mittelstreifen der Berliner Straßen etwa können eine beeindruckende Vielfalt von Insekten aufweisen. Das zeigt das Projekt „Stadtgrün“ von Naturkundemuseum und Humboldt-Universität, in dessen Rahmen Insektenforscher Frank Koch seit 2017 diese ungewöhnlichen urbanen Ökosysteme unter die Lupe nimmt.
Ursprünglich als Projekt zur Untersuchung urbanstressresistenter Pflanzen gestartet, strecken Koch und sein Team an den drei Standorten Frankfurter Allee, Adlergestell und Heerstraße im Zweiwochenturnus ihre Fühler nach den Gliederfüßern aus. Ihr Ergebnis: Rund 400 verschiedene Insektenarten aus sechs verschiedenen Ordnungen konnte Koch nachweisen, darunter auch solche, die auf der roten Liste gefährdeter Arten stehen. Sogar die in Berlin und Brandenburg verschollen geglaubte Sphex funerarius, die Heuschreckensandwespe, ging den Forschenden 2019 ins Netz. 2021 konnte die Bienenart Hylaeus intermedius in der Heerstraße erstmals für Deutschland dokumentiert werden.
Warum auf den Grünflächen zwischen den Fahrspuren, trotz des heißen Asphalts im Sommer und bei Streusalz im Winter, derart erstaunliche Biotope entstanden sind, erklärt Koch unter anderem mit der isolierten Lage: „Mittelstreifen werden von Fußgängern und Haustieren gemieden“, sagt er, „und konnten so ungewollt zu geschützten Habitaten werden.“
Eine Gefahr für die Mittelstreifen-Habitate sieht Koch vor allem in der Pflege der Grünstreifen: Nicht nur würde den Insekten durch übertriebenes Mähen die Nahrungsgrundlage entzogen werden, mahnt der Insektenforscher, „es ändern sich auch schlagartig die bevorzugten abiotischen Faktoren wie etwa Temperatur, Feuchtigkeit und Licht.“ Im Kampf um den Schutz dieser einzigartigen urbanen Lebensräume haben Koch und sein Team einen Etappensieg errungen: Nach eindringlichen Gesprächen verpflichteten sich die Grünflächenämter der Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick, in Zukunft nur noch einmal im Jahr zu mähen.
Auch in anderer Hinsicht ist dem Museum für Naturkunde Berlin die Bewahrung und Mehrung der Artenvielfalt ein Anliegen; insbesondere des Insektenbestands. Daher können seit Sommer 2023 Besucher:innen auf dem Museumsvorplatz einen Garten aus dem Projekt Pollinator Pathmaker bestaunen. Die Bepflanzung derartiger Gärten ist auf die Bedürfnisse bestäubender Insekten optimiert – und trägt so zur Verbesserung der lokalen Biodiversität bei.

20.09.2023, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie
Das Erfolgsgeheimnis steckt im Verhalten
Während viele Arten gerade zahlenmäßig und hinsichtlich ihres Verbreitungsgebiets drastisch zurückgehen, scheinen andere gut zu gedeihen. So ist es beispielsweise einer Vogelart, den Großschwanzgrackeln, in den letzten Jahrzehnten gelungen, neue Populationen in ganz Nordamerika zu gründen. Forschende haben nun herausgefunden, dass der Schlüssel zum Erfolg der Tiere in ihrem Verhalten stecken könnte: Die Population am Rande des Verbreitungsgebiets ist beharrlicher und verfügt über eine größere Flexibilitätsvielfalt. Darüber hinaus hat die Vogelart ihren Lebensraum größtenteils in städtische, trockene Umgebungen verlagert.
Eine Erklärung für den Rückgang einiger Arten ist, dass der Mensch ihren bisherigen Lebensraum verändert und für sie ungeeignet gemacht hat. Für andere Arten wiederum sind diese Veränderungen vorteilhaft und machen ihnen den Lebensraum zugänglich, um sich dort ausbreiten zu können.
Forschende des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie sowie der University of California Santa Barbara und der University of Rochester in den USA haben untersucht, welche Rolle die Verfügbarkeit zusätzlicher Lebensraumoptionen gespielt haben könnte. Dazu verglichen sie Großschwanzgrackeln mit ihren nächsten Verwandten den Bootschwanzgrackeln – während es Ersteren gelingt, ihr Verbreitungsgebiet rasch zu erweitern, ist das bei Zweiteren nicht der Fall.
Auf der Grundlage eines Citizen Science Projekts zur Beobachtung verschiedener Vogelarten fand das Forschungsteam heraus, dass Großschwanzgrackeln zwischen 1979 und 2019 nicht nur in neue verfügbare Lebensräume gezogen sind, die ihren früheren Anforderungen entsprachen, sondern dass sie ihren Lebensraum erweitert und sich vermehrt auch in städtischen, trockeneren Umgebungen angesiedelt haben. Im Gegensatz dazu verlagerten Bootschwanzgrackeln ihr Verbreitungsgebiet nur geringfügig nach Norden, als Reaktion auf den Klimawandel – diese Lebensräume waren nun für sie geeignet.
Bestimmte Verhaltensweisen erleichtern das Erschließen neuer Lebensräume
Großschwanzgrackeln scheinen ihr Verbreitungsgebiet also nicht einfach auszuweiten, weil ihnen mehr Lebensraum zur Verfügung steht. “Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass bestimmte Verhaltensweisen es Großschwanzgrackeln erleichtern, ihren Lebensraum zu erweitern”, sagt Corina Logan, Forschungsgruppenleiterin in der Abteilung für Verhalten, Ökologie und Kultur des Menschen am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie und Gates Cambridge Stipendiatin.
Um die Rolle, die Verhalten beim Erschließen neuer Lebensräume zu spielen scheint, genauer zu untersuchen, verglichen die Forschenden das Verhalten zweier Populationen von Großschwanzgrackeln: eine hatte sich erst kürzlich am nördlichen Rand des Verbreitungsgebiets angesiedelt, die andere, eine ältere Population, lebt näher am Zentrum des Verbreitungsgebiets dieser Vogelart.
