8. Zooreise 2022 – Tag 2: Luther

Heute sollte die Welterbekarte genutzt werden. Als mögliche Ziele hatte ich mir Köthen, Dessau und Wittenberg überlegt. Alle drei Städte haben auch Zoos, auch wenn der Wittenberger Tierpark in der Welterbekarte nicht inkludiert wäre. Natürlich haben alle drei Städte auch sonst noch viel zu bieten.
Aufgrund des regnerisch vorhergesagten Wetters änderte ich meine Planung. Ursprünglich wollte ich erst nach Köthen und dort den Tierpark besuchen. Anschließend wollten wir in die Jakobskirche. Aber … wir fuhren nach Dessau in den Tierpark, wo es zum Regnen anfing als wir an der Tierparkkasse standen. Naja der Regen blieb erträglich. Immerhin war das Terrarium wieder offen, der Bücherstall jedoch noch zu und die Vergesellschaftung von Dromedaren und Kängurus wirkt nur auf dem ersten Blick seltsam.
Als kleines Highlight könnte man das Konzert eines Weißhaubenhäherlings bezeichnen, der trotz Regens sein gesangliches Können präsentierte … irgendwie klang das aber wie ein Klingelton.

Regnerisch blieb es und als wir in Wittenberg ankamen, war der Regen so stark, dass wir das Auto bei unserem nächsten Ziel nicht verlassen wollten, obwohl der Weg vom Parkplatz zum Alaris Schmetterlingspark nicht weit war… aber es kostete Überwindung.
Den Schmetterlingspark fanden wir auch nicht auf Anhieb, aber das lag eher am eingegebenen Ziel im Navi. Obwohl ich auch gerne dem Navi die Schuld geben würde, zu viele Probleme machte es uns an diesem Tag und das nur weil es die eingegebenen Ziele dieser Reise nicht synchronisiert hat. Woran das lag? Ich weiß es nicht und es ist nicht meine Aufgabe den Fehler zu finden …
Den Schmetterlingspark hätten wir wohl ohne die Welterbekarte nicht besucht … und es ist unwahrscheinlich, dass wir einen zweiten Besuch wagen werden. Die Anlage an sich ist gut gestaltet, es gibt viele Pflanzen, manche davon blühen auch und für die Schmetterlinge gibt es Futterstationen. Daneben gibt es Affen (Löwenäffchen und Zwergseidenäffchen), sowie einen Goldfischteich. Man sah wenige freifliegende Schmetterlinge, aber mit etwas Glück und Geduld konnte man sie an den Pflanzen entdecken. Um welche Arten es sich handelte weiss ich nicht, ich habe keine Bestandsliste gesehen und mein Wissen in Bezug auf Schmetterlinge ist extrem gering. Ich kann nur sagen, dass die Weiße Baumnymphe auch vertreten ist.
Der Besuch im Schmetterlingspark war nicht lange und so kamen wir noch rechtzeitig zur Führung durch die Wittenberger Schlosskirche.

Schlosskirche Wittenberg

Schlosskirche Wittenberg (1509), nach L. Cranach d. Ä.

