Der Honiganzeiger (Indicator Sparmanni, albirostris, leucotis, archipelagus, flaviscapulatus und pallidirostris, Cuculus indicator und capensis), »Kerkerïe« und »Harharïet« der Abessinier, ist auf der Oberseite graubraun, auf der Unterseite weißgraulich, an der Gurgel schwarz, ein Fleck in der Ohrgegend graulichweiß; die Schultern sind durch einen gelben Fleck geziert; einige Schenkelfedern durch schwarze Längsstriche gezeichnet; die Schwingen graubräunlich, die Deckfedern der Flügel breit weiß gesäumt; die mittleren Schwanzfedern braun, die beiden folgenden jeder Seite auf der Außenfahne braun, auf der inneren weiß, die drei äußersten ganz weiß mit brauner Spitze. Die Iris ist braun, der Augenring bleifarben, der Schnabel gelblichweiß, der Fuß bräunlichgrau. Die Länge beträgt 18, die Fittiglänge 11,5, die Schwanzlänge 7 Centimeter.
Vom Süden an verbreitet sich diese Art über den größten Theil Afrikas bis zum sechzehnten Grade nördlicher Breite; es scheint aber, daß er und seine Verwandten in gewissen Gegenden, so im Ostsudân oder in Habesch nur zeitweilig vorkommen, also Zugvögel sind. Auffallenderweise habe ich nur ein einziges Mal einen Honigkukuk gesehen, und zwar bloß im Vorüberfliegen, so daß ich aus eigener Erfahrung nichts zu sagen weiß, während alle übrigen Reisen den, welche dieselben Gegenden wie ich besuchten, mit diesen Vögeln bekannt wurden.
Heuglin bemerkt, daß er die Zeit ihres Aufenthaltes im Sudân oder in Habesch zwischen die Monate September und April setzen müsse, da er in der trockenen Jahreszeit niemals einen von ihnen angetroffen habe. Er fand ihn, wie er neuerdings angibt, im abessinischen Tief- und im Bogoslande im Mai und zu Ende der Regenzeit, im April, September und Oktober dagegen im Quellenlande des Gazellenflusses und noch weiter südlich. Der Vogel scheint also nur stellenweise vorzukommen; ich wenigstens kann versichern, daß ich an dem von mir sorgsam durchforschten mittleren Blauen Nile auch während der Regenzeit nicht das Glück gehabt habe, einen von ihnen zu beobachten. Häufig scheint er nirgends aufzutreten. Auch Antinori, welcher nach Heuglin und mir das Bogosland bereiste, bezeichnet ihn als selten und bemerkt, daß er ihn nicht mehr als vier Mal angetroffen habe, gibt aber, im Gegensatze zu Heuglin, die Monate März, Juli und September als Beobachtungszeit an. Bezüglich des vereinzelten Vorkommens mag jedoch noch eine Bemerkung Heuglins hier Platz finden. Ihre geringe Größe, einfache Färbung und die Gewohnheit in dichtbelaubten Bäumen sich aufzuhalten, sind Ursachen genug, daß sie dem Sammler weniger in die Augen fallen, obgleich sie, namentlich im Fluge, sehr leicht an der eigenthümlichen Schwanzzeichnung sich erkennen lassen und ihre Anwesenheit auch durch ihren bekannten Ruf anzeigen. Abgesehen von diesem Rufe stellen sie sich als stille, einsame Gesellen dar, klettern nach Art des Wendehalses langsam im Gezweige umher und machen sich nur dann vernehmlich, wenn sie durch einen ihnen besonders auffallenden Gegenstand gefesselt werden, insbesondere aber Wespennester oder Bienenstöcke entdeckt haben.