Das Ergebnis des Forschungsteams: Die Population am Rande des Verbreitungsgebiets der Großschwanzgrackeln verfügte über eine größere Flexibilitätsvielfalt und war beharrlicher als die ältere Population im angestammten Verbreitungsgebiet. “Wir wissen, dass es sich um eine sehr flexible Art handelt, die ihr geografisches Verbreitungsgebiet rasch ausdehnt. Es hat uns jedoch überrascht, dass Beharrlichkeit beim Erschließen des neuen Lebensraums wohl eine größere Rolle gespielt hat als die durchschnittlich höhere Verhaltensflexibilität”, sagt Logan.
Flexibilität und Beharrlichkeit
Beharrlichkeit könnte es Individuen ermöglichen, zufällig Lösungen für die Herausforderungen zu finden, mit denen sie sich in ihrer neuen Umgebung konfrontiert sehen – zum Beispiel, indem sie sich neue Nahrungsquellen erschließen. Je mehr Variabilität es innerhalb einer Population hinsichtlich der Verhaltensflexibilität gibt, umso wahrscheinlicher ist es, dass wenigstens einige Individuen sehr flexibel sind und dass andere von ihnen lernen können, was insgesamt die Ausbreitung der Population erleichtert.
Frühere Studien des Grackel-Teams ergaben breits, dass Großschwanzgrackeln (diejenigen eingeschlossen, die nicht am Rande ihres Verbreitungsgebiets leben) eine höhere durchschnittliche Flexibilität aufweisen als die meisten anderen Arten. Diese Flexibilität scheint also in Interaktion mit anderen Fähigkeiten das Verhalten herauszubilden und zu fördern, das für das Erschließen neuer Lebensräume nötig ist. Zum Beispiel könnten Grackeln am Rande ihres Verbreitungsgebiets so erfolgreich sein, weil sie immer wieder neue Lösungen ausprobieren, anstatt schnell aufzugeben oder denselben Lösungsansatz immer wieder zu versuchen.
Um diese Thematik im Detail zu erforschen und aussagekräftige Ergebnisse dazu zu gewinnen, welche Verhaltensmerkmale Tierarten eine rasche geografische Ausbreitung ermöglichen und erleichtern, setzt das Grackel-Team seine Arbeit der letzten zehn Jahre an dieser Art fort. “Wenn wir herausfinden, wie Großschwanzgrackeln im Vergleich zu Bootschwanzgrackeln und andere Arten Herausforderungen anders meistern, können wir zukünftig vielleicht Wege aufzeigen, um gefährdeten Arten zu helfen, sich besser an Veränderungen in ihrer Umwelt anzupassen”, sagt Logan.
Originalpublikation:
Logan, C.J., McCune, K.B., Rolls, C., Marfori, Z., Hubbard, J., Lukas, D.
Implementing a rapid geographic range expansion – the role of behavior changes
Peer Community Journal, 20 September 2023, https://doi.org/10.24072/pcjournal.320

21.09.2023, Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) e. V.
Auf geht’s in die Alpen: Nepomuk und Sisi fliegen über die Gipfel Österreichs/ Ausgewilderte Bartgeier haben den Nationalpark Berchtesgaden verlassen – Flugrouten aller Bartgeier im Internet verfolgen
Der Ende Mai durch den bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) und den Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeier Nepomuk ist am 16. September aus seinem bisherigen Aufenthaltsgebiet im Nationalpark aufgebrochen und erkundet nun den österreichischen Nationalpark Hohe Tauern. Nur einen Tag später folgte die ebenfalls in diesem Jahr ausgewilderte Bartgeierdame Sisi in dieselbe Region der österreichischen Zentralalpen. „Es freut uns ungemein, dass Nepomuk, der jünger und deutlich kleiner als seine Gefährtin Sisi ist, nun als erster den großen Schritt hinaus in die Wildnis der Alpen wagt“, sagt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider. Wie alle jungen Bartgeier werden die beiden Vögel in den nächsten Jahren über weite Teile des Alpenbogens fliegen und dabei tausende Kilometer zurücklegen. Damit ist die dritte Saison im gemeinsamen Auswilderungsprojekt des Bartgeiers in Bayern weitgehend abgeschlossen. Dank GPS-Sendern auf dem Rücken der Vögel können Bartgeier-Fans die Flugrouten aller bisher ausgewilderten Geier durch Europa online mitverfolgen unter www.lbv.de/bartgeier-auf-reisen.
Im Juni startete das zierliche Bartgeiermännchen Nepomuk außergewöhnlich früh zu seinem Jungfernflug im Alter von nur 107 Tagen. Im Durchschnitt brechen junge Bartgeier erst nach 120 Tagen zum ersten Flug auf. Obwohl Nepomuk sich in der ersten Phase seiner Flugübungen sichtlich schwer tat mit Sisi mitzuhalten, holte er seinen Rückstand bald auf. „Im Spätsommer war Nepomuk deutlich entdeckungsfreudiger als seine Artgenossin Sisi. 100 Kilometer Flugstrecke pro Tag waren bei seinen Ausflügen bis nach Tirol und in die Salzburger Kalkalpen keine Seltenheit“, so Nationalparkleiter Dr. Roland Baier. Nun legte Nepomuk eine beachtliche Distanz von über 300 Kilometer nach Süden in die Zentralalpen des österreichischen Nationalparks Hohe Tauern zurück.
Wie schon Recka, Dagmar und Bavaria aus den ersten beiden Projektjahren werden Nepomuk und Sisi nun mindestens zwei bis drei Jahre den Alpenraum durchstreifen und dabei Ausschau nach Nahrung und anderen Bartgeiern halten. Sie fliegen dabei durch Gebiete von bis zu 10.000 Quadratkilometern. Um sesshaft zu werden und ein Revier zu gründen, kehren die meisten Bartgeier allerdings wieder in ihre Herkunftsregion zurück. Das Bartgeier-Team von LBV und Nationalpark Berchtesgaden ist also optimistisch, beide Vögel in einigen Jahren wieder im weiteren Umfeld des Nationalparks beobachten zu können. „Auch wenn wir durch die GPS-Sender die Flugrouten aller Geier gut überwachen können, bitten wir darum, Bartgeiersichtungen an bartgeier@lbv.de zu melden. Am besten mit einem Foto, denn selbst auf einem Handybild lassen sich oft überraschend viele Details finden“, so Toni Wegscheider.