Die Schlosskirche gilt als Ausgangspunkt der Reformation, nachdem am 31. Oktober 1517 Martin Luther von hier aus seine 95 lateinischen Disputationsthesen verbreitet hatte. Seit 1996 ist sie UNESCO-Welterbestätte.
Das erste Schloss an heutiger Stelle und mit ihm die früheste Schlosskirche, die Kapelle aller Heiligen, wurde um 1340 von dem askanischen Herzog Rudolf I. gebaut. Am 6. Mai 1346 wurde die Stiftung „Allerheiligen“ errichtet, die sich im neu errichteten askanischen Schloss befand. Die von Rudolf I. gestiftete Kapelle „Aller Heiligen“ wurde darin dem direkten Recht des römischen Stuhls unterstellt. Am 24. Februar 1361 stattete Herzog Rudolf II. die „allen Heiligen“ gestiftete Kapelle mit Einkommen aus, gab ihr Statuten und regelte ihre Gottesdienstordnung. Diese Regelungen galten auch unter den nachfolgenden Herrschern. 1400 wurden auf Weisung des Papstes Bonifatius IX. die Stadtkirche St. Marien und die Marienkapelle auf dem Apollensberg der Schlosskirche unterstellt.
1490 bis 1515 ließ Friedrich der Weise das gesamte Schloss neu errichten, beginnend mit dem Süd- und dem Westflügel. Erst ab 1496 wurde von Konrad Pflüger die Schlosskirche als Nordflügel angefügt, wo erst fünf Jahre nach der Kirchweihe (17. Januar 1503) die Wölbarbeiten vollendet waren. Seitdem bildet die Schlosskirche den Nordflügel. Friedrich der Weise legte darin eine umfangreiche Reliquiensammlung an, die Wallfahrer von weither anzog, und stattete sie entsprechend aufwändig aus. Viele der über 19.000 „Heiltümer“ (Reliquien) mit dem Gegenwert von rund zwei Millionen Jahren Ablass fanden ihren Platz auf den 16 Altären der schmalen Dreiseiten-Empore, von wo aus auch ihre „Weisung“ (Präsentation) geschah.
Nach der Gründung der Wittenberger Universität Leucorea im Jahr 1502 wurde ihr die Schlosskirche 1507 als Universitätskirche beigestellt; dadurch entwickelte die Kirche sich zur akademischen Weihestätte. Hier erhielten die Studenten ihre Promotionen, hier hielt Philipp Melanchthon seine berühmte Antrittsrede, es wurden Andachten in der Kirche durchgeführt, und die akademischen Würdenträger der Universität wurden hier beigesetzt. Einige dieser Würdenträger sind heute noch an den Mauern in ihren Epitaphen zu erkennen.
Das Hauptportal, damals aus Holz, wurde von den Universitätsangehörigen zum Anheften von Informationen genutzt. Martin Luther, Konventuale des Augustinerklosters und Theologieprofessor, soll hier am 31. Oktober 1517, dem Vorabend des Patronatstags der Schlosskirche, seine 95 Thesen angeschlagen haben, um zur Disputation über den Ablasshandel aufzufordern. Das war der Auslöser der Reformation. Ob der Thesenanschlag tatsächlich in dieser Form stattgefunden hat, ist umstritten. Nachgewiesen ist, dass Luther die Thesen an dem Tag handschriftlich an zwei Bischöfe und in der Folgezeit an weitere Theologen versandte.
1525 wurde Friedrich der Weise in der Schlosskirche begraben. Im selben Jahr wurde der lutherische Gottesdienst in der Kirche eingeführt. 1546 erhielt Martin Luther, 1560 Philipp Melanchthon sein Grab in der Schlosskirche.
Im Siebenjährigen Krieg brannte 1760 die Kirche aus. Die Innenausstattung ging großteils verloren, der Außenbau wurde bis 1770 verändert wieder aufgebaut. Dabei wurde der Schlossturm zum Kirchturm umgebaut. Neue Schäden vor allem am Turm erlitt die Kirche 1814 durch die Erstürmung Wittenbergs während der Befreiungskriege. Dabei sind die größten Teile der Inneneinrichtung der Kirche mit ihren wertvollen Kunstwerken und Reliquien verlorengegangen. Einzig erhalten sind die Kunstdenkmäler aus Metall, im Besonderen das Grabmal Friedrich des Weisen, das der bekannte Bronzegießer Peter Vischer in Nürnberg 1527 erschuf.
1815 kam Wittenberg nach dem Wiener Kongress zu Preußen. Nachdem die Wittenberger Universität 1817 nach Halle (Saale) verlegt worden war, wurde die Schloss- und Universitätskirche dem neugegründeten Evangelischen Predigerseminar zur Nutzung übergeben.
Anstelle der 1760 verbrannten hölzernen Thesentür stiftete der Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. die in Bronze gegossene Thesentür zum 375. Geburtstag Martin Luthers am 10. November 1858 mit einer Einweihungszeremonie.
Anlässlich von Martin Luthers 400. Geburtstag 1883 begann unter Leitung von Friedrich Adler ein tiefgreifender Umbau der Kirche im neugotischen Stil als „Denkmal der Reformation“, der 1892 abgeschlossen war. Dabei wurde ihr innerer Kern vollkommen neu nach historischen Aufzeichnungen gestaltet und die Haube des Schlosskirchturms neu errichtet. Am 31. Oktober 1892 wurde die umgestaltete Kirche in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. und im Rahmen eines historischen Festzugs neu geweiht.
Im Jahr 1949 wurde die Schlosskirchengemeinde gegründet, um der Kirche neben dem Predigerseminar eine eigene Gemeinde zuzuordnen.
Anlässlich der 500-Jahr-Feier des Geburtstages von Martin Luther 1983 wurden in der Schlosskirche zwölf Glasfenster mit den Porträts der dreizehn wichtigsten Reformatorenschüler Luthers eingeweiht. Der Lutherische Weltbund hatte damit die Hallenser Künstlerin Renate Brömme beauftragt, die die Glasmalereien in einem adaptiv zeitlosen Stil anfertigte.
Von 1978 bis 1992 wirkte an dieser Kirche der Prediger Friedrich Schorlemmer, der mit der Aktion des symbolischen Umschmiedens eines Schwertes zu einer Pflugschar – einem Hoffnungszeichen der DDR-Friedensbewegung – international bekannt wurde.
1999/2000 wurde der Dachstuhl saniert und das Dach nach dem Vorbild von 1892 neu gedeckt.
Mit Blick auf das 500. Jubiläum des Thesenanschlags 2017 erfolgte eine umfassende Sanierung des Gotteshauses. Sie kostete rund 8,2 Millionen Euro. Am 2. Oktober 2016 erhielt die Schlosskirche von der dänischen Königin Margrethe II. einen von ihr entworfenen Altarbehang als königliches Gastgeschenk zur Wiedereröffnung nach der Restauration.