Der Reisende Ludolf, dessen »Geschichte Aethiopiens« im Jahre 1681 erschien, ist der erste, welcher über den Honiganzeiger spricht. Er weiß bereits, wenn auch nicht durch eigene Erfahrung, daß der Vogel alles, was ihm aufgefallen, dem Menschen verräth, nicht bloß die Bienennester, sondern ebenso die wilden Büffel, Elefanten, Tiger und Schlangen, und daß er einen ihm willigen Jäger zu dem von ihm entdeckten Thiere oder Gegenstande förmlich hinführt. Lobo, dessen Reise nach Abessinien im Jahre 1728 herausgegeben wurde, thut unseres Vogels wiederum Erwähnung. »Der Morok oder Honiganzeiger«, sagt er, »besitzt eine besondere Naturgabe, Honig und Bienen, deren es in Aethiopien eine unbeschreibliche Menge und zwar von den verschiedensten Arten gibt, zu entdecken. Einige sind gleichsam zahm und wohnen in Körben, andere halten sich in hohlen Bäumen auf, noch andere in Löchern und Höhlen unter der Erde, die sie mit Sorgfalt rein halten und so künstlich verstecken, daß man Mühe hat, sie zu finden, obgleich sie oft nahe an der Landstraße sind. Der Honig, welchen sie unter der Erde bauen, ist vollständig ebenso gut wie der in Körben gewonnene, nur etwas schwärzer. Ich möchte fast glauben, daß es derselbe Honig gewesen sei, von welchem Johannes in der Wüste gelebt hat. Wenn der Morok ein Bienennest aufgespürt hat, setzt er sich an die Landstraße, schlägt mit den Flügeln, singt, sobald er jemand erblickt und sucht dadurch ihm begreiflich zu machen und ihn aufzumuntern, daß er ihm folgen solle und die Anweisung eines Bienennestes zu erwarten habe. Merkt er, daß man mitgeht, so fliegt er von Baum zu Baum, bis er an diejenige Stelle kommt, wo der Honig gefunden wird. Der Abessinier bemächtigt sich des Honigs, ermangelt aber niemals, dem Vogel einen guten Theil davon zu überlassen.«
Nach den genannten Reisenden gibt Sparmann Ende des vorigen Jahrhunderts eine vollständige Schilderung dieser Eigenheit und des auffallenden Betragens der Honigkukuke, und seine Angaben sind von allen nach ihm folgenden Naturforschern lediglich bestätigt worden. Levaillant meint zwar, daß Sparmann wahrscheinlich nie einen Honiganzeiger gesehen, sondern nur die Erzählungen der Hottentotten wiedergegeben habe; aber Levaillant hat Sparmann nicht berichtigt und noch dazu eine falsche Beschreibung des Fortpflanzungsgeschäftes geliefert: seine Ansicht kann also kaum in Frage kommen.
»Der Bienenverrätherkukuk«, sagt Sparmann, »verdient, daß ich hier seine sonderbare Geschichte ausführlicher bekannt mache. Der Größe und Farbe wegen ist er zwar eben nicht merkwürdig; denn bei flüchtigem Anblicke gleicht er bloß dem gemeinen grauen Sperlinge, obschon er etwas größer und falber ist und einen kleinen gelben Fleck auf jeder Schulter hat, auch seine Steißfedern mit Weiß gemischt sind. Eigentlich ist es wohl weiter nichts als Eigennutz, um dessenwillen er dem Menschen und dem Ratel die Bienennester entdeckt; denn Honig und Bienenmaden sind sein liebster Fraß, und er weiß, daß beim Plündern der Bienennester allezeit etwas verloren geht, welches auf seinen Antheil fällt, oder daß man mit Fleiß etwas als eine Belohnung seines geleisteten Dienstes übrig läßt.« Hier wendet Levaillant mit Recht ein, daß diejenigen Honigkukuke, welche in den von Menschen nicht bewohnten Wildnissen hausen, unmöglich auf eine derartige Belohnung ihrer Dienste rechnen können und doch auch leben, daß also der Vogel dem Menschen nicht absichtlich dient, sondern dieser sich die Eigenheit des Honigangebers einfach zu Nutze macht. »Bei alledem«, fährt Sparmann fort, »setzt die Art, wie dieser Vogel seine Verrätherei bewerkstelligt, viel Ueberlegung voraus und ist bewunderungswürdig. Der Morgen und Abend scheinen vornehmlich die ihm passende Zeit zu sein; wenigstens zeigt er dann den meisten Eifer, mit seinem schnarrenden ›Cherr cherr‹ die Aufmerksamkeit der Ratels und Hottentotten zu erregen. Man nähert sich sodann dem Vogel, welcher unter fortgesetztem Rufen dem Striche des nächsten Bienenschwarmes allmählich nachfliegt. Man folgt und nimmt sich in Acht, durch Geräusch