In diesem Jahr war für die Expertinnen und Experten besonders spannend, dass Sisi nur einen Tag nach Nepomuk aus dem Nationalpark aufgebrochen ist. In den bisherigen beiden Projektjahren dauerte es jeweils einige Wochen bis nach dem ersten Bartgeier auch dessen Artgenosse dauerhaft abgeflogen ist. „Zum Ende ihrer Zeit im Nationalpark kreisen die Geierjungvögel zwar noch direkt über den bestückten Futterplätzen, finden nun aber in den umliegenden Bergen so viel natürliches Aas, dass sie auf die zusätzlichen Futtergaben durch unsere Team verzichten können“, erklärt Dr. Roland Baier. Als reine Aasfresser suchen Bartgeier beispielswiese nach toten Gämsen oder den Überresten anderer, verendeter Wildtiere, deren Knochen sie verwerten.
Bis etwa 2030 sollen im Nationalpark Berchtesgaden jährlich zwei bis drei Bartgeier ausgewildert werden, um langfristig einen Brutbestand dieses imposanten, einst vom Menschen ausgerotteten Alpenbewohners aufzubauen. Da beide Geier in den nächsten Wochen immer noch gelegentlich in ihr bisheriges Aufenthaltsgebiet im Nationalpark Berchtesgaden zurückkehren werden, finden die kostenlosen Bartgeierwanderungen von LBV und Nationalpark Berchtesgaden noch bis auf weiteres statt.
Offizielle Bartgeier-Führungen
Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich alle Gäste täglich von 10 bis 16 Uhr bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Sisi und Nepomuk gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist. Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter bartgeier@lbv.de.

21.09.2023, Deutsche Wildtier Stiftung
Herbstzeit ist Spinnenzeit
Gartenkreuzspinnen sind Meister-Weber – und halten sich von Häusern und Wohnungen meist fern
Warme Tage, kühle Nächte – und Gartenkreuzspinnen, die in den Parks, in den Gärten und im Wald ihre großen Netze weben: Willkommen im Altweibersommer! Eine der möglichen Herleitungen des Namens ist das Wort Weiben – ein alter deutscher Begriff für weben. Und das tut die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) meisterhaft. Ihre Radnetze sind echte Hingucker. In Schuppenecken, an Rosenbögen und Regenrohren, zwischen Sträuchern und Ästen hängen sie jetzt – häufig kreisrund, mit langen Radialspeichen, die mit querliegenden Fangfäden in Abständen von etwa zwei bis vier Millimetern verbunden sind. Der Durchmesser der Netze kann bis zu einem halben Meter betragen. Ein solches Kunstwerk zu beseitigen ist übrigens nicht erlaubt: Laut Paragraf 39 des Bundesnaturschutzgesetzes ist es grundsätzlich verboten, Lebensstätten wildlebender Tiere ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören. Reißt ein Faden, wird geflickt. Denn zum Fang von Insekten wie Fliegen, Bienen oder Heuschrecken muss das Netz intakt sein. Diese Perfektion kommt auch den Menschen zugute: „Gartenkreuzspinnen sorgen für eine natürliche Reduktion von Insektenbeständen wie etwa von Stechmücken“, sagt Judy Kolster, Natur- und Artenschützerin bei der Deutschen Wildtier Stiftung.
Ihren klebrig-elastischen Faden produzieren die Spinnen mithilfe einer Drüse im Hinterleib. Wird ihr Netz beschädigt, recyceln sie das körpereigene Baumaterial, indem sie den Faden fressen, im Körperinneren aufbereiten und dann wieder in ein neues Netz einarbeiten. Frühherbst und Herbst gehören den Achtbeinern. Sie gehen nach der Paarungszeit auf die Suche nach Überwinterungsquartieren. „Während einige Spinnen wie etwa die Hauswinkelspinne oder die Zitterspinne gern in feuchtwarmen Hauskellern Unterschlupf suchen, bleiben Gartenkreuzspinnen an ihrem angestammten Platz im Grünen“, sagt Judy Kolster. Winterquartiere brauchen aber nur die im Frühjahr geschlüpften Tiere. Sie werden erst im kommenden Jahr geschlechtsreif. Die Generation, die sich in diesem Jahr fortgepflanzt hat, stirbt nach der Eiablage im Laufe des Herbstes ab. Die diesjährige Spinnengeneration sucht sich zum Winter hin ein Versteck unter Baumrinden, zwischen den dichten Nadeln von Nadelbäumen oder unter der Erde. „Gartenkreuzspinnen sind äußerst standorttreu und verirren sich nur selten ins Haus oder in die Wohnung“, sagt die Artenschützerin der Deutschen Wildtier Stiftung.

26.09.2023, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e.V.
Abnahme der Artenvielfalt kann Verbreitung von Viren begünstigen
Wie hängen Umweltveränderungen, Artensterben und die Ausbreitung von Krankheitserregern zusammen? Die Antwort darauf gleicht einem Puzzle. Ein Puzzlestück haben Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin in Kooperation mit dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) nun in einer Studie zu Auswirkungen von Regenwaldrodung auf Stechmücken und deren Viren im Fachmagazin „eLife“ beschrieben: Sie zeigen, dass die Zerstörung tropischer Regenwälder die Vielfalt an Stechmückenarten vermindert. Gleichzeitig werden widerstandsfähige Arten häufiger – und damit auch deren Viren. Gibt es von einer Stechmückenart viele Individuen, können sich deren Viren schnell verbreiten.