Schlosskirche Wittenberg

Die ursprünglich für 45 Minuten geplante Führung dauerte fast doppelt so lange, aber … uninteressant war das in keinem Fall … für Einwohner protestantischer Gegenden ist es vielleicht noch interessanter wenn sie ihr Stadtwappen in der Schlosskirche entdecken.

Thesentür, Schlosskirche Wittenberg

Ein tatsächliches Ende fand die Führung dann an der Thesentür.
Die alte Tür der Wittenberger Schlosskirche, an die laut der Überlieferung Martin Luther 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben soll, wurde 1760 durch einen Brand zerstört und wieder durch eine hölzerne ersetzt. An den Thesenanschlag erinnert heute die bronzene sogenannte Thesentür, die 1858 der preußische König Friedrich Wilhelm IV. der Stadt Wittenberg schenkte. Sie enthält den Text der 95 Thesen Luthers und ist bekrönt mit musizierenden Knaben. Nach Zeichnungen Ferdinand von Quasts und Modellen von Friedrich Drake wurde sie gegossen vom Erzgießer Friebel aus Berlin.
Das kräftig profilierte Gewände der Kirchentür ist noch ursprünglich; zu beiden Seiten des Scheitelsteins sieht man die Jahreszahl 1499. 1845 wurden auf hohen, wappengeschmückten Postamenten die Figuren Kurfürst Friedrichs des Weisen und Herzog Johanns des Beständigen von Friedrich Wilhelm Holbein über das Portal gesetzt. Die Entwürfe hierfür stammen von Friedrich Drake. Im Bogenfeld befindet sich ein Kruzifix mit Luther und Melanchthon vor der Wittenberger Stadtsilhouette in Lavamalerei von August von Kloeber. Die Zwickel der rechteckigen Umrahmung enthalten eine kaum noch lesbare Inschrift in Kapitalen, die an den Brand von 1760 und die darauf folgende Instandsetzung erinnert.

Wikana Kekswelt (Lutherstadt Wittenberg)

Danach wollten wir uns etwas aufwärmen und fuhren zur Wikana-Keksfabrik. Dort gibt es auch ein Café, das auf dem ersten Blick wenig einladend wirkt, weil es Teil des Keksladens ist. Aber irgendwie wird esdoch gemütlich wenn man sitzt und auf den Keksladen sieht. Besitzer der Welterbekarte bekommen den Keksteller zum Kaffee dazu. Regulär kostet 2 Euro und vermutlich wäre ich nicht auf den Gedanken gekommen, mir den Teller zu bestellen, aber … der Teller bot eine leckere Mischung aus dem Sortiment, ich habe nur nicht daran gedacht ein Foto zu machen.
Nachdem wir unsere Keksteller und unsere Chocochinos genossen hatten kauften wir Wikana-Kekse … und nicht gerade wenig.
Die Wikana Keks- und Nahrungsmittel GmbH ist eine seit 1906 bestehende Keksfabrik aus der Lutherstadt Wittenberg. Wikana produziert insbesondere in den neuen Bundesländern beliebte Produkte wie die Doppelkekse Wickies, Wikinger und Winner sowie Lutherbrodt und Othello-Kekse. Diese hat es z. T. bereits zu DDR-Zeiten gegeben.
1906 wurde die Firma in Wittenberg als Kant Chokoladenfabrik AG gegründet. Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Produktion eingestellt, nach dem Krieg jedoch am alten Standort wieder aufgenommen. 1950 erfolgte dann die Eingliederung der Firma Nadena. 1953 wurde die Firma als VEB Süßwarenfabrik Nadena Kant verstaatlicht. Der bereits seit 1954 verwendete Name Wikana leitet sich von Wittenberg, Kant und Nadena ab.
Es werden insgesamt 5000 Tonnen Gebäck pro Jahr hergestellt. Das Unternehmen ist der einzige Hersteller in den neuen Bundesländern, der auch Kekse füllt.
Wikana war die zweitgrößte Keksfabrik der DDR und beschäftigte 1989 rund 500 Mitarbeiter. Mit der deutschen Wiedervereinigung verlor das Unternehmen aufgrund des Wegfalles seines größten Abnehmers NVA (Dauerbackwaren für Lager- und Manöverbestände) – aber auch wegen der starken westdeutschen Konkurrenz – den größten Teil seines Absatzmarktes und stand vor der Schließung. Ab 1992 wurde das Unternehmen mit zunächst 20 ehemaligen Mitarbeitern wieder neu aufgebaut. Aus Landes- und EU-Mitteln wurden drei Millionen Euro in neue Produktionsanlagen investiert, unter anderem in eine sogenannte Sandwichanlage, die Füllungen zwischen Kekse spritzen kann.