oder zahlreiche Gesellschaft seinen Wegweiser scheu zu machen, sondern antwortet ihm lieber, wie es einer meiner schlauen Buschmänner that, dann und wann mit leisem und ganz gelindem Pfeifen, zum Zeichen, daß man mitgehe. Ich habe bemerkt, daß, wenn das Bienennest noch weit weg war, der Vogel jedesmal nur nach einem langen Fluge Halt machte, um mittlerweile den Bienenjäger zu erwarten und von neuem aufzufordern, in eben dem Verhältnisse aber, als er dem Neste näher kam, zwischendurch immer eine kürzere Strecke flog und sein Geschrei eifriger und öfter erneuerte. Wenn er endlich beim Neste angekommen ist, es mag nun in der Kluft eines Berges oder in einem hohlen Baume oder in einem unterirdischen Gange gebaut sein, so schwebt er einige Augenblicke über demselben, setzt sich hierauf, und zwar gewöhnlich in einem benachbarten Busch, so daß er nicht gesehen werden kann, ganz still nieder und sieht zu, was geschieht und von der Beute für ihn abfällt. Es ist glaublich, daß er auf diese Weise jedesmal längere oder kürzere Zeit über dem Neste herumflattert, ehe er sich versteckt, ob man gleich nicht immer so genau Acht darauf gibt. Dem sei, wie ihm wolle, so kann man alle Zeit versichert sein, daß ein Bienennest sehr nahe ist, wenn der Vogel ganz still schweigt. An einem Orte, wo wir einige Tage verweilten, wurden meine Hottentotten von einem etwas scheuen Bienenkukuk mehrmals nach einer und derselben Gegend hingelockt, ehe sie aufmerksam wurden und, durch ihn geführt, das Nest aufspürten. Wenn man nun nach der Anweisung des Vogels das Bienennest gefunden und ausgeplündert hat, pflegt man ihm aus Erkenntlichkeit einen ansehnlichen Theil der schlechteren Scheiben, worin die junge Brut sitzt, zu überlassen, wie wohl gerade diese Scheiben die leckersten für ihn sein mögen, sowie auch die Hottentotten sie keineswegs für die schlechtesten halten. Meine Waldhottentotten sowohl als die Ansiedler sagten mir, wenn man absichtlich auf den Bienenfang ausgehe, müsse man das erstemal nicht zu freigebig gegen diesen diensteifrigen Vogel sein, sondern nur so viel übrig lassen, als erforderlich sei, um seinen Appetit zu reizen; denn hierdurch werde er in Erwartung einer reichlicheren Vergeltung noch einen Schwarm verrathen, wenn dergleichen etwa in der Nachbarschaft noch vorhanden sein sollten.
Obschon um die Kapstadt wilde Bienen gefunden werden, war doch dieser Vogel daselbst ganz unbekannt, und als ich in der Gegend des Großvaterwaldes zuerst davon reden hörte, hielt ich die ganze Sache für eine Fabel, zumal ich eben damals den Versuch eines jungen Menschen, durch Hülfe eines angeblichen Bienenkukuks Honig zu finden, verunglücken sah. Meine Hottentotten vom Büffeljagdflusse und Zwellendam versicherten mir hernach, daß sie auch in diesen ihren Geburtsgegenden mit jenem Vogel Bekanntschaft gemacht hätten, gestanden aber dabei, er sei da selten und scheu und weder so deutlicher noch so dienstfertiger Honigweiser als in hiesiger Gegend und in der Wüste.
So oft ich auch in der Wüste und selbst einmal jenseit Bruyntjeshöhe diesen Vogel, welchen die Ansiedler seiner sich hierauf beziehenden Eigenschaften wegen den Honigweiser nennen, sah und nicht selten die Früchte seiner Verrätherei erntete, hatte ich doch nur auf der Rückreise Gelegenheit, zwei davon zu schießen. Dies nahmen meine Buschmänner aber sehr übel, und obgleich ich vorher meinen Hottentotten eine große Belohnung an Glaskorallen und Tabak versprochen hatte, wenn sie mir behülflich sein wollten, einen Honigkukuk zu fangen oder zu schießen, so waren sie doch zu große Freunde dieses Vogels, als daß sie es hätten thun sollen, und hatten zu wenig Lust, ihn zu verrathen.«