Die Wissenschaftler:innen von Charité und Leibniz-IZW untersuchten, wie sich die Abholzung von Regenwald und die Umwandlung dieser Flächen in Kaffee- oder Kakaoplantagen und Dörfer auf das Vorkommen und die Artenvielfalt von Stechmücken und deren Viren auswirken. Die Studie, die damit die Fachgebiete der Virologie und Biodiversitätsforschung vereint, entstand unter Federführung von Prof. Dr. Sandra Junglen, Leiterin der Arbeitsgruppe „Ökologie und Evolution von Arboviren“ am Institut für Virologie der Charité.
Für die Forschungsarbeit fing das Forschungsteam zunächst Stechmücken in der Gegend des Tai-Nationalparks an der Elfenbeinküste. Hier gibt es eine große Bandbreite an Landnutzungsarten – von ungestörtem Regenwald über Sekundärwald, Kakao- und Kaffeeplantagen bis hin zu Dörfern. „Die gefangenen Stechmückenarten haben wir identifiziert und auf Virusinfektionen getestet“, erklärt Kyra Hermanns vom Institut für Virologie der Charité, Erstautorin der Veröffentlichung. „Dann haben wir geschaut, wie sich in den unterschiedlichen Landnutzungstypen die Zusammensetzung an Stechmückenarten unterscheidet, wo bestimmte Viren vorkommen und wie häufig diese sind.“
Widerstandsfähige Stechmückenarten können sich durchsetzen

In einem gesunden Ökosystem wie einem intakten Regenwald gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Viren. Das liegt vor allem daran, dass es hier eine große Vielfalt an Tieren gibt, die als Träger der Viren – sogenannte Wirte – infrage kommen. Denn Viren sind immer an ihre Wirte gebunden.
Wird das Ökosystem verändert, betrifft das auch die Viren, erklärt Prof. Junglen: „Wir entdeckten 49 Virenarten. Die größte Vielfalt an Wirten und Viren haben wir in unberührten und nur leicht gestörten Lebensräumen beobachtet.“ Die meisten der 49 Virenarten kamen in den untersuchten Gebieten relativ selten vor. Neun Virusarten wurden jedoch häufig in mehreren Lebensräumen gefunden, wobei das Vorkommen von fünf Virenarten in gestörten Lebensräumen zunahm und in Dörfern am höchsten war.
„Das bedeutet, dass die Abholzung des tropischen Regenwaldes zu einer Abnahme der Vielfalt an Stechmückenarten führt und sich somit die Zusammensetzung an Wirtsarten verändert. Einige widerstandsfähige Stechmückenarten haben sich sich auf den gerodeten Flächen stark vermehrt und mit ihnen ihre Viren“, erklären Prof. Junglen und Prof. Stephanie Kramer-Schadt vom Leibniz-IZW, die die Assoziationsanalysen der Stechmücken zu Viren und Habitaten durchführte. Wie sich eine Artengemeinschaft zusammensetzt, hat also direkte Auswirkungen auf das Vorkommen von Viren. „Wenn eine Wirtsart sehr häufig ist, dann erleichtert das die Ausbreitung von Viren“, führt Prof. Junglen weiter aus. Alle Viren, die häufiger vorkamen, wurden in einer bestimmten Stechmückenart nachgewiesen. Die Viren gehören zu unterschiedlichen Familien und haben verschiedene Eigenschaften. „Damit konnten wir zum ersten Mal nachweisen, dass die Verbreitung der Viren nicht durch eine enge genetische Verwandtschaft von Viren zurückzuführen ist, sondern auf die Eigenschaften ihrer Wirt – also insbesondere auf jene Stechmückenarten, die gut mit veränderten Umweltbedingungen in gestörten Lebensräumen zurechtkommen.“
Neue Einblicke in die Dynamik von Infektionskrankheiten
Zwar infizieren die gefundenen Viren nur Stechmücken und können – nach jetzigem Stand – nicht auf Menschen übertragen werden. Sie sind aber dennoch als Modell hilfreich, um zu verstehen, wie sich die Veränderung der Vielfalt einer Artengemeinschaft auf das Vorkommen und die Häufigkeit von Viren auswirkt. „Unsere Studie macht deutlich, wie wichtig Artenvielfalt ist und dass die Abnahme der Artenvielfalt das Vorkommen bestimmter Viren fördert, weil es die Verbreitung ihrer Wirte fördert“, betont Prof. Junglen.
„Bisher wurden solche Prozesse fast ausschließlich an einzelnen Erregern und einzelnen Wirten untersucht. Nun ergibt sich ein vollständigeres Bild, an dem weiter geforscht werden kann“, führt Prof. Junglen aus. Im nächsten Schritt plant das Forschungsteam, weitere Lebensräume in anderen Ländern zu untersuchen – auch um herauszufinden, welche Faktoren es eigentlich genau sind, die bei einer Änderung der Landnutzung die Vielfalt der Stechmückenarten beeinflussen und welche Eigenschaften die Viren mitbringen müssen, um sich mit ihren Wirten ausbreiten zu können.
Originalpublikation:
Hermanns K, Marklewitz M, Zirkel F, Kopp A, Kramer-Schadt S, Junglen S (2023): Mosquito community composition shapes virus prevalence patterns along anthropogenic disturbance gradients. eLife 12:e66550. DOI: 10.7554/eLife.66550

27.09.2023, Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Wichtiger zusätzlicher Treiber des Insektensterbens identifiziert
Treten ungünstige Witterungsbedingungen kombiniert und über Jahre auf, kann das Insektenbiomassen langfristig schrumpfen lassen. Das zeigt ein Team um Professor Jörg Müller im Journal „Nature“.
Insekten reagieren empfindlich, wenn Temperatur und Niederschläge vom langjährigen Mittel abweichen. Bei einem ungewöhnlich trockenen und warmen Winter sind ihre Überlebenswahrscheinlichkeiten verringert, bei einem nasskalten Frühjahr ist der Schlupferfolg reduziert. Ein kühler, feuchter Sommer setzt Hummeln und andere Fluginsekten bei der Fortpflanzung und der Nahrungssuche unter Druck.