Vielleicht muss man in der DDR aufgewachsen sein, ich habe bisher von diesen Keksen noch nie gehört … aber ich kenne auch das Keksregal unseres Supermarkts nicht, vielleicht muss ich einfach nur die Augen offen halten … andererseits weiß ich auch wo ich Nachschub bekomme.

Luther1517 (Lutherstadt Wittenberg)

Das nächste Ziel war immer noch in Wittenberg, daas Panoramabild Luther 1517, von Yadegar Asisi, welches Szenen aus Wittenberg mit Luther zeigt. Der Audioguide ist nicht Bestandteil der Welterbekarte, kostet aber auch nur zwei Euro, und man erfährt einiges über das Bild, den Künstler und natürlich Martin Luther.
Nach mehreren Preisen in städtebaulichen Wettbewerben wandte sich Asisi zu Beginn der 1990er Jahre besonders den Panoramadarstellungen zu. Seit 2003 kreiert er die größten Panoramen der Welt.
Mit seinen monumentalen Panoramabildern knüpft er an die großen Panoramen des 19. Jahrhunderts an. Panometer ist eine Wortschöpfung des Künstlers, gebildet durch das Zusammenziehen der Wörter Panorama und Gasometer. Es bezeichnet einen umfunktionierten ehemaligen Gasometer, der heute als Ausstellungsgebäude für 360-Grad-Panoramen und als besonderer Veranstaltungsort dient.
Zu sehen sind seine Kunstwerke unter anderem in Leipzig, Dresden oder Pforzheim und natürlich in Wittenberg.
Luther 1517 war das erste Kunstwerk Yadegar Asisis, das wir gesehen haben, aber bestimmt nicht das letzte. Zumindest was den historischen Aspekt anbelangt, scheinen seine Kunstwerke höchst interessant zu sein. Wie das bei seinen Darstellungen diverser Lebensräume ist werde ich irgendwann sicher auch feststellen.

Nach dem Lutherpanorama wollten wir Wittenberg endgültig verlassen und nach Köthen fahren.
Zeitlich wäre das anschließend jedoch mit Stress verbunden weshalb wir gleich ins Hotel gefahren sind.
Hätte ich darüber vorher nachgedacht hätten wir durchaus noch den Wittenberger Tierpark besucht… aber nachdem wir Wittenberg bereits verlassen hatten …

Hat sich jetzt die Weltkulturkarte wirklich gelohnt? Nein, denn ohne sie hätten wir keine Kekse im Wert von 50 € gekauft.
Aber natürlich kann man nie von Ersparnks reden, denn Karten dieser Art muss man immer als Entdeckerkarten sehen, denn man schaut sich auch Dinge an, die man sonst nicht anschauen würde. Und ein paar Entdeckungen haben wir gemacht und es gibt noch viel mehr zu entdecken.

Auberginen Gordon Bleu (Schnitzelwirtin Halle)

Abends aßen wir wie geplant in der Schnitzelwirtin. Leider gab es keine Hirschschnitzel, aber es gibt genügend Leckere Alternativen.

Tierpark Dessau
Alaris Schmetterlingspark
Lutherstadt Wittenberg
Welterbecard

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