Cumming erzählt, daß man, um das Bienennest auszunehmen, eine Masse trockenes Gras am Eingange des Baues anzünde, den Honig heraushole und dem Vogel gäbe, was ihm gebührt, worauf dieser einen, falls man sein Gezwitscher mit Pfeifen erwidere, oft noch zu einem zweiten und dritten Neste führe. Gurney versichert, in dem Magen eines von ihm erlegten Raupen gefunden, aber gesehen zu haben, wie der Vogel gelegentlich sich auf die Bienenstöcke setzt und den aus- oder zufliegenden Bienen auflauert. Er bestätigt, daß die Kaffern ihn stets für seine Dienste belohnen und daß er sofort nach dem Abzuge herbeikommt, um die ihm zurückgelassenen Waben in Besitz zu nehmen. Am ausführlichsten schildert neuerdings Kirk das Betragen eines Honiganzeigers bei Anblick eines Eingeborenen der Sambesigegend. Von Zweig zu Zweig der benachbarten Bäume flatternd und rufend, verlangt der Vogel Aufmerksamkeit und Berücksichtigung. Wird ihm geantwortet, wie die Eingeborenen zu thun pflegen, indem sie pfeifen und auf ihre Füße blicken, so fliegt er in einer bestimmten Richtung ab, setzt sich in einer kleinen Entfernung wieder und nieder und hüpft von einem Baume zum anderen. Wenn ihm gefolgt wird, geht er weiter und leitet so den Menschen bis zu dem Bienenneste; wenn dieses erreicht wurde, fliegt er weg, leitet jedoch nicht länger, und es erfordert daher eine gewisse Erfahrung, das Nest aufzufinden, selbst wenn der Führer deutlich einige wenige Bäume bezeichnet haben sollte. Kirk hat auch in Erfahrung gebracht, daß der Vogel, wenn ein ihm folgender Mann, nachdem er eine Zeit lang in der angegebenen Richtung gegangen ist, dann sich abwendet, zurückkehrt, um ein zweites Nest an einer an deren Stelle anzuzeigen. Unangenehm bei der Sache ist, daß er sehr häufig auch zu einem zahmen Bienenstocke führt, aus dem leicht erklärlichen Grunde, als die Biene dieselbe wie die wilde ist und die »Mussinga« oder Bienenkörbe unfern der Bäume angebracht werden in der Absicht, die Bienen zu ihrer Besitznahme einzuladen. Die Absicht des Vogels richtet sich deutlich genug auf die jungen Bienen. Er führt zu Nestern ohne Honig und scheint ebenso erfreut zu sein, wenn anstatt des Honigs mit Larven gefüllte Waben aus dem Neste genommen werden.
Bei den Raubzügen gegen Bienen mag den Honiganzeigern das dichte, harte Gefieder und die dicke Haut wesentlich zu statten kommen, d.h. in erwünschter Weise gegen die Stiche der Immen schützen. Daß diese sich nicht gutwillig ihrer Brut berauben lassen, ist erklärlich; von einem tödtlichen Ausgange der Kämpfe zwischen Honigangeber und Bienen, von dem Levaillant berichtet, weiß aber keiner der neueren Beobachter etwas anzugeben. Außer den Larven der Immen und ihrer Verwandten sowie den bereits erwähnten Raupen stellen die Honigkukuke unzweifelhaft anderweitigen Kerfen ebenfalls mit Eifer nach. Atmore beantwortet einige Fragen Layards sogar dahin, daß die bereits von Kirk erwähnte Art der Gruppe sich sogar an kleinen Vögeln vergreife, dieselben mit gleicher Raubgier wie ein Würger fange und verzehre, und daß er selbst einen erlegt habe, welcher eben beschäftigt gewesen sei, einen vor den Augen des Beobachters im Fluge gefangenen Sperling aufzufressen.
Levaillant versichert, daß der Honiganzeiger drei bis vier weiße Eier in Baumhöhlungen auf den Mulm lege und sie gemeinschaftlich ausbrüte. Diese Angabe ist aber durch die Beobachtung der Gebrüder Verreaux mit aller Bestimmtheit als irrthümlich nachgewiesen worden. Die letztgenannten Naturforscher fanden Eier oder Junge der verschiedenen Honiganzeiger, welche Südafrika bewohnen, in den Nestern von Würgern, Grauvögeln, Spechten, Pirolen und ähnlichen Vögeln. Leider ist mir ihr Bericht nicht zur Hand, und deshalb kann ich nur den von Hartlaub gegebenen Auszug hier anführen. Das Weibchen legt sein glänzend weißes Ei auf die flache Erde und trägt dasselbe mit dem Schnabel in das zuvor erwählte fremde Nest, nachdem es ein Ei herausgeworfen hat. Wenn der junge Honigkukuk etwas herangewachsen ist, nach Verreaux‘ Beobachtungen etwa nach Monatsfrist, beginnen die Eltern, denselben zu füttern und fordern ihn auf, das Nest der Stiefeltern zu verlassen. Verreaux beobachtete, daß ein und dasselbe Weibchen seine drei Eier in die Nester drei verschiedener kleiner Vögel legte. Auch Atmore bezeichnet den von ihm beobachteten Honigkukuk als einen Schmarotzer, welcher seine Eier unter anderen einem Spechte und einem Bartvogel zur Bebrütung anvertraut.