Treten mehrere solcher Witterungs-Anomalien in Kombination und über mehrere Jahre auf, kann dies die Insektenbiomasse großräumig und langfristig reduzieren. Das zeigt ein neuer Report im Journal „Nature“.
Demnach können die Witterung und Häufungen ungünstiger Witterungsanomalien im Zuge des Klimawandels wichtige Treiber des weltweiten Insektensterbens sein. Nur individuenreiche Insektenpopulationen, wie man sie in ausreichend großen und hochwertigen Lebensräumen findet, erscheinen unter solch widrigen Bedingungen überlebensfähig.
Wegen dieser neuen Erkenntnisse plädieren die Autorinnen und Autoren des Nature-Reports für mehr hochwertige Lebensräume. Diese zeichnen sich aus durch Pflanzen, die typisch für naturnahe Habitate sind, durch hohen Strukturreichtum oder extensive Nutzung. Der Report stammt vom Forschungsteam Jörg Müller (Universität Würzburg und Nationalpark Bayerischer Wald) in Kooperation mit der TU Dresden (Sebastian Seibold) und dem Nationalpark Berchtesgaden sowie der TU München (Annette Menzel, Ye Yuan) und der Universität Zürich (Torsten Hothorn). Die beteiligten Forschenden suchen gemeinsam nach neuen Erkenntnissen und Gegenstrategien zum Insektensterben.
So sind die neuen Erkenntnisse entstanden
Im Frühjahr 2022 fiel dem Würzburger Ökologieprofessor Jörg Müller auf, dass in Wald und Flur erstaunlich viele Insekten unterwegs waren. Das machte ihn stutzig – schließlich sind in den vergangenen Jahren immer mehr wissenschaftliche Studien erschienen, die ein weltweites Insektensterben belegten.
Die Studie, die für das größte Aufsehen sorgte, stammt von einer Gruppe um den niederländischen Forscher Caspar A. Hallmann aus dem Jahr 2017. Darin wurden Daten des Entomologischen Vereins Krefeld analysiert. Die Studie zeigte auf, dass die Insektenbiomasse in deutschen Naturschutzgebieten in den Jahren von 1989 bis 2016 um mehr als 75 Prozent abgenommen hat.
„Die Daten aus der Studie zeigen, dass es 2005 einen dramatischen Einbruch und in den Jahren danach keine Erholung mehr gab“, sagt Jörg Müller, der Professor für Tierökologie und ökologische Freilandforschung am Biozentrum der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) ist. Konnte die von ihm „gefühlte“ große Insektenmenge des Jahres 2022 also real sein?
2022 ging es vielen Insekten relativ gut
Müller beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Dafür tat sich sein Team mit Forscherkolleginnen und -kollegen der TU Dresden, der TU München und der Universität Zürich zusammen.
Zuerst galt es zu klären, ob es 2022 tatsächlich viel mehr Insektenbiomasse gab als üblich. Das bestätigte sich: „Wir fanden eine Biomasse, die im Mittel fast so hoch war wie die Maximalwerte aus der Hallmann-Studie. Und unser 2022er Maximalwert war höher als alle Werte, die Hallmann je ermittelt hatte – dieser Wert stammt übrigens aus dem Wald der Universität Würzburg“, sagt der JMU-Professor.
Daten der Hallmann-Studie neu analysiert
Diese Beobachtung veranlasste das Forschungsteam, die Daten aus der Hallmann-Studie neu zu analysieren. Dabei flossen neu aufbereitete Witterungsdaten ein, darunter Informationen über Temperaturen und Niederschläge während der Beprobung. Berücksichtigt wurden auch Witterungsanomalien (Abweichungen vom langjährigen Mittel) während der verschiedenen Phasen eines Insektenlebens – vom Ei über die Larve und die Puppe bis zu den erwachsenen Tieren.
Das Team stellte fest, dass für die Jahre ab 2005 für Insekten überwiegend negative Witterungseinflüsse herrschten. Mal war der Winter zu warm und trocken, mal das Frühjahr oder der Sommer zu kalt und nass. Dagegen war das Wetter 2022 durchgehend günstig für Insekten, und auch der Sommer davor war gut. Folglich erklärt dies die relativ hohe Insektenbiomasse von 2022.
Konsequenzen für die Zukunft
„Wir müssen uns viel stärker bewusstmachen, dass der Klimawandel bereits jetzt ein wichtiger Treiber für den Niedergang von Insektenpopulationen ist. Das muss in Wissenschaft und Naturschutzpraxis viel stärker mitgedacht werden“, sagt Annette Menzel, Professorin für Ökoklimatologie von der Technischen Universität München (TUM).
Um das Aussterberisiko bedrohter Arten unter diesen Rahmenbedingungen abzuschwächen, müssen die Flächen hochwertiger Lebensräume vergrößert werden. Daher sind die aktuellen Bestrebungen zum Insektenschutz noch dringender als bisher gedacht. Diese Gemeinschaftsaufgabe betreffe sowohl die Landwirtschaft als auch Verkehrs- und Siedlungsräume – also alle Gebiete, in denen hochwertige Lebensräume reduziert oder beeinträchtigt werden.
JMU-Professor Jörg Müller schlägt außerdem vor, ein Biomasse-Monitoring für ganz Deutschland zu etablieren. Damit könne man kontinuierlich messen, welchen Auf- und Ab-Trends die Insektenpopulationen unterworfen sind, und diese bei weiteren Analysen miteinbeziehen.
Förderer
Die beschriebenen Arbeiten wurden finanziell gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Bayerischen Klimaforschungsnetzwerks bayklif, dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz im Projekt „Die Auswirkungen des Baumsterbens in Bayern 2018-2019 auf die Resilienz der Wälder und die biologische Vielfalt“ und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Projekt „Auswirkungen waldbaulicher Eingriffe auf die Biodiversität – Neue Methoden erlauben neue Einblicke (L062)“.
Originalpublikation:
Weather explains the decline and rise of insect biomass over 34 years. Nature, 27. September 2023, DOI: 10.1038/s41586-023-06402-z

27.09.2023, Humboldt-Universität zu Berlin
Die Muskelfeinmechanik der Elefanten
Giganten mit mikroskopischen Muskeln – Neue Erkenntnisse enthüllen die Struktur des Elefantenrüssels.
Eine kürzlich durchgeführte Studie untersuchte die Muskulatur von Elefanten und stellte fest, dass ihr Rüssel ein komplexes Geflecht aus miteinander verwobenen Muskeln ist und eine immense Anzahl von Muskeln aufweist. Die Studie wird am 26. September, 2023 in Current Biology veröffentlicht.
Mit der komplexesten Muskulatur, die bei Tieren bekannt ist, bewegt sich der Rüssel des Elefanten elegant und ohne jegliche Knochen. Stattdessen bewegt sich der Rüssel mit Muskeln, die gegeneinander arbeiten, um für Steifigkeit zu sorgen und Gelenke zu bilden. Bis heute ist die Anzahl der Muskeln im Elefantenrüssel unklar. Um diese Frage zu klären, haben Longren, Eigen, Brecht und Kollegen von der Humboldt-Universität zu Berlin und Thomas Hildebrandt dem Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IWZ) die Muskeln des Elefantenrüssels im mikroskopischen Maßstab untersucht. Sie erstellten mit einem Mikro-CT-Scanner ein 3D-Bild des Rüssels und zeichneten die einzelnen Muskelpartien, sogenannte Faszikel, nach, um die Tausenden von mikroskopisch kleinen Muskeln zu rekonstruieren. Insgesamt gibt es schätzungsweise 90.000 Muskelfaszikel im Elefantenrüssel. Michael Brecht merkt an: ‚Wir haben gewusst, dass der Elefantenrüssel viele Muskeln hat, aber die winzige Größe der Muskeln in der Rüsselspitze war sehr verblüffend.‘ Mit so vielen winzigen Muskeln ist der Elefant in der Lage, die eleganten und geschickten Bewegungen seines Rüssels auszuführen.
Originalpublikation:
Longren, L. L., Eigen, L., Shubitidze, A., Lieschnegg, O., Baum, D., Nyakatura, J. A., Hildebrandt, T., & Brecht, M. Dense Reconstruction of Elephant Trunk Musculature. Current Biology, in press (2023)

27.09.2023, Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Vom Singvogel bis zum Kranich – die jungsteinzeitliche Vogeljagd in Obermesopotamien
Für Jäger-Sammler-Gemeinschaften aus Obermesopotamien, heutige Türkei, waren Vögel zu Beginn der Jungsteinzeit, ca. 9.000 Jahre v. Chr., eine wichtige Nahrungsquelle. Das zeigt eine neue Studie der SNSB- und LMU-Archäozoolog:innen Dr. Nadja Pöllath und Prof. Joris Peters. Die beiden Wissenschaftler:innen untersuchten die Überreste von Vögeln aus den beiden jungsteinzeitlichen Siedlungen Göbekli Tepe und Gusir Höyük in der heutigen Türkei und veröffentlichten ihre Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Archaeological and Anthropological Sciences.
Neben großen und kleinen Säugetieren, vom Auerochsen bis zum Hasen, oder Fischen bejagten die Menschen in Südostanatolien vor 11.000 Jahren auch das gesamte Spektrum an Vogelarten. Gejagt wurden sie vor allem, aber nicht ausschließlich, im Herbst und Winter, d.h. dann, wenn viele Vogelarten größere Schwärme bildeten und Zugvögel das Gebiet durchquerten. Die Artenlisten sind daher sehr umfangreich: In der Ausgrabungsstätte der frühsteinzeitlichen Siedlung Göbekli Tepe etwa, rund 18 km nordöstlich der heutigen südanatolischen Stadt Şanlıurfa gelegen, fanden die Forscher:innen Überreste von 84 Vogelarten. Dr. Nadja Pöllath, Kuratorin an der Staatssammlung für Paläoanatomie München (SNSB-SPM) und Prof. Dr. Joris Peters, Inhaber des Lehrstuhls für Paläoanatomie, Domestikationsforschung und Geschichte der Tiermedizin an der LMU München sowie Direktor der Staatssammlung, identifizierten die jungsteinzeitlichen Vögel mit Hilfe moderner Vergleichsskelette aus der Referenzsammlung der Staatssammlung.
Überrascht hat die beiden im Falle von Göbekli Tepe die große Zahl von kleinen Singvögeln, darunter vor allem Stare und Ammern. Grundsätzlich haben die Jäger von Göbekli Tepe alle Le-bensräume in der Umgebung ihrer Siedlung für die Vogeljagd aufgesucht. Gejagt wurde an Gewässern, in Wäldern sowie auch im offenen Gelände.
„Warum am Göbekli Tepe so viele kleine Sperlingsvögel bejagt wurden, wissen wir nicht genau. Aufgrund ihres geringen Lebendgewichts steht der Aufwand eigentlich in keinem guten Verhältnis zum Ertrag. Vielleicht waren sie einfach eine Delikatesse, die im Herbst den Speiseplan bereicherte, oder sie hatten eine Bedeutung, die wir aus den Knochenresten noch nicht ablesen können“, kommentiert Nadja Pöllath ihre Ergebnisse.
Die Bewohner von Gusir Höyük, einer ebenfalls frühneolithischen Siedlung am Ufer des Gusir-Sees, etwa 40 km südlich der heutigen Provinzhauptstadt Siirt, noch weiter im Südosten der heutigen Türkei, hielten es dagegen anders: Sie begrenzten ihre Vogeljagd auf nur zwei Arten: das Chukar-Steinhuhn (Alectoris chukar) und das Rebhuhn (Perdix perdix), die im offenen hügeligen Grasland zu Hause waren. Nahegelegene Flussauen und den See, an dessen Ufern die Siedlung lag, ignorierten sie offenbar, denn Überreste von Wasservögeln fanden die Münchener Forscher:innen in Gusir Höyük nicht. „Gusir Höyük ist die einzige uns bekannte jungsteinzeitliche Gemeinschaft in Obermesopotamien, die bei der Vogeljagd – obwohl vorhanden – bewusst Feuchtgebiete und Flusslandschaften mieden. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich dabei um eine kulturelle Eigenheit der am Gusir Höyük siedelnden Gruppe handelt“, so Prof. Joris Peters. „Im Vergleich mit anderen frühneolithischen Fundorten in der Region zeigten sich viele Gemeinsamkeiten zwischen den Orten im Euphratbecken, während im Tigrisbecken die Gemeinsamkeit darin besteht, dass fast jede Siedlung eine ganz eigene Strategie zur Nahrungsbeschaffung entwickelte“, ergänzt Nadja Pöllath.
Nicht alle Vögel wurden auch von den jungsteinzeitlichen Siedlern Obermesopotamiens gegessen. Manche Vogelarten wie z. B. Kraniche oder Greifvögel hatten wohl eher symbolische Bedeutung und könnten auch rituellen Zwecken gedient haben, vermuten die Forscher:innen. Solche soziokulturellen Aspekte der Beziehungen zwischen Menschen und Vögeln gilt es zukünftig zu untersuchen.
Originalpublikation:
Pöllath, N., Peters, J. Distinct modes and intensity of bird exploitation at the dawn of agriculture in the Upper Euphrates and Tigris River basins. Archaeol Anthropol Sci 15, 154 (2023). https://doi.org/10.1007/s12520-023-01841-1

29.09.2023, Universität Heidelberg
Begann die Evolution der Tiere mit einer räuberischen Lebensweise?
Überraschende Befunde einer Forschungsgruppe von der Universität Heidelberg zur Entwicklung von Seeanemonen legen nahe, dass die räuberische Lebensweise für die Evolution der Tiere prägend war und bedeutende Auswirkungen auf die Entstehung ihres Nervensystems hatte. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass die frühen Entwicklungsstadien (Larven) der kleinen Seeanemone Aiptasia von der aktiven Aufnahme lebender Beute, aber nicht von Algen abhängen. Für den Beutefang nutzen die Seeanemonenlarven spezialisierte Nesselzellen und ein einfaches neuronales Netz.
Neue Forschungserkenntnisse zur Seeanemone Aiptasia lassen Rückschlüsse auf die Entstehung vielzelliger Lebewesen zu
Waren die ersten Tiere Beutefänger oder Filtrierer, wie die in den heutigen Meeren lebenden Schwämme? Und welche Rolle spielte dabei, wie bei riffbildenden Korallen, die Symbiose mit Algen? Überraschende Befunde einer Forschungsgruppe um Prof. Dr. Thomas W. Holstein von der Universität Heidelberg zur Entwicklung von Seeanemonen legen nahe, dass die räuberische Lebensweise für die Evolution der Tiere prägend war und bedeutende Auswirkungen auf die Entstehung ihres Nervensystems hatte. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass die frühen Entwicklungsstadien (Larven) der kleinen Seeanemone Aiptasia von der aktiven Aufnahme lebender Beute, aber nicht von Algen abhängen. Für den Beutefang nutzen die Seeanemonenlarven spezialisierte Nesselzellen und ein einfaches neuronales Netz.
Bei der frühen Embryonalentwicklung vielzelliger Lebewesen spielt die Gastrulation eine Schlüsselrolle: „In ihrer einfachsten Form entsteht die Gastrula aus einem Ball von Zellen, der Blastula, und bildet eine Larve mit Darm und Mund – so als würde man einen Ball nach innen drücken. Dieses Gastrula-Stadium wird von allen Tieren durchlaufen und könnte auch am Anfang der Evolution der Tiere gestanden haben“, erläutert Prof. Holstein, Entwicklungs- und Evolutionsbiologe am Centre for Organismal Studies (COS) der Ruperto Carola. Ira Mägele, Mitglied seiner Forschungsgruppe, gelang der Nachweis, dass bereits die Larven der Seeanemone Aiptasia im späten Gastrula-Stadium Beutetiere geeigneter Größe mit ihren Nesselzellen fangen, über den Mund aufnehmen und in der Körperhöhle (Urdarm) verdauen.
Die Seeanemone Aiptasia gilt als ein Modellsystem für die Endosymbiose-Forschung bei Korallen und weiteren Nesseltieren. „Korallen leben in nährstoffarmen Gewässern und nehmen als Larven oder junge Polypen symbiotische Algenzellen auf. Bei Aiptasia ist dieser Vorgang für die adulten Tiere wichtig, führt allerdings nicht zu Wachstum und Ansiedlung der Larven. Dies deutet darauf hin, dass die Ernährung ein kritischer Schritt für die Schließung des Lebenszyklus ist“, so Thomas Holstein. Untersuchungen der Ernährungsbedingungen im Labor ergaben, dass bei den winzigen Aiptasia-Larven für die Wahl der richtigen Nahrung entscheidend ist, dass sie klein genug und lebendig ist. Die Nauplius-Larven von Ruderfußkrebsen (Tisbe) sind mit 50 bis 80 Mikrometer ähnlich groß wie die Aiptasia Larven und erwiesen sich als ideal.
Die Larven gewinnen rasch und kontinuierlich an Größe, gefolgt von der Ansiedlung auf dem Substrat und der Metamorphose in Primärpolypen. „Auf diese Weise konnten wir erstmals geschlechtsreife Polypen und wiederum deren Nachkommen züchten“, so Ira Mägele. Dr. Elizabeth Hambleton, an der Studie beteiligte Wissenschaftlerin von der Universität Wien (Österreich), hebt hervor: „Durch den so geschlossenen Lebenszyklus von Aiptasia wird es erstmals möglich sein, notwendige molekulargenetische Experimente durchzuführen, die für funktionelle Studien an diesem wesentlichen Endosymbiosemodell notwendig sind.“ Prof. Dr. Annika Guse von der Ludwig-Maximilians-Universität München, ebenfalls Co-Autorin, sieht in diesem experimentellen Ansatz einen Durchbruch für die Arbeit an diesem Modellsystem.
Wie Prof. Holstein betont, eröffnen die gewonnenen Daten ein neues Bild, wonach die räuberische Lebensweise ein ursprüngliches Merkmal der Nesseltier-Gastrula ist. Die „Gastrula-Hypothese“ wurde zuerst von dem Evolutionstheoretiker Ernst Haeckel (1834 bis 1919) aufgestellt. „Doch die hypothetische Gastrula Haeckels ging von einer Partikel-filtrierenden Lebensweise wie bei Schwämmen aus. Die räuberische Gastrula von Aiptasia und anderen Nesseltieren dagegen besitzt spezialisierte Nesselzellen, die zum Beutefang eingesetzt werden.“ Diese räuberische Lebensweise von Gastrula-ähnlichen Formen mit extrusiven Organellen, die Giftsekret abgeben und bei Einzellern und einfachen Würmern ebenfalls vorkommen, könnten, so der Heidelberger Biowissenschaftler, eine wichtige Triebkraft für die frühe Evolution vielzelliger Lebewesen und die Entwicklung komplex organisierter Nervensysteme gewesen sein.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht. Gefördert wurden die Forschungsarbeiten von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Heidelberger Sonderforschungsbereichs „Mechanismen und Funktionen des Wnt-Signalwegs“ sowie des ERC Consolidator Grant „SYMCELLS – Resolving the molecular mechanisms of intracellular coral-algal symbiosis“ unter Leitung von Prof. Guse.
Originalpublikation:
I. Maegele, S. Rupp, S. Özbek, A. Guse, E.A. Hambleton, T.W. Holstein: A predatory gastrula leads to symbiosis-independent settlement in Aiptasia. PNAS 120 (40) e2311872120, DOI: 10.1073/pnas.2311872120

29.09.2023, Universität Trier
Was Miesmuscheln über die Entwicklung von Biodiversität verraten
Forschende der Universität Trier haben Muscheln als natürliche Umwelt-DNA-Sammler entdeckt und können nun Veränderungen in Ökosystemen über mehrere Jahrzehnte beobachten.
Dank einer kreativen Eingebung und einer einzigartigen Sammlung von Proben sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Trier erstmals in der Lage, den Wandel von Biodiversität und die Einwanderung von Arten über mehrere Jahrzehnte rekonstruieren zu können. Die besondere Fähigkeit von Muscheln, mehr als einen Liter Meerwasser pro Stunde zu filtern und die inhalierten Stoffe im Verdauungstrakt anzureichern, brachte die Biogeographen auf eine bahnbrechende Idee. Durch die Auswertung der in den Muscheln enthaltenen DNA-Spuren von in ihrer Umgebung siedelnden Lebewesen lassen sich detaillierte Beschreibungen des jeweiligen Ökosystems erstellen.
Mithilfe von Proben, die an der Universität Trier über vier Jahrzehnte für die Umweltprobenbank gesammelt wurden, und dank der neuen Methode der Analyse von Umwelt-DNA kann die Entwicklung von Biodiversität über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten nachverfolgt werden. Ursprünglich war dieses Archiv von Proben aus unterschiedlichen Ökosystemen in ganz Deutschland für das Monitoring von Umweltverschmutzung angelegt worden. Zu den gesammelten Objekten gehören auch Miesmuscheln von deutschen Küsten, die den Trierer Biogeographen nun als Bioindikatoren dienen.
Bei seinen Langzeituntersuchungen konnte das Trierer Forschungsteam auch nachweisen, dass die durch den Klimawandel allmählich ansteigenden Temperaturen invasive Arten begünstigen und Biodiversität einschränken. Den Nachweis machten Prof. Dr. Henrik Krehenwinkel, Doktorandin Isabelle Junk und Bachelorstudentin Nina Schmitt am Beispiel der Australischen Seepocke fest. Die aus Australien stammende Krebstierart war während des Zweiten Weltkriegs nach Europa eingeschleppt worden, siedelte sich an europäischen Küsten an und verdrängte dort einheimische Arten.
Innerhalb des untersuchten Zeitraums von 40 Jahren stellten die Trierer Biogeographen mehrere starke Schwankungen in der Population der Australischen Seepocke an der deutschen Nordseeküste fest, die mit den Temperaturverläufen korrelierten. Insbesondere in kalten Wintern mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt wurden die Bestände der Australischen Seepocke massiv reduziert. Davon konnte sich die Population teils erst nach mehreren Jahren erholen, dann allerdings so gut, dass einheimische Seepocken fast vollständig verdrängt wurden.
„Bislang verfügbare Zeitreihen sind oft kurz oder unvollständig und lassen keine verlässlichen Aussagen darüber zu, ob es sich bei Veränderungen in der biologischen Vielfalt um kurzfristige Populationsschwankungen oder langfristige Trends handelt. Dieser Nachweis kann nun durch die Analyse von Umwelt-DNA und der langzeitarchivierten Umweltproben geführt werden“, erläutert Prof. Dr. Henrik Krehenwinkel.
„Mit unserer Untersuchung konnten wir auch auf eine wichtige ökologische Folge des Klimawandels für Biodiversität hinweisen. Die allmählich immer wärmer werdenden Winter ebnen invasiven wärmebevorzugenden Arten den Weg, sich zu vermehren und einheimische Populationen zu verdrängen“, sagt Isabelle Junk, Doktorandin der Biogeographie und Mitautorin der Studie.
Die Australische Seepocke ist nur einer von unzähligen weiteren Eindringlingen, die sich weitgehend unbemerkt über die Meere ausbreiten – mit nicht abschätzbaren Folgen. Die Sequenzierung von Umwelt-DNA in Kombination mit den in der UPB gelagerten Proben bietet nun die Option, durch weitere Forschung diese Arten auf breiter Ebene zu
identifizieren und ihre Wege nachzuverfolgen.
Originalpublikation:
Isabelle Junk, Nina Schmitt und Henrik Krehenwinkel: Tracking climate change induced biological invasions by metabarcoding archived natural eDNA samplers.
Current Biology Volume 33, Issue 18,2